Stiglitz: „Wir haben nicht getan, was nötig war“

In einem durch das Project Syndicate veröffentlichten Kommentar resümiert der Nobelpreisträger das vergangene Jahr und mahnt die Welt dazu endlich Antworten auf die globalen Probleme zu finden. Andernfalls werde das kommende Jahr eine Herausforderung.

05.01.2016 | 15:28 Uhr von «Teresa Laukötter»

2001 erhielt Jospeh E. Stiglitz, zusammen mit George Akerlof, den Wirtschaftsnobelpreis für seine Forschung zum Thema Informationsökonomik. Darin untersucht er Anreizprobleme und asymmetrische Informationsverteilung - beides kann zum Kollaps eines Marktes führen. In einem Appell an die Weltgemeinschaft hat der Wirtschaftswissenschaftler nun deutlich gemacht, welche Gefahren er derzeit für die Märkte sieht. 

„2015 war kein einfaches Jahr“, resümiert der Forscher, „Brasilien fiel in eine Rezession und China musste seine ersten schweren Rückstöße nach Jahrzehnten des Wachstums verkraften.“ Europa habe zwar den Grexit vermeiden können, aber die Region sei immer noch einer Stagnation nahe. „Das bedeutet aller Wahrscheinlichkeit nach ein verlorenes Jahrzehnt.“ Auch die USA hinken Stiglitz zu Folge den Erwartungen hinterher: „2015 sollte in Amerika das Jahr werden, welches die große Rezession seit 2008 beendet. Die Erholung in den USA ist jedoch nur als mäßig zu bewerten.“

Bereits 2010 warnte Siglitz davor, dass die Welt in eine „große Misere“ abrutschen könnte. Heute bemerkt er: „Wir haben nicht das getan, was nötig war.“

Das Problem: „Der Welt mangelt es an Gesamtnachfrage.“ Steigende Ungleichheit und eine zu strenge Austeritätspolitik seien die Ursachen für diesen Mangel. „Diejenigen mit einem hohen Einkommen geben weniger aus als Geringverdiener“, erklärt der Ökonom. Gehe die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander, sinke dementsprechend die Nachfrage. „Länder wie Deutschland, die dauerhaft einen externen Überschuss erzielen, tragen in großem Umfang zu dem Hauptproblem fehlender globaler Nachfrage bei.“

Besonders Investitionen in Infrastrukturprojekte sowie das Thema globalen Erwärmung sind für den Nobelpreisträger von entscheidender Bedeutung. Aber auch Investitionen in Bildung und Technologie sowie andere Umweltprojekte würden in jedem Winkel der Erde benötigt. Auch mit Banken geht der Ökonom hart ins Gericht: „Sie haben ihren Zweck nicht erfüllt.“ Zwischen langfristigen Sparern und langfristigen Investitionen stände ein kurzsichtiger und funktionsgestörter Finanzsektor. Viele gute Projekte würden keine Finanzierung erhalten. „Die Hindernisse sind jedoch nicht ökonomischer, sondern politischer und ideologischer Natur.“ Vor allem der Privatsektor müsse für diese Entwicklungen verantwortlich gemacht werden. Für Stiglitz ist daher eine aktive Regierungspolitik die Lösung. Dafür müssten Staaten Defizite aufnehmen und tolerieren. 

„Optimisten gehen davon aus, dass 2016 besser wird als 2015. Wenn wir jedoch das Problem der globalen Nachfrage nicht lösen, geht die große Misere weiter.“

(TL)

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