Übergang zu einem offensiveren Anlageansatz

Während sich eine leichte Erholung verfestigt, ist das Financial Markets Research-Team zu einer aggressiveren Positionierung bei Anleihen und auf dem Aktiensektor übergegangen. Chief Strategist Ronald Doeswijk erläutert die Gründe.

25.10.2010 | 18:34 Uhr


Es sieht zunehmend danach aus, dass die Weltwirtschaft auf ihrem jetzigen Pfad einer bescheidenen Erholung bleiben wird. "Für 2011 erwarten wir ein anhaltendes bescheidenes Wachstum, niedrige Inflation und eine lockere Geldpolitik", sagt Ronald Doeswijk. "Deshalb haben wir uns dafür entschieden, unsere Anlagepositionierung offensiver auszurichten."

Gute Aussichten für Hochzinsanleihen
Welche Schritte unternehmen Doeswijk und seine Kollegen im Financial Markets Research-Team? Auf der Anlagemix-Ebene ist das Team den hochverzinslichen Anleihen gegenüber optimistischer eingestellt, während es weiterhin Krediten den klaren Vorzug vor Staatsanleihen gibt.

Diese Aufwertung der Hochzinsanleihen stützt sich auf mehrere Faktoren. Erstens liegen die Spreads der Hochzinspapiere weiterhin klar über den historischen Durchschnittswerten. Der US High Yield liegt z.B. fast 65 bps über seinem Durchschnitt von 5,50 % seit 1987. "Zusätzlich zu den hohen Zinsen haben die Investoren noch die Möglichkeit, von abnehmenden Renditespannen zu profitieren", erklärt Doeswijk.

Eine mäßige Erholung als Sicherung gegen einen Anstieg der Ausfallrate
Zweitens scheinen die Yield Spreads auch von einem makroökonomischen Standpunkt aus noch Spielraum nach unten zu haben. "Ein mäßiges Wirtschaftswachstum dürfte weder ein Ansteigen der Ausfälle noch eine beträchtliche Zunahme der langfristigen Zinsen begünstigen", stellt er fest. Außerdem sind die Bilanzen der Großunternehmen stark, die Gewinnspannen sind hoch und der Cashflow ist gut.

Und obwohl es eine gute Chance für die Zunahme von Fusions- und Übernahme-Aktivitäten gibt, ist Doeswijk doch der Meinung, dass das Risiko, dass sich Firmen übernehmen und ihre Bilanzen überstrapazieren, gering bleibt, solange das Wirtschaftswachstum nicht überraschend stark anzieht.

Ein dritter Faktor ist die Diversifizierung. "Hochzinsanleihen kommen eher von einzelnen Anlageklassen als von Krediten und damit ergeben sich mehr Diversifizierungsvorteile", sagt Doeswijk. Denn die Hochzinsanleihen korrelieren viel weniger mit den Staatsanleihen (ca. 0.2 ex ante) als Kredite (0.8).

"Insgesamt glauben wir, dass Unternehmensanleihen zurzeit die besten risikoadjustierten Renditen bieten, obwohl wir auch bei Aktien optimistischer werden", bemerkt Doeswijk abschließend.

Die konjunkturabhängigen Sektoren werden von einer maßvollen Erholung profitieren
Aber während die Nachfrage nach Aktien derzeit insgesamt neutral bleibt, zeigt das Team in einer zweiten Äußerung seiner zunehmenden Angriffsfreude eine positivere Einstellung zu den konjunkturabhängigen Titeln. Damit hat das Team seine eher defensiv bestimmte taktische Ausrichtung vom Beginn des Sommers umgekehrt.

"Indem wir 2011 ähnlich wie 2010 erwarten, mit moderatem Wachstum, niedrigen Zinssätze und anhaltend hohen oder steigenden Rohstoffpreisen, meinen wir, dass 2011 ein weiteres gutes Jahr für die zyklischen Werte sein wird", erläutert Doeswijk.

Und 2010 war sicher ein gutes Jahr. In den letzten 12 Monaten lag die Performance der zyklischen Segmente mit Konsumgütern, Materialien und Industriewerten über der des Marktes. Die IT-Branche folgte dem Markt insgesamt, während die Energiewerte underperformten.

"Wir befinden uns nicht mehr in der Anfangsphase der Erholung des Wirtschaftszyklus, in der es spektakuläre Erträge aus den konjunkturabhängigen Titeln gab. Aber wir denken, dass dies nicht der richtige Zeitpunkt für eine defensive Ausrichtung des Portfolios auf diesem Sektor ist", findet Doeswijk.

Jetzt eine positive Einstellung zu konjunkturabhängigen Konsumgüter- und Industriewerten
Insbesondere hat das Team eine positive Sicht auf konjunkturabhängige Konsumgüter und Industriewerte gewonnen. Davor war das Team diesen Sektoren gegenüber neutral eingestellt. Doeswijk hebt hervor, dass diese beiden Bereiche in der letzten Zeit von starken Gewinnrevisionen sowie einem robusten Relativen Momentum profitiert haben. Das Team hat auch seine Bewertung des Materialienbereichs von negativ auf neutral heraufgestuft.

Doeswijk weist darauf hin, dass die zyklischen Konsumgüterwerte von einer anhaltenden Kaufwelle der wachsenden Mittelschicht in den Schwellenmärkten profitieren. "Bei einem verhaltenen Wirtschaftswachstum erwarten wir die Fortsetzung der 2008 begonnenen Outperformance der konjunkturabhängigen Titel", so Doeswijk.

Die Industriewerte sind ein mittel- bis spätzyklischer Sektor, und es gibt gute Gründe für die Annahme, dass dieser Sektor weiter outperformen wird, da sich die Wirtschaft sich weiterhin in ihrer Erholungsphase befindet. Und noch günstiger ist es, dass zusätzliche Investitionen zur Erhöhung der Energieeffizienz und zur Reduzierung der Umweltschäden die Aussichten dieses Sektors fördern. Dazu kommt, dass die Schwellenländer weiter in Infrastrukturprojekte investieren, während die entwickelten Länder ihre Infrastrukturen seit Jahrzehnten vernachlässigt haben.

Die defensiven Bereiche Basiskonsumgüter und Versorgungsunternehmen wurden heruntergestuft
Unterdessen sind zwei defensive Sektoren in Ungnade gefallen. Die Versorgungsunternehmen wurden von neutral auf negativ heruntergestuft. "Dies ist der defensive Sektor mit der schlechtesten quantitativen Bewertung. Er hat ein schwaches Relative Momentum und schlimme Gewinnrevisionen", erläutert Doeswijk.

Das zweite Opfer des Aufbaus eines mehr zyklisch orientierten Portfolios sind die Basiskonsumgüter. Dieser Sektor wurde von positiv auf neutral abgewertet. Doeswijk räumt ein, dass die relative Performance des Sektors noch einen, wenn auch nachlassenden, Aufwärtstrend zeigt, aber er verweist darauf, dass unter den jetzigen Umständen die Notwendigkeit einer mehr zyklischen Exposure das stärkere Argument ist.

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