US-Wirtschaft lebt trotz drohender Fiskalklippe wieder auf

Tiefpunkt in China bereits erreicht. Japan droht Rezession.

19.11.2012 | 11:01 Uhr

Die Aktienmärkte sind seit den amerikanischen Wahlen schwach. Möglicherweise sind die Anleger, die auf einen Wahlsieg Romneys setzten enttäuscht. Es könnte auch sein, dass sie sich fragen, ob es dem geteilten Kongress gelingen wird, die Fiskalklippe zu umschiffen. Präsident Obama und die republikanische Opposition scheinen kompromissbereit. Trotzdem ist es nicht sicher, dass bis zum Jahresende bzw. ehe im Februar die Obergrenze für die Staatsverschuldung erreicht ist, eine glaubwürdige Übereinkunft über einen Plan zur Verringerung des Haushaltsdefizit erreicht werden kann. Glücklicherweise geht es der amerikanischen Wirtschaft relativ gut.

Amerikanische und deutsche Staatsanleihen rentieren seit den US-Wahlen sogar etwas niedriger, während die Renditen spanischer Bonds angesichts des aktuellen risikoscheuen Umfelds anzogen. Die Risikozuschläge für Anleihen aus Schwellenländern weiten sich seit Mitte Oktober aus. Angesichts der guten Fundamentaldaten wie Haushaltssalden und Wachstumsaussichten könnten sich diese Spreads jedoch durchaus wieder verengen.

In den USA stiegen die Ausfuhren stärker als die Einfuhren, was dazu führte, dass das Handelsbilanzdefizit im September überraschenderweise zurückging. Die wichtigste Folge daraus ist, dass das BIP-Wachstum im dritten Quartal, das ursprünglich mit 2,0 % ausgewiesen worden war (im Quartalsvergleich auf annualisierter Basis), wahrscheinlich nach oben korrigiert wird. Wenn man andere Anpassungen hinzurechnet, könnte die Wachstumsrate auf 2,5 oder sogar knapp 3 % revidiert werden.#

Das Verbrauchervertrauen in den USA stieg auf den höchsten Stand seit Juli 2007. Diese Entwicklung ist zwar positiv, jedoch nicht unbedingt relevant, da die Entwicklung des Verbrauchervertrauens in letzter Zeit der Entwicklung der Einzelhandelsumsätze hinterherhinkte. Die Einzelhandelsumsätze waren im Oktober zum ersten  Mal seit Juni wieder rückläufig. Vermutlich war dies eine Reaktion auf die starken Zunahmen in den Monaten zuvor. Der Orkan Sandy sorgte ebenfalls für Umsatzeinbußen.

Aufgrund des nach wie vor bescheidenen Einkommenswachstums, sehen wir keinen großen Spielraum für höhere Einzelhandelsausgaben. Natürlich könnten die Verbraucher mehr Kredite aufnehmen. Die Zunahme der Verbraucherkredite hält sich jedoch unserer Ansicht nach mit 5,5 % im Vergleich zum Vorjahr in einem gesunden Rahmen.

Die Finanzminister des Euroraums berieten über den EU-Haushalt für 2013 und die Unterstützung für Griechenland ohne zu einer endgültigen Einigung zu gelangen. Die Staats- und Regierungschefs des Euroraums müssen jetzt auf ihrem Gipfeltreffen im Dezember einen Ausweg aus dieser Pattsituation finden. Die Minister kamen überein, Griechenland mehr Zeit für den Abbau seines Haushaltsdefizits einzuräumen. Das Maßnahmenpaket könnte die Verlängerung der Laufzeit von Krediten an Griechenland, die Senkung von Zinsen oder beides enthalten. Dennoch ist eine Umschuldung einschließlich der Umschuldung von Krediten offizieller Stellen nicht auszuschließen.

Wie erwartet kündigte die EZB auf ihrer letzten Sitzung keine Veränderung ihrer derzeitigen Geldpolitik an. Präsident Draghi gestand das schwache Wirtschaftswachstum in der Eurozone ein. Es könnte daher sein, dass die EZB im kommenden Monat ihre Wachstumsprognosen nach unten revidiert. Die Zentralbank rechnet damit, dass die Inflation im kommenden Jahr unter 2 % fällt. Während die EZB im Hinblick auf die Deflation zuversichtlich ist, sehen wir die Gefahr, dass höhere indirekte Steuern die Konsumausgaben belasten und zusammen mit der hohen Arbeitslosigkeit und der geringen Kreditvergabe einer Deflation in die Hände spielen könnten.

Was Griechenland anbelangt, so erklärte die EZB im Wesentlichen, dass ihr nicht mehr viele Optionen offenstehen, um das Land zu unterstützen. Was Spanien anbetrifft, so stand die Europäische Zentralbank bereit, spanische Staatsanleihen im Rahmen ihres OMT-Programms aufzukaufen, sobald das Land einen Rettungsantrag stellt.

Die Konjunkturdaten für den Euroraum waren weiterhin schwach. In Deutschland war der Frühindikator ZEW rückläufig, ebenso wie die Auftragseingänge in der Industrie, die Industrieproduktion und die Ausfuhren. Die Industrieproduktion war in vielen Staaten des Euroraums schwach, darunter auch in Frankreich, Italien und Spanien.

Im dritten Quartal schrumpfte die japanische Wirtschaftsleistung um 3,5 % (im Quartalsvergleich auf das Jahr bezogen). Dies ist der stärkste Rückgang seit dem Tsunami im vergangenen Jahr. Die Frühindikatoren signalisieren bedauerlicherweise noch keine Trendwende. Ein Teil der Schwäche könnte jedoch vorübergehend sein. Die Ausfuhren waren rückläufig. Gleichzeitig kam es wegen der umstrittenen Hoheit über Inseln im südchinesischen Meer zu diplomatischen Auseinandersetzungen mit China.

Eine Stabilisierung der chinesischen Wirtschaft, für die es erste Anzeichen gibt, müsste Japan zugutekommen. An der Stärke des Yen und der schwachen Nachfrage aus Japan und aus Europa wird sich jedoch vermutlich nichts ändern. Die Wirtschaftsleistung könnte daher auch im vierten Quartal schrumpfen, was eine technische Rezession zur Folge hätte.

Wie bereits gesagt verlief die Entwicklung in China positiver. Der Handelsbilanzüberschuss kletterte auf den höchsten Stand seit Januar 2009. Auch die Einzelhandelsumsätze und die Industrieproduktion zogen wieder an. Da sich die Frühindikatoren ebenfalls verbessern, ist das Risiko einer harten Landung inzwischen deutlich niedriger. Unserer Ansicht nach birgt das Schattenbanksystem, durch die zunehmende Kreditvergabe und ein nicht unbedingt optimales Risikomanagement jedoch weiterhin Risiken.

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