Warum Anleihen abverkauft wurden

Titel der Publikation: Warum sind Anleihen abverkauft worden – und warum haben sie zunächst sogar noch zugelegt?
Veröffentlichung: 05/2015
Autor: Mark Riddell
Auftraggeber: M&G Bond Vigilantes (Website)
@ Feedback an Redaktion

Mark Riddell: Uns interessiert die Frage, wodurch die Entwicklung länger laufender Anleihen bestimmt wird, mindestens ebenso sehr wie jene Faktoren, die Einfluss auf die Zinsentscheidungen der Notenbanken und die Tendenz der kurzfristigen Renditen haben.

29.05.2015 | 13:44 Uhr

Ben Bernanke hat sich viel Zeit genommen, um auf seinem Blog zu erläutern, weshalb die Zinsen seiner Meinung nach so niedrig sind (ein Thema, mit dem sich Martin Wolf in seiner Kolumne bereits zu Beginn dieser Woche beschäftigt hat). Extrem kurz und knapp zusammengefasst lassen sich die niedrigen Nominalzinsen und Renditen demnach durch die moderate Inflation erklären. Weshalb die realen Zinsen aber gleichzeitig ebenfalls niedrig sind, erschließt sich aus dieser Begründung nicht. Nach Auffassung von Bernanke war es jedoch nicht das manipulative Eingreifen der US-Notenbank, das die realen Zinsen nach unten getrieben hat (hätten die Währungshüter die Zinsen bewusst zu deutlich gesenkt, wäre es zu einer dramatischen Überhitzung der Konjunktur gekommen – in Wirklichkeit war aber genau das Gegenteil der Fall) – vielmehr schreibt er die niedrigen Zinsen dem insgesamt schwachen Wachstum in der industrialisierten Welt zu. Seiner Einschätzung nach hat das allerdings vermutlich weniger mit einer organischen Stagnation als vielmehr mit den anhaltenden globalen Ungleichgewichten zu tun.

Als Rentenfondsmanager interessiert uns die Frage, wodurch die Entwicklung länger laufender Anleihen bestimmt wird, mindestens ebenso sehr wie jene Faktoren, die Einfluss auf die Zinsentscheidungen der Notenbanken und die Tendenz der kurzfristigen Renditen haben. Und in letzter Zeit haben sich die Kurzfristzinsen völlig anders entwickelt als die langfristigen Renditen: Obwohl die Erwartungen des Marktes auf die erste US-Zinsanhebung seit Anfang 2014 im Wesentlichen stabil geblieben sind, haben die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen von vormals 3 Prozent aus dem Januar 2014 zu Beginn dieses Jahres auf fast 1,6 Prozent nachgegeben – bevor sie zuletzt dann wieder auf 2,2 Prozent nach oben geklettert sind. Wie Bernanke erläutert, ist dies übrigens ausschließlich auf die jüngste Entwicklung des Laufzeitenaufgeldes zurückzuführen.

Die Renditen von US-Staatsanleihen mit langen Laufzeiten lassen sich in drei Komponenten aufsplitten: die erwartete Inflation, die Erwartungen hinsichtlich der weiteren Tendenz der Kurzfristzinsen sowie das Laufzeitenaufgeld. Bei der Laufzeitenprämie handelt es sich um die Zusatzrendite, die ein Anleger verlangt, um anstatt in eine Reihe kurz laufender Anleihen in ein Papier mit einer langen Laufzeit zu investieren. Eigentlich würde man davon ausgehen, dass dieses Laufzeitenaufgeld positiv ist. Schließlich sollen die Anleger als Kompensation für die Risiken, die mit Engagements in länger laufenden Anleihen einhergehen (wie etwa eine unerwartete inflationäre Entwicklung oder eine überraschende konjunkturelle Tendenz, Unsicherheit um die zukünftige Zinsstrategie der Notenbank etc.), ja eine Extra-Rendite erhalten. Allerdings ist die Laufzeitenprämie im vergangenen Jahr eingebrochen, und diverse Kennzahlen belegen, dass sie in den ersten Monaten des Jahres 2015 sogar negativ war. Dem ACM-Modell der Notenbank des Staates New York zufolge war die Rallye, die US-Staatsanleihen im Jahr 2014 vorgelegt haben, sogar ausschließlich auf diesen Rückgang des Laufzeitenaufgeldes zurückzuführen, denn wenn dieser nicht gewesen wäre, hätte die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen im Dezember 2014 ihr höchstes Niveau seit 2008 erreicht. Und wenn die Laufzeitenprämie seit Februar dieses Jahres nicht wieder angestiegen wäre, wären die Renditen von US-Staatsanleihen in den letzten drei Monaten wohl nicht abverkauft worden, sondern hätten vielmehr sogar eine erneute Rallye verzeichnet!

Lesen Sie den vollständigen Beitrag auf der Website von Bond Vigilantes.

Diesen Beitrag teilen: