Warum Zinserhöhungen an den Märkten keinen Schock auslösen dürften

Möglicherweise endet die Hausse demnächst, aber deswegen stehen wir nicht am Beginn einer Baisse.

22.04.2014 | 13:36 Uhr

Chris Iggo, CIO Fixed Income bei AXA Investment Managers: Der andauernde Bullenmarkt für Anleihen könnte in naher Zukunft endet – das heißt aber nicht, dass Investoren Angst vor einem Bärenmarkt haben müssen. Das zumindest meint Chris Iggo, CIO Fixed Income bei AXA Investment Managers. Er sieht Chancen in den Bewertungen von Hochzinsanleihen, europäischen Unternehmensanleihen sowie Anleihen aus den Euro-Randstaaten.

Was bewegt die Anleihenmärkte?

„Aktuell befinden sich die Anleihenmärkte im Umbruch, denn die Renditen passen sich nach den aggressiven Zinssenkungen, der quantitativen Lockerung und der von den Zentralbanken betriebenen Erwartungslenkung an die künftige Normalisierung der Zinsen an.“

Auswirkungen auf die Anleihenmärkte erwartet Iggo vor allem durch folgende Faktoren:

1. Globale Disinflation „Nur in 25 Prozent aller OECD-Länder liegt die Inflation heute höher als vor einem Jahr. Viele stehen am Rand der Deflation. Das gilt besonders für den Euroraum, wo sich die Länder neu aufgestellt haben, um wieder wettbewerbsfähig zu werden.“

2. Gebremster geldpolitischer Aktivismus „Die EZB verfügt für den Fall, dass die Inflation von ihrem Zielwert abweicht, über diverse Mittel, so etwa längerfristige Refinanzierungsgeschäfte, Zinssenkungen oder, wenn es hart auf hart kommt, weitere quantitative Lockerung. Sie unterliegt aber politischen Beschränkungen und es ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, welche Maßnahmen einfach ergriffen werden können oder wodurch die jeweiligen Maßnahmen ausgelöst würden.“

3. Statistische Indikatoren „In den USA ist besonders auf die Arbeitslosigkeit und die Verbraucherpreisinflation zu achten. Die Erwartungslenkung durch die Zentralbank wurde zwar ersonnen, um die Erwartungen nicht ins Kraut schießen zu lassen, es handelt sich aber nicht um eine Politik, und der Markt passt sich an, wenn die Datenlage ein anderes Bild zeichnet. Letztendlich hängen die Zinsen einzig und allein von der Inflationsrate ab. Die Bank von England ist vermutlich die erste, die die Zinsen erhöht, aber andere werden sehr schnell folgen.“

Was bedeutet das für Anleiheninvestoren?

„Anders als die Drosselung der Anleihenkäufe durch die Fed vergangenes Jahr (das sogenannte Tapering) werden Zinserhöhungen keinen Schock an den Märkten auslösen. Diese rechnen mittlerweile ab dem zweiten Quartal 2015 mit höheren Zinsen. Vor den steigenden Zinsen können sich die Anleger nicht verstecken, aber sie können möglicherweise deren Auswirkungen begrenzen und ihr Kapital mithilfe von Unternehmensanleihen und Hochzinsstrategien schützen, die immer noch mit erheblichen Spreads aufwarten.“

Werthaltige Investments in einzelnen Segmenten des Hochzinsmarktes, des Euroraums und der Schwellenländer „Im Jahresvergleich sind die meisten Anlageklassen des Zinsmarktes heute teurer, aber Hochzinsanleihen bieten unter Berücksichtigung der Risiken meiner Meinung nach gute Renditen und Spreads. Profitieren sollten Hochzinsanleihen von der Erholung in Europa sowie von der Tatsache, dass die Unternehmenslenker immer noch vorsichtig agieren, das heißt ihre Cashflows schützen und ihre Bilanzen stärken.

Die Anleihen aus den Randstaaten verbessern sich, und das mit ihnen verbundene Risiko sinkt. Spanien etwa hat seinen Arbeitsmarkt in vieler Hinsicht reformiert. In Italien steht das noch aus, aber wir sind optimistisch, dass auch hier Veränderungen eintreten. Die Spreads bleiben im historischen Vergleich hoch, und sie könnten weiter sinken.

Die Auswirkungen der russisch-ukrainischen Krise auf die Anleihenmärkte beschränken sich auf die Ukraine selbst, während andere Schwellenländeranleihen nicht betroffen waren. Daran wird deutlich, dass sich Anlegern unter Bewertungsaspekten interessante Chancen bieten, sofern geopolitische Risiken keine Rolle spielen. Harte Währungen sind meiner Ansicht nach attraktiver als Lokalwährungen, denn bei Letzteren können die Erträge unter höheren Zinsen und Volatilität leiden.“

Inflationsgebundene Anleihen sind nicht mehr gefragt, aber langfristig durchaus eine Option „Für Anleger in inflationsgeschützte Anleihen mit einem Anlagehorizont von fünf bis zehn Jahren bietet sich eine günstige langfristige Chance. Die nominalen Anleihenrenditen sind niedrig, aber die realen Renditen liegen deutlich über den Niveaus vor Beginn des Taperings. Der Markt setzt auf niedrige Inflation, doch die längerfristigen Risiken sind ausgewogener, denn der Offenmarktausschuss der Fed möchte, dass die Verbraucherpreisinflation in den USA wieder über 2% steigt. Damit könnte die Teuerungsrate durchaus die Breakeven-Inflation übersteigen.“

Ein ereignisloses Jahr, sofern keine unerwarteten Schocks auftreten „Zwar ist das Risiko einer drastischen und baldigen Zinserhöhung begrenzt, aber eine Gefahr ist allen Märkten gemeinsam: Sie alle nämlich haben einem Schock wenig entgegenzusetzen. In einem solchen Falle könnten die Spreads steigen und die Staatsanleihen anziehen - zum Schaden der Anleger mit zu hohen Engagements in Unternehmensanleihen und Hochzinstiteln.

Die hohen Erträge der letzten zwei bis drei Jahre werden vermutlich nicht mehr erreicht, aber auch wenn die Hausse zu Ende geht, heißt das noch nicht, dass wir am Beginn einer Baisse stehen.

Diversifizierung, Flexibilität und die Konzentration auf ein angemessenes Risiko-Ertrags-Verhältnis sind für Anlagen an den Zinsmärkten unerlässlich.“

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