Weltwirtschaft verliert an Fahrt, Japan wertet den Yen ab

Während sich die Weltkonjunktur weniger dynamisch entwickelt, deuten die Frühindikatoren jedoch weiterhin auf ein moderates Wachstum hin.

23.05.2013 | 09:56 Uhr

Unerwartet schnell fallende Inflationsraten könnten die Notenbanken veranlassen, weitere geldpolitische Lockerungen ins Auge zu fassen, schreiben die Volkswirte von Robeco in ihrem aktuellen monatlichen Ausblick. Robeco-Chefvolkswirt Léon Cornelissen verweist darauf, dass Japan seine Geldmenge wie geplant ausgeweitet habe. „Bis jetzt funktioniert diese Politik. Der Yen hat gegenüber dem US-Dollar auf Werte um die 100er-Marke abgewertet. Die Privathaushalte fühlten sich wegen der kräftig gestiegenen Kurse japanischer Aktien reicher und gaben im März 5,2 Prozent mehr aus als ein Jahr zuvor.“ Cornelissen erwartet, dass die Regierung in Tokio und die Bank von Japan auf eine weitere Schwächung ihrer Landeswährung hinarbeiten, um Inflation zu erzeugen. Grundsätzlich berge dieser Kurs aber auch Risiken. So könnten die langfristigen Kapitalmarktzinsen steigen oder Kapitalflucht einsetzen. Für Letzteres seien bisher jedoch keine Anzeichen erkennbar.

Der schwächere Yen wird Robeco zufolge die Exporte japanischer Unternehmen stützen. Trotz der starken Kurszuwächse an der Tokioter Börse sehen die Volkswirte dennoch keinen Anlass, ihre neutrale Haltung gegenüber japanischen Dividendentiteln aufzugeben. „Zuvor möchten wir sehen, dass der Börsenaufschwung tatsächlich von einer gesamtwirtschaftlichen Erholung untermauert wird“, so Cornelissen.

Europäische Schuldenkrise könnte wieder aufflammen

Europäische Aktien sieht Robeco derzeit neutral. Das niederländische Investmenthaus sieht die hohe Verschuldung zahlreicher EU-Mitgliedsstaaten als die wichtigste Einflussgröße für den Markt an. „Wir halten es für wahrscheinlich, dass die Schuldenkrise demnächst wieder aufflammen wird“, formulieren die Finanzexperten. Zurückzuführen sei dies auf die enttäuschende Entwicklung der öffentlichen Haushalte, den Mangel an überzeugenden Strukturreformen sowie steigende soziale und politische Spannungen.

„Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Abschwächung der deutschen Wirtschaft“, erläutert Léon Cornelissen. Das Produzentenvertrauen deutscher Firmen sei seit Februar stark gesunken. Zwar habe die Europäische Zentralbank (EZB) nicht zuletzt dank der rapide gesunkenen Teuerungsrate am 2. Mai 2013 ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf 0,5 Prozent zurückgenommen; ferner wurde der Einlagensatz bei null Prozent belassen. Der Robeco-Chefvolkswirt glaubt allerdings nicht, dass diese geldpolitischen Entscheidungen eine starke Wirkung auf die Wirtschaft entfalten werden. „Nach unserer Einschätzung wird sich die Konjunktur im Euroraum in den kommenden Monaten weiter abkühlen. Gleichzeitig steigen die deflationären Risiken“. Cornelissen und sein Team favorisieren daher, im derzeit grundsätzlich positiven Umfeld für Aktieninvestments, Titel aus Nordamerika. Bezüglich der Sektorallokation tendieren die Niederländer zu Aktien aus defensiven Branchen. Diese haben sich über ein und drei Monate besser entwickelt als der Gesamtmarkt. Zudem zeigen diese Sektoren positivere Gewinnrevisionen als konjunkturabhängige Sektoren. In den Monaten Mai bis Oktober neigen defensivere Sektoren zudem generell zu einer starken relativen Performance. Cornelissen erwartet, dass sich die Outperformance defensiver Titel fortsetzen wird.

Quantitative Easing spricht für High Yield und Emerging Debt

Robeco erwartet nicht, dass die führenden Notenbanken ihre lockere Geldpolitik („Quantitative Easing“) kurzfristig zurückfahren. Zuletzt habe sich auch in den USA der viel beachtete Einkaufsmanager-Index abgeschwächt. Daher dürfte Fed-Chef Ben Bernanke die gestarteten Anleihe-Kaufprogramme bis ins Jahr 2014 hinein fortsetzen. Das hieraus resultierende Niedrigzins-Umfeld spricht den Robeco-Volkswirten zufolge weiterhin für Hochzinsanleihen. Momentan lägen die Zinsaufschläge (Spreads) für High Yield-Bonds nahe am langjährigen Mittelwert. „Als Folge der „financial repression“ dürften sich die Spreads weiter einengen“, beschreibt Léon Cornelissen die Attraktivität des Segments.

Auch Zinspapiere aus den Schwellenländern sind Robeco zufolge unverändert attraktiv. „Der weltweite Risikoappetit und die Suche nach Rendite dominieren die Aktivitäten im Markt für Emerging Debt, der weiterhin hohe Zinsaufschläge bietet“, so Cornelissen. Schwellenländer-Anleihen mit dem überwiegenden Rating „Investment Grade“ verfügten derzeit über ähnliche Spreads wie High Yields. Renditesuchende Anleger hätten somit die Wahl zwischen Papieren mit einer niedrigeren Bonität (High Yields) und solchen mit einem Währungsrisiko (Emerging Debt). Beide Assetklassen sieht Robeco als attraktiv an.

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