Zukunft der Geldmarktfonds

Titel der Publikation: Geldmarktfonds - Wie sie funktonieren und wer sie nutzt
Veröffentlichung: 05/2015
Autor: Heike Mai
Auftraggeber: DB Research (Website)
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Geldmarktfonds gehören zu beliebten Mitteln zur kurzfristigen Finanzierung. Dabei unterscheidet sich der europäische jedoch wesentlich vom US-Markt für Geldmarktfonds und auch die Folgen der Finanzkrisen machen ihnen das Leben schwer.

22.05.2015 | 13:57 Uhr

In den 70er-Jahren in den USA als Alternative zu den Sichteinlagen bei Banken entstanden, gehören Geldmarktfonds mittlerweile zu attraktiven Investitionsmöglichkeiten für Anleger. Als Vehikel für kurzfristige Finanzierungen bieten sie eine „sichere“ Anlage für überschüssige Liquidität der Anleger. „Trotz der strukturellen Unterschiede zwischen dem Euroraum und den USA weisen alle Geldmarktfonds bestimmte grundlegende Eigenschaften auf. Aus Anlegersicht handelt es sich bei einer Investition in Geldmarktfonds um eine Finanzdienstleistung, die geldmarktähnliche Renditen erzielt und gleichzeitig das Risiko durch Portfoliodiversifizierung reduziert“, schreibt Heike Mai in einer aktuellen Studie der Deutschen Bank Research. Durch das Zusammenlegen der Investitionen einzelner Sparer in einem großen Pool würden Skaleneffekte möglich. Zudem können Anleger von der Expertise der Vermögensverwalter, sowie von der Möglichkeit auch als Privatanleger mit niedrigen Anlagebeträgen Zugang zu Geldmarktinstrumenten zu erhalten, profitieren.

USA: Größter Markt für Geldmarktfonds


Weltweit verwalteten Geldmarktfonds Ende 2014 etwa 3,7 Billionen Euro. Zum selben Zeitpunkt belief sich das verwaltete Vermögen von Investmentfonds auf 28,3 Billionen Euro. Geldmarktfonds kommen damit anteilig auf etwa 14 Prozent, Aktienfonds beispielsweise liegen dagegen bei etwa 40 Prozent.

Der amerikanische Markt

In den USA ansässige Geldmarktfonds verwalten rund 60 Prozent aller weltweit investierten Mittel, die Europäische Union landet mit 25 Prozent dahinter auf Platz zwei. Die wichtigsten folgenden Märkte sind China, Südkorea und Mexiko.

„In den USA sind Geldmarktfonds bei privaten Anlegern beliebt“, kommentiert Heike Mai. Geldmarktfonds werden dort also vor allem zur direkten Kreditintermediation genutzt: Private Haushalte halten die meisten Fondsanteilen – mit 42 Prozent - und 40 Prozent der von den Geldmarktfonds investierten Mittel fließen an die US-Bundesregierung, lokale öffentlich Haushalte und staatliche Agencies. Weniger als ein Viertel der Anleger kommt dagegen aus dem Finanzsektor, gleichzeitig fließt auch nur etwa die Hälfte der Mittel der US-Geldmarktfonds in den Finanzsektor.

USA: Verwendung (li.) und Herkunft der Mittel

Der europäische Markt

Geldmarktfonds in Europa sind vor allem im Euroraum ansässig, etwa 96 Prozent des Vermögens aller EU-Geldmarktfonds wird dort gehalten. Insgesamt existieren im Euroraum 722 Geldmarktfonds, 120 Fonds sind in weiteren EU-Mitgliedsstaaten registriert. Der Großteil der Fonds ist dabei in Frankreich, Irland und Luxemburg gelistet.
Im Gegensatz zu den USA werden Geldmarktfonds in Europa zur Finanzierung innerhalb des Finanzsektors genutzt. Rund zwei Drittel der in EU-Geldmarktfonds investierten Vermögen stammt von Banken, Versicherungen, Investmentfonds, Pensionsfonds und anderen Finanzinstituten. Die von den Geldmarktfonds eingesammelten Mittel wiederum fließen zu 70 Prozent an monetäre Finanzinstitute (MFIs, d.h. Banken und Geldmarktfonds), hier vor allem aber an Banken, und zu über zehn Prozent an den übrigen Finanzsektor. Private Anleger machen in diesem Fall nur etwa ein Drittel der Investitionen aus.

Europa: Verwendung (li.) und Herkunft der Mittel

Geldmarktfonds in und nach der Finanzkrise

Im Zuge des Konkurses von Lehman Brothers 2008 und der daraus folgenden Finanzkrise offenbarten sich die Schwächen von Geldmarktfonds – in Amerika kam es zu sogenannten „Runs“ aus den Fonds. Anleger verloren das Vertrauen in Geldmarktfonds, sodass diese Aktiva verkaufen mussten, um die Auszahlungsaufträge der Anleger zu bedienen. Infolgedessen fielen ihre Kurse. Um ein Ansteckung anderer Marktteilnehmer zu vermeiden, griff letztendlich die FED ein.

Konsolidierung des Marktes


Dass der Euroraum von dieser Entwicklung verschont blieb, liegt wohl vor allem daran, dass die wichtigsten Kreditnehmer für EU-Geldmarktfonds Banken sind. Diese können eventuelle Finanzierungsengpässe bei Geldmarktfonds durch die von der EZB bereitgestellte Liquiditätsfaszilität auffangen.

„Ultraniedrige Zinsen im Zuge der Krise scheinen der Hauptgrund für die seither in den meisten Quartalen verzeichneten Abflüsse aus Geldmarktfonds zu sein. Das Niedrigzinsumfeld (mit z.T. negativen Kurzfristzinsen) macht es für die Fonds erheblich schwieriger, Renditen für ihre Anleger zu erzielen“, beschreibt Heike Mai die Situation von Geldmarktfonds in Folge der Finanzkrise. Daher sei auch die Beliebtheit von Geldmarktfonds gesunken. Insgesamt finde nun auf dem Markt eine Konsolidierung statt: weniger Geldmarktfonds, die mehr Volumen halten. Dieser Trend werde sich wohl auch weiter fortsetzen.

Die Zukunft von Geldmarktfonds sowohl in Europa, als auch in den USA hängt nun vor allem von wirtschaftlichen Faktoren und den jeweiligen Regulierungsbehörden ab: „Die Anforderungen an die Portfolios wurden vor allem im Hinblick auf die Laufzeit, die Liquidität und die Kreditqualität verschärft. Dies wird die Widerstandsfähigkeit der einzelnen Fonds und des Sektors insgesamt erhöhen, allerdings um den Preis einer verringerten Finanzintermediation“, kommentiert Heike Mai die ähnlichen Ansätze der Regulierungsbehörden in Europa und den USA. „In den USA hat die neue Regulierung schon das Produktprofil geändert, welches Geldmarktfonds Anlegern anbieten dürfen, und in der EU wird dies künftig auch der Fall sein. Es bleibt abzuwarten, ob die Investoren in der Folge ihre Anlageentscheidungen ändern.“ Zudem bestehe die Möglichkeit, dass die EU- und US-Regulierungsbehörden in Zukunft unterschiedliche Ansätze wählen und dass es infolgedessen zu regulatorischen Verzerrungen im internationalen Kapitalmarkt kommen könne.

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