Zypern sollte egal sein… es ist aber nicht

Eine Gläubigerbeteiligung ist sinnvoll, aber Vorsicht vor waghalsigen Manövern.

22.03.2013 | 09:34 Uhr

Die Zypernformel

Bislang ist es der zypriotischen Regierung nicht gelungen, eine Steuer auf Bankeinlagen zu verabschieden, die den Eigenanteil Zyperns am Rettungspaket zu einem wesentlichen Teil decken würde. Die Gespräche werden fortgesetzt. Derweil bleiben die Banken geschlossen. Aber die Uhr tickt. Irgendwann müssen die Banken wieder öffnen.

Das Rettungskonzept ist recht einfach und mittlerweile allgemein bekannt: Zypern braucht 16 Mrd. Euro, um sein aufgeblähtes Bankensystem zu rekapitalisieren. 2012 hat es stark unter der Umschuldung Griechenlands gelitten, und die unzureichende Aufsicht seit dem Euro-Beitritt im Januar 2008 hat zu einer extremen Unterkapitalisierung geführt. Die Kreditgeber – die europäischen Partner und vielleicht auch der IWF - sind bereit, dem Land 10 Mrd. Euro zu leihen, wenn es die restlichen 6 Milliarden selbst aufbringt. Eine Restrukturierung der Staatsschulden ist keine Alternative, denn erstens halten die Banken den überwiegenden Teil und zweitens hat die EU geschworen, dass sich eine Umschuldung nach griechischem Muster nicht wiederholen wird. Die neue EU-Bankenregulierung nach der Krise beruht auf der Vorstellung, dass steuerfinanzierte Rettungsaktionen so klein wie möglich sein sollen. Stattdessen sollen Aktionäre und Gläubiger stärker zur Kasse gebeten werden. Demnach müsste ein Teil des Fremdkapitals zypriotischer Banken in Eigenkapital umgewandelt werden, ein sogenannter Bailin. Theoretisch kein Problem.

Zyperns Banken sind anders

Aber praktisch: 91% der Passiva zypriotischer Banken sind… Bankguthaben. Auf Aktien und nachrangige Anleihen entfallen maximal 9%, der Anteil erstrangiger Anleihen ist vernachlässigbar. Die Gläubiger sind also Kontoinhaber. Deshalb waren sich der IWF, die EZB, die Europäische Kommission und die zypriotische Regierung schnell einig, dass sich ein Bail-in nicht auf Aktionäre und nachrangige Anleihegläubiger beschränken kann und vor den Kontoinhabern nicht Halt machen darf. Das entspricht nicht nur dem neuen Regulierungsrahmen der EU, sondern ist auch ökonomisch sinnvoll. Die Gläubiger (also die Kontoinhaber) sind Risiken eingegangen, die nicht vollständig von den Steuerzahlern übernommen werden können.

Politisch schwierig wird die Angelegenheit aber durch die Struktur der Bankguthaben. Von den offiziell 68 Mrd. Euro Einlagen entfallen 37% auf Ausländer, und davon wiederum 30 Prozentpunkte auf Gläubiger außerhalb des Euroraums. Vom Bail-in wären nicht nur Privatkunden und Firmen aus dem Euroraum betroffen, sondern auch Gläubiger aus Russland und der Ukraine. Vermutlich ist das Grund, weshalb am Wochenende ein sehr gefährlicher Vorschlag gemacht wurde: eine Steuer auf alle Bankguthaben. Doch dann sind die Politiker wieder zurückgerudert – wegen der Reaktion der zypriotischen Regierung, aber auch wegen der Gefahr, dass in anderen Euro-Ländern mit schwachen Bankensystemen die Kreditinstitute gestürmt werden. Natürlich kann man solche Bank Runs (wie Willem Butler von der Citigroup) für unwahrscheinlich zu halten, aber völlig ausschließen sind sie nicht.

Der vollständige Marktkommentar im pdf-Dokument

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