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US-Shutdown abgewendet, Anleger müssen dennoch bangen

Krise in Washington
Märkte

In den USA haben Republikaner und Demokraten im letzten Moment eine Haushaltssperre (Shutdown) abgewendet. Einigen sie sich bis Mitte November nicht auf einen Haushalt, droht erneut ein Shutdown und gar eine Abstufung des Kreditratings der USA.

02.10.2023 | 07:15 Uhr von «Ulrich Lohrer»

„Demokraten und Republikaner haben sich geeinigt. Die Regierung kann weitermachen", verkündete Chuck Schumer, demokratischer Mehrheitsführer im Senat. Der Sprecher des Repräsentantenhauses, der Republikaner Kevin McCarthy, konnte die Abgeordneten seiner Partei von einer Übergangslösung überzeugen. Mit der am Samstagabend von Repräsentantenhaus und Senat beschlossene Fristverlängerung für den Staatshaushalt, wurde im letzten Moment ein Shutdown abgewendet. Der Kompromiss sieht den vorläufigen Wegfall der von den Demokraten geforderten Hilfen für die Ukraine vor und schließt den von den Republikanern geforderten Grenzausbau aus. Damit soll die Finanzierung des Staatshaushalts für die kommenden 45 Tage gewährleistet sein. Bis dahin muss der endgültige Haushalt für 2024 beschlossen sein, sonst droht erneut ein Shutdown. Die unmittelbare Folge eines Shutdown ist die Stilllegung weiter Teile der Bundesverwaltung in den USA, weil ohne rechtsgültigen Staatshaushalt zum Beginn des Haushaltsjahres zum 1. Oktober Gehälter von Angestellten und Beamten der Bundesbehörden nicht mehr gezahlt werden. Staatsangestellte, die keine unerlässlichen Aufgaben („essential services“) erledigen, werden in unbezahlten Urlaub geschickt. Auch bestimmte staatliche Transferleistungen wie Sozialprogramme in der Rentenversicherung werden nicht weiter ausgezahlt. Zwar gab es seit 1976 in den USA bereits 23 Shutdowns, doch hatten diese je nach Dauer und Zeitpunkt sehr unterschiedliche wirtschaftliche und politische Auswirkungen. Zum längsten und bislang letzten Shutdown kam es während der Präsidentschaft von Donald Trump am 22. Dezember 2018. Das Congressional Budget Office (CBO) schätzte, dass dieser 35 Tage anhaltende Shutdown die Wirtschaftsleistung der USA um elf Milliarden US-Dollar oder um 0,2 Prozent reduzierte. Der unpopuläre Shutdown kann zudem zu einem Meinungsumschwung unter den Wählern führen. Da Ende 2024 Präsidentschaftswahlen anstehen, stehen die Parteien unter Druck, eine Lösung zu finden. So lastete die betroffenen Bürger den Ende 1995 ausgelösten Shutdown während der Regierungszeit des demokratischen Präsidenten Bill Clinton den Republikaner an, was 1996 Clintons Wiederwahl sicherte. Vor allem Investoren befürchten die durch einen Shutdown ausgelösten Folgen auf die internationalen Kapitalmärkte.

Drohende Rating-Abstufung für die USA

Republikaner und Demokraten haben mit dieser Fristverlängerung bis Mitte November Zeit, den Haushalt für das 2024 zu verabschieden. Bereits vor der Übergangslösung hatte die Ratingagentur Moodys im Falle eines Shutdowns den Verlust des höchsten Kreditratings – dem Tripple A – für die USA angekündigt. Auch nur ein kurzfristiger Shutdown, so die veröffentlichte Stellungnahme von Moody´s Investors Service, würde die „intensive politische Polarisierung in einer Zeit sinkender fiskalischer Stärke, die von einer Ausweitung des Haushaltsdefizits und sinkender Schuldentragfähigkeit verursacht ist“, offenbaren. Mit dem Kreditrating geben die Ratingagenturen die Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung der Staatsschulden, etwa in Form von Staatsanleihen, wider. Moodys ist die einzige der drei größten Ratingagenturen (Fitch, Moodys, Standard & Poor – S&P), die den USA noch das höchste Kreditrating belassen hatte. Im August 2011 hatte Standard & Poor den USA erstmals seit ihrer Gründung im Jahr 1860 das Rating der USA von AAA auf AA+ herabgestuft, nachdem der Kongress die Schuldengrenze deutlich angehoben hatte, um damit ein Haushaltsdefizit von elf Prozent und eine Staatsverschuldung von über 80 Prozent des Bruttosozialprodukts zuzulassen – weit mehr als andere Staaten mit einem Tripple-A-Rating. Daraufhin fielen die drei wichtigsten US-Aktienindizes – DJIA, S&P500 und NASDAQ – zwischen fünf und sieben Prozent. Interessanterweise erlitten nach der Herabstufung durch S&P nicht US-Staatsanleihen und der US-Dollar Kursverluste, sondern der Euro und europäische Staatsanleihen: Die Märkte werteten die Gefahr eines Überspringens der Schuldenkrise auf hoch verschuldete EU-Staaten schwerwiegender als die Gefahr der hohen Verschuldung der USA. Im August 2013 verlor die USA auch das von der Ratingagentur Fitch vergebene höchste Kreditrating, nachdem die Staatsschuld weiter stark angestiegen war und sich die Häuser im Kongress wegen der Anhebung der Schuldengrenze gestritten hatten. In Europa haben alle drei Ratingagenturen ein Triple A nur für Deutschland, Niederlande und Luxemburg vergeben. Auch die Schweiz verfügt noch über das höchste Kreditrating dieser Ratingagenturen.

Kursverluste für langlaufende US-Staatsanleihen

George Brown, Ökonom beim Asset Manager Schroders, warnte bereits im April dieses Jahres in seinem Marktkommentar, dass ein Shutdown in den USA, die Märkte in Aufruhr versetzen und die Wirtschaft beeinträchtigen könnte. Schon seit Januar agiere das Finanzministerium unter Leitung von Janet Yellen mit „buchhalterischen Taschenspielertricks“, um seinen Verpflichtungen nachkommen zu können, so Brown. Käme es tatsächlich zum Zahlungsausfall, wäre ein Ausverkauf von US-Staatsanleihen die Folge. Dieser würde auf die „anfälligen Anleihemärkte übergreifen und Regierungen auf der ganzen Welt zu Einsparungen zwingen“, so Brown. Besonders für Schwellenländer, die von frischem Kapital aus den Industrieländern abhängen, sei das eine schlechte Nachricht. Wie die Erfahrung durch die Herabstufung des US-Ratings durch S&P im Jahr 2013 zeigte, könnten auch die hoch verschuldeten europäische Staaten sowie der Euro davon stark betroffen sein. So ist die Staatsverschuldung Italiens und Frankreichs im Zuge der Corona-Pandemie stark gestiegen. Obwohl durch die gestiegenen Zinsen die Schuldenfinanzierung zunehmend schwieriger wird, ist die Bereitschaft zu Kürzung der Staatsausgaben gering. So hat Fitch Ende April das Kreditrating von Frankreich von AA um eine Stufe auf AA- herabgestuft. Italien wird von allen drei großen Ratingagenturen ohnehin nur mit dem schlechten Rating BBB bewertet. Unklar ist allerdings auch für die USA, wie die größte Volkswirtschaft der Welt die hohe Staatsverschuldung von über 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bei erlahmender Wirtschaft und steigenden Verteidigungsausgaben wegen der zunehmenden Konfrontation mit China in den Griff bekommen kann. Die kritischere Bewertung der Märkte in der stark gestiegenen Staatsschuld spiegelt sich auch in der zuletzt stark gestiegenen Rendite der US-Staatsanleihen mit längerer Restlaufzeit wider. So erhöhte sich die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihe seit Mitte des Jahres um etwa einen Prozentpunkt auf knapp 4,6 Prozent. Auch die zuletzt wieder gestiegene Inflationserwartung aufgrund gestiegener Ölpreise und höherer Lohnabschlüsse haben die Renditen für länger laufende Anleihen steigen lassen. Etliche Investoren, die auf eine baldige Zinssenkung spekuliert hatten und in Erwartung von Kursgewinnen Anleihen mit längerer Restlaufzeit gekauft hatten, erlitten stattdessen aufgrund des Renditeanstiegs Kursverluste. Mit dem Beschluss vom 30. September im Kongress wurde das Haushaltsproblem nur vertagt, aber nicht gelöst. Würde in Folge eines Shutdowns Anleihen- oder Aktienkurse einbrechen, wären auch die Zentralbanken zum Handeln gezwungen. Die Bekämpfung der Inflation wäre gefährdet. „Die US-Notenbank müsste die quantitative Straffung beenden und die Zinssätze senken, und ihre Kollegen

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