Plastik – genauer gesagt: eine Gruppe verschiedener Polymere auf Erdölbasis - hat Materialeigenschaften, die durchweg positiv sind. Es ist widerstandsfähig, unbegrenzt formbar, leicht - und vor allem: sehr, sehr preisgünstig. Die
globale Jahresproduktion stieg von rund zwei Millionen Tonnen im Jahr 1950 bis
auf 400 Millionen Tonnen im Jahr 2015. Mehr als die Hälfte allen Plastiks
weltweit ist erst in den vergangenen 20 Jahren entstanden - doch zwei Drittel
gammeln heute als Müll auf Deponien oder verschmutzen Umwelt und Meere.
Die allgegenwärtige Plastikverschmutzung ist eine direkte Konsequenz
linearer Produktions- und Konsummuster. Die Menschen kaufen, um wegzuwerfen. Der große pazifische Müllstrudel, in dem sich vor allem Plastikmüll
sammelt, hat mittlerweile eine Fläche, die dem 4,5-fachen der Bundesrepublik
entspricht. Plastik wird nicht in der Umwelt abgebaut – es zerfällt in immer
kleinere Teilchen. In Mikroplastik, also in Teilchen, die kleiner als 5
Millimeter sind, und schließlich in Nanoplastik. Diese Teilchen sind kleiner
als 1 Mikrometer. Zum Vergleich: Ein durchschnittliches menschliches Kopfhaar
ist 0,05 Millimeter dick –
also 50 Mikrometer.
Dabei kann man weiter unterscheiden in Primäres Mikroplastik, was direkt
als winziger Partikel in die Umwelt gelangt, aus Kosmetika zum Beispiel, und
dort 15 bis 31 Prozent des Mikroplastiks ausmacht. Sekundäres Mikroplastik
entsteht hingegen durch das langsame Zerfallen größerer Plastikteile. Es stammt
hauptsächlich aus dem Abrieb synthetischer Fasern wie Reifen – dies macht etwa
69 bis 81 Prozent des Mikroplastiks im Meer aus. Bereits 2050 könnte die Menge
an Kunststoffmüll in den Meeren dem Gewicht nach größer sein als die aller
Meeresfische.
Mikroplastik
findet sich im Boden, im Wasser, in der Wüste, im ewigen Eis. Forscher der
Universität Wien fanden in der österreichischen Donau mehr Mikroplastik als
Fischlarven. Über die Nahrung gelangt es in die Körper der Menschen, zum
Beispiel ins Blut. Italienische Forscher konnten es auch in der Plazenta
schwangerer Frauen nachweisen. Je nach Wohnort und Ernährung können Menschen bis
zu fünf Gramm Mikroplastik pro Woche zu sich nehmen – das entspricht etwa dem
Gewicht einer Kreditkarte.
Gesundheitliche
Schäden absehbar
Nanoplastik
ist so klein, dass es von Zellen aufgenommen werden kann und dabei wirkt es wie
ein Magnet für krebsauslösende Stoffe. Die Konsequenzen einer derartigen
Kontamination lassen sich bislang noch nicht abschätzen, aber es gibt Hinweise,
dass gesundheitliche Konsequenzen für Pflanzen, Tiere und Menschen drohen. Darüber
hinaus ist die Herstellung von Plastik global für etwa zehn Prozent des
weltweiten Verbrauchs von fossiler Energie verantwortlich und damit ein nicht
zu unterschätzender Faktor im Kampf gegen den Klimawandel.
Grundsätzlich
gibt es zwei Herangehensweisen, um das Problem zumindest zu mindern. Wir sollten
unseren Materialverbrauch und das Abfallmanagement dringend kritisch
hinterfragen. Zum einen können wir versuchen, Plastik möglichst zu meiden,
damit es gar nicht erst in die Umwelt gelangen kann. Zum anderen kann man
versuchen, Plastik zu rezyklieren, es aus der Umwelt zu entfernen, oder
beispielsweise von Bakterien fressen zu lassen. Doch die Methoden hierfür
stecken oft noch in den Kinderschuhen und werden derzeit zumeist von Start-ups
entwickelt, die nicht für jeden Anlegertyp geeignet sind. Doch auch bei Anlagen
außerhalb der Start-up-Szene können Investoren fündig werden.
Noch
ist die Datenbasis zum Thema Plastik dünn. Daher empfiehlt es sich
grundsätzlich, bei der Lektüre von Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten auf
Schlagworte wie Lebenszyklusanalyse, Zirkuläre Wirtschaft, rezyklierte
Kunststoffe, Extended
Producer Responsibility oder Product Stewardship zu achten. Auch wenn man kaum
ein perfektes, plastikfreies Unternehmen finden wird – Sensibilität für und
Transparenz zu diesen Themen zu schaffen und einzufordern ist der erste Schritt
in die richtige Richtung.
Was
Anleger tun können
Seit
2018 befinden sich in jedem Jahr Coca-Cola, Pepsico und Nestlé unter den Top 5
der Plastikverschmutzer, die die Break Free From Plastic (BFFP) Initiative bei
diesen jährlichen Erhebungen feststellt. Und das ist nur die Spitze des
Eisberges: Lediglich 56 Unternehmen sind demnach für die Hälfte des globalen
Plastikmülls verantwortlich.
Arete
Ethik Invest arbeitet bereits seit 1995 mit einem eigens entwickelten und
stetig aktualisiertem Bewertungsverfahren, um aus ethischer Perspektive
verantwortungsbewusste Unternehmen zu identifizieren. Strenge Ausschlusskriterien
sorgen dafür, dass die allergrößten Plastiksünder nicht in das Anlageuniversum
aufgenommen werden. Coca-Cola wurde bereits 2015 bei erstmaliger Betrachtung
ausgeschlossen, Pepsico hat es noch nicht einmal in die Analyse geschafft. Und
auch Nestlé konnte 2019 das Ethik-Komitee nicht überzeugen.
Die
Begründungen, die zum Ausschluss führten, sind allerdings mit dem Thema
Mikroplastik allenfalls am Rande verwandt. Und bis heute hat Arete kein
Einzelkriterium „Mikroplastik“ in die Analyse aufgenommen, da die Datenlage zum Thema nach wie vor
sehr überschaubar ist. Der Datenpunkt „Strategie zur
Verringerung mariner Verschmutzung durch Mikroplastik“ des Datenanbieters
von Arete liefert Werte für gerade einmal neun Unternehmen des Anlageuniversums.
Doch
es spricht einiges dafür, dass Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften, auch
in jenen Aspekten auf einem guten Weg sind, die Datenanbieter noch nicht
messbar machen können. Und dies bestätigt auch die quantitative Analyse:
Bewertung durch Arete und Indikatoren wie Transparenz zu verwendeten
Materialien, Verlängerung des Produktlebens, Qualität der Lebenszyklusanalyse
und Materialeffizienz der (bereits vorhandenen oder geplanten) Produkte sind
positiv korreliert. Sind Unternehmen gut in einem dieser Punkte, sind sie es
oft auch in den anderen Aspekten.
Im Anlageuniversum von Arete finden sich Titel,
die im Brand Report der BFFP Initiative genannt werden, wie beispielsweise
Unilever. Die holistische Betrachtung zeigt: Marken von Unilever sind
PETA-zertifiziert, der Konzern unterstützt Initiativen, um Tierversuche zu
stoppen, und schneidet als einer der größten Einkäufer von Palmöl in der «Palm
oil buyers scorecard» des WWF außerordentlich gut ab.
Der BUND dokumentiert darüber hinaus die
Fortschritte, die Unternehmen seit 2014 hinsichtlich ihrer Versprechen zur
Elimination von Mikroplastik gemacht haben. Auch hier findet sich Unilever,
daneben Colgate-Palmolive, Procter & Gamble sowie Beiersdorf und L’Oréal.
Alle Unternehmen wurden von Arete analysiert, einige schafften es gerade über
die minimale Hürde von 50 Punkten in der Bewertung, keines konnte eine positive
oder gar hochwertige Bewertung erreichen. Dennoch wurden die Titel ins
Anlageuniversum aufgenommen. Die Auswertung des BUND zeigt, dass die
Unternehmen im Bereich Mikroplastik Fortschritte machen, auch wenn sie zum Teil
noch einen weiten Weg vor sich haben.
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