Vor wenigen Tagen erst erreichte die Feinunze Gold, gerechnet in der Gemeinschaftswährung, bei knapp 1623 Euro ein Allzeithoch. Bei diesen Kursen Gewinne zu realisieren, könnte sich als schlechte Idee herausstellen. Denn Experten sehen in den kommenden Jahren eine goldene Zukunft für das Edelmetall.
29.04.2020 | 15:40 Uhr von «Christian Bayer»
Lars-Henning Müller, Anlagestratege bei Merck Finck Privatbankiers, geht davon
aus, dass der Preis für die Feinunze Gold in US-Dollar noch in diesem Jahr über
den bisherigen Höchststand vom September 2011 steigen wird. Aktuell liegt der
Kurs bei 1704 US-Dollar und damit gut elf Prozent unter dem Allzeithoch bei
1921 US-Dollar. Allerdings müssten Anleger mit zwischenzeitlichen Rücksetzern
leben. „Der Kursanstieg wird jedoch weiterhin durch eine teilweise hohe
Volatilität begleitet sein, so wie sie in den vergangenen Wochen bereits zu
beobachten gewesen ist“, erläutert Müller. Geduld könnte sich allerdings
auszahlen. Denn der Anlagestratege hält sogar eine Verdoppelung des aktuellen
Preises für möglich. Aus seiner Sicht sind die Kurstreiber für das Edelmetall
weiter intakt. Dazu zählt er weiter fallende Realzinsen, die durch die
anhaltend hohe, weltweite Verschuldung und die nachlassende Wirtschaftsdynamik
in allen entwickelten Volkswirtschaften festgezurrt sind. Durch die fallenden
Realzinsen würden die Opportunitätskosten von Gold sinken. Der Merck
Finck-Experte rechnet zudem mittelfristig mit anziehenden
Inflationserwartungen, nachdem die Wirtschaft nach Überwindung der Corona-Krise
wieder an Fahrt gewonnen hat.
Norman Villamin, Chefstratege des Wealth-Management-Bereichs der Schweizer
Privatbank Union Bancaire Privée (UBP), erwartet ebenfalls deutliche
Kursgewinne beim gelben Edelmetall. Der Experte verweist darauf, dass die
Zentralbanken ihre Bilanzen während der Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009
nahezu verdreifacht haben und der Goldpreis in dieser Zeit ebenfalls fast um
das Dreifache gestiegen ist. Auch wenn die Pandemie ausgestanden ist, rechnet
Villamin mit anhaltend niedrigen Zinsen, weil der politische Druck gegen höhere
Zinsen aufgrund der starken Neuverschuldung einfach zu groß ist. Investoren,
die zu Beginn der Corona-Krise von fallenden Goldpreisen irritiert waren,
sollten sich nicht abschrecken lassen. „Sowohl 2008/2009 als auch 2020 waren
diese vorübergehenden Ausverkäufe auf die fremdfinanzierten Positionen an den
Termin- und Optionsmärkten zurückzuführen“, erläutert der Chief Investment
Officer der UBP. Nach dem Motto „cash is king“ mussten institutionelle
Investoren Gold-Positionen auflösen, um Liquidität zu schaffen oder bei anderen
Anlageklassen wie z. B. Aktien die Margin-Anforderungen zu erfüllen. Aus Sicht
des Experten sind diese Liquidationen mittlerweile weitgehend abgeschlossen.
Vor diesem Hintergrund erwartet Villamin, dass das Edelmetall die alten
Höchststände bei über 1920 US-Dollar ins Visier nimmt. Ritu Vohora, Investment
Director im Aktienteam bei M&G, führt neben der Sicherung der Liquidität
noch einen weiteren wichtigen Punkt an, der zu Beginn der Krise zu Kursrückgängen
bei Gold geführt hat. Der Verfall des Ölpreises hat aus ihrer Sicht dazu
geführt, dass viele Zentralbanken ihre Goldkäufe eingestellt haben.
Zu den Gold-Bullen zählt auch die Bank of America. In den kommenden 18 Monaten
könnte der Preis für die Feinunze aus Sicht der Rohstoffanalysten der US-Bank
auf 3000 US-Dollar steigen. Neben der extrem lockeren Geldpolitik der
US-Notenbank Fed würden vor allem die hohen Staatsausgaben in der Corona-Krise
die Inflation deutlich befeuern. Zwar hätten sowohl die Fed als auch die EZB
knapp zwei Prozent als Inflationsziel ausgegeben. Allerdings würden die
Notenbanken aus Sicht der Experten der Bank of America auch hinnehmen, wenn
diese Zielmarke überschritten wird. Zum Schutz vor hohen Inflationsraten empfiehlt
die US-Bank Investments in Gold, denn „Die Fed kann kein Gold drucken.“ Die
Saxo Bank hat noch eins draufgesetzt und für die Feinunze Gold ein
langfristiges Kursziel von 4000 US-Dollar ausgerufen. Am Ende des Jahres hält Ole
Hansen, Leiter der Rohstoffstrategie bei der Saxo Bank, 1800 US-Dollar für
realistisch, gefolgt von einem Allzeithoch im kommenden Jahr. Allerdings gibt
der Experte zu bedenken, dass kurzfristig die stark gesunkenen Ölpreise und die
schlechten wirtschaftlichen Aussichten aufgrund der Corona-Pandemie
inflationäre Tendenzen begrenzen. Darunter könnte zunächst auch der Goldpreis
leiden. Für Anleger würde das bedeuten, dass sich dadurch noch günstige Einstiegsmöglichkeiten
ergeben könnten.
Die zehn besten Edelmetall-Fonds in fünf Jahren
Quelle: BÖRSE ONLINE
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