Die deutsche Wirtschaft schwächelt. Das schürt bei manchen Investoren die Angst vor einem Crash. Profis warnen allerdings vor überstürzten Reaktionen, denn die Zeichen für eine Jahresendrally stehen gut.
24.10.2019 | 15:09 Uhr von «Alexandra Jegers»
Europas Konjunkturlokomotive stockt. Laut Daten des Statistischen Bundesamts ist die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal 2019 um 0,1 Prozent geschrumpft. Im November veröffentlichen die Statistiker die Zahlen für das dritte Quartal. Sollte das Wachstum erneut im Minus sein, wäre die Bundesrepublik offiziell in einer Rezession. Investoren fürchten, dass die Krise der wirtschaftsstärksten Nation auch auf andere europäische Staaten überschwappen könnte. In der Tat fielen die Einkaufsmanagerindizes für die Euro-Zone jüngst schlechter aus als erwartet. Die Geschäfte laufen vielerorts so mies wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Noch spiegelt sich die abgekühlte Konjunktur zwar nicht an den Finanzmärkten wider, der EuroStoxx 50 hat innerhalb eines Jahres um rund zehn Prozent zugelegt. Doch die bald zehn Jahr andauernde Hausse könnte bald enden. Manche fürchten sogar einen Crash.
Teilweise stoßen Investoren sogar Aktien ab und schichten Kapital in vermeintlich sichere Häfen um. Die Tatsache, dass Staatsanleihen aktuell keinen Ertrag erwirtschaften, sondern im Gegenteil nach Abzug der Inflation Verlustgeschäfte sind, scheint ihnen das kleinere Übel. Anlageprofis halten solche Reaktionen für einen Fehler: „Anleihen erwirtschaften keine Rendite mehr, sondern kosten Geld. Und sie diversifizieren das Portfolio nur noch sehr bedingt“, sagt Axel Cron, Chefanlagestratege bei HSBC Global Asset Management. Es gebe keinerlei ökonomischen Grund dafür, jetzt auf Anleihen zu setzen. Und zwar unabhängig vom Umfeld.
Grund dafür ist die anhaltend expansive Geldpolitik der Notenbanken. Der Markt geht fest von weiteren Zinssenkungen aus. In Europa dürfte der Nullzins die Wirtschaft noch über Jahre prägen und die Anleiherenditen niedrig halten. „Diese Entwicklung macht Aktien attraktiv – egal ob sich die Konjunktur weiter abschwächt“, sagt HSBC-Stratege Cron. Selbst wenn das Gewinnwachstum der Unternehmen sinkt, erwirtschaften viele Konzerne immer noch Gewinn und zahlen Dividenden aus. Dazu kommt: Es ist gar kein Crash in Sicht. Im Gegenteil: „Im abschließenden Quartal 2019 ist eine Jahresendrally wahrscheinlicher als ein markanter Kurseinbruch“, sagt Cron.
Lutz Neumann, Leiter der Vermögensverwaltung bei der Hamburger Sutor Bank, ist derselben Auffassung. Zwar habe das globale Wirtschaftswachstum merklich an Fahrt verloren, auch die Risikofaktoren Brexit und Handelskrieg bleiben weiterhin unberechenbar. „Die großen Notenbanken steuern aber mit Zinssenkungen gegen und halten den wirtschaftlichen Motor am Laufen“, sagt Neumann. Seine Empfehlung für Anleger ist deshalb ebenso einfach wie zwingend: Sie sollten investiert bleiben. „Der Schlüssel für den langfristigen Vermögensaufbau liegt nun einmal darin, in schlechten wie in guten Zeiten investiert zu bleiben“, sagt Neumann. „Anleger sollten sich nicht zu prozyklischem Verhalten hinreißen lassen, indem sie etwa bei sinkenden Kursen aussteigen, sondern Ruhe bewahren und den Kapitalmarkt weiter für sich arbeiten lassen.“
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