Trotz der wirtschaftlichen Turbulenzen sind die Preise von Sammlerobjekten zuletzt weiter gestiegen. Langfristig stechen vor allem Classic Cars als Renditeobjekt hervor.
15.06.2023 | 07:00 Uhr von «Gerd Hübner»
Für Anleger war das vergangene Jahr nicht einfach. Sowohl die Anleihe- als auch die Aktienmärkte gaben deutlich nach. Wohl dem, der sein Portfolio mit Sammlerobjekten diversifiziert hatte. Denn die liefen laut „Wealth Report 2023“ von Knight Frank trotz des schwierigen Umfelds recht gut. So hat etwa Kunst im Schnitt 29 Prozent zugelegt, Uhren 18 Prozent oder Wein zehn Prozent. Zwar konnten Classic Cars mit einem Plus von 25 Prozent zuletzt mit Kunst nicht ganz mithalten, doch langfristig stechen sie klar heraus. Denn in den vergangenen zehn Jahren legten sie insgesamt um 185 Prozent zu (siehe Grafik).
Damit weisen Classic Cars nicht nur eine langfristig attraktive Wertsteigerung auf, sondern sie erwiesen sich vor allem auch im vergangenen Jahr als wertstabil und leisteten einen positiven Diversifikationseffekt. Dass bestätigt ein Blick auf den Oldtimer-Index des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Er kam 2022 auf einen Zuwachs von 4,8 Prozent. Der Oldtimer-Index der Südwestbank, der auf 20 Modellen süddeutscher Hersteller basiert, legte sogar um 6,3 Prozent zu. Seit seiner Einführung im Jahr 2005 verzeichnet er einen Anstieg um 487 Prozent.
Sammlerstücke überzeugen mit hoher Rendite: Oldtimer-Autos müssen sich auf zehn Jahre nur Whisky geschlagen geben.
Dabei scheinen die Käufer bereit zu sein, für besondere Raritäten immer tiefer in die Tasche zu greifen. 135 Millionen Euro ließ sich ein privater Sammler im vergangenen Jahr das Mercedes-Benz 300 SLR Uhlenhaut Coupé kosten. Das 1955 von Rudolf Uhlenhaut entwickelte Fahrzeug, das als Ikone der Automobilgeschichte gilt und von dem nur zwei Prototypen gebaut wurden, löste damit den bisherigen Rekordhalter, den Ferrari 250 GTO, von dem im Jahr 2018 ein Exemplar für 70 Millionen US-Dollar verkauft worden war, als wertvollstes Fahrzeug der Welt ab.
Massive Wertzuwächse
Während das Uhlenhaut Coupé, dessen Erlös sozialen Zwecken zugutekommen soll, im Besitz von Mercedes-Benz war und somit die Wertsteigerung schwer feststellbar ist, geht das beim Ferrari 250 GTO durchaus. Umgerechnet soll ein Exemplar ursprünglich rund 70 000 Mark gekostet haben. Damit ist der Wert des 300 PS starken Rennwagens, der in den 1960er-Jahren die legendäre Rennserie Gran Turismo dreimal hintereinander gewinnen konnte, in etwa um den Faktor 2000 gestiegen.
Überhaupt stehen geschichtsträchtige und seltene Fahrzeuge in der Gunst der Käufer in der Regel sehr hoch. In dem Film „The Thomas Crown Affair“ fuhr Steve McQueen einen Ferrari 275 Spyder, von dem zehn Stück produziert wurden. Dieser erzielte laut dem Auktionshaus Barnebys im Jahr 2013 rund 27,5 Millionen Dollar.
Der Ferrari 250 GT SWB California Spyder von 1961, der einst dem Schauspieler Alain Delon gehörte, wechselte 2015 den Besitzer – für rund 18,5 Millionen Dollar. Auf den ersten Blick scheinen Classic Cars also ein reizvolles Investment zu sein. „Man darf aber nicht vergessen, dass Oldtimer jederzeit auch im Preis fallen können“, warnt Henning Kirsch von der Vermögensverwaltung Hansen & Heinrich. „So hängt die Wertentwicklung unter anderem vom Zustand, der Marke und dem Modell ab.“
Dazu kommt der Zeitgeist. „Ich stelle fest, dass gern Autos gekauft werden, die man in der Jugend toll fand, sich damals aber nicht leisten konnte“, sagt Harald Hoffmann von der FIO Partners AG. „Bei Fahrzeugen, die aus der Vorkriegszeit stammen, nimmt die Nachfrage deshalb ab. Aktuell sind bei der Generation, die Ende der 1950er- oder Anfang der 1960er-Jahre geboren ist, die frühen 911-Porsche-Modelle, die Pagode oder der SL von Mercedes, Ferraris oder US-Fahrzeuge wie der Ford Mustang angesagt.“
Es sind also immer wieder andere Fahrzeuge, die die höchsten Preiszuwächse aufweisen. „In der vergangenen Dekade zum Beispiel verlief die Wertentwicklung sehr unstet“, informiert Jens Berner, Oldtimer-Experte der Südwestbank. „Auf Phasen, in denen sich die Preise einzelner Fahrzeuge innerhalb weniger Jahre vervielfachten, folgten Preisrückgänge oder längere Konsolidierungsphasen.“ Eine seriöse Aussage zur künftigen Renditeerwartung sei deshalb nicht möglich.
Nebenbedingungen für Sammler
Wer einen Oldtimer kaufen möchte, muss nicht nur mögliche Preisrückgänge bedenken, sondern auch die laufenden Kosten für Einlagerung, Versicherung und Steuern. „Und wer mit dem Fahrzeug nicht fährt, muss es trocken lagern, also sämtliche Flüssigkeiten ablassen“, erklärt Hoffmann. Letzteres hat einen Nachteil: „Gummi wird mit der Zeit spröde, was die Reifen, aber auch Benzinleitungen betrifft“, so der Oldtimer-Experte weiter. „Und ein Fahrzeug wird nicht besser, wenn es herumsteht.“ Bei einem späteren Verkauf können daher Reparaturen anfallen, die die Rendite schmälern.
Überhaupt sind Reparaturen ein wichtiger Faktor. „Sie müssen bedenken, dass die Originalität eines Classic Car einen bedeutenden Stellenwert hat“, betont Kirsch. „Jedoch werden Originalersatzteile immer seltener und steigen massiv im Preis.“ Mit welchen Kosten Anleger rechnen müssen, haben die Experten der Südwestbank beispielhaft für einen Mercedes 190 SL durchgerechnet. Ergebnis: Über zehn Jahre ergaben sich jährliche Kosten in Höhe von rund vier Prozent des Fahrzeugwerts, der bei rund 100 000 Euro lag.
Nur als Portfoliobeimischung
Wer sich entschließt, in ein Classic Car zu investieren, muss auch beim Kauf hellwach sein. „So gibt es Fälschungen, also zum Beispiel Fälle, in denen ein anderer Motor eingebaut oder die Fahrgestellnummer geändert wurde“, warnt Hoffmann. Zudem gilt es den Zustand des Lacks, der Karosserie und der Mechanik genau zu prüfen. Fazit: Je besser ein Wagen im Originalzustand erhalten ist, desto größer die Chance auf Wertsteigerungen.
Daher kann es sinnvoll sein, professionelle Hilfe durch einen Gutachter in Anspruch zu nehmen. Auch sollte ein solcher Oldtimer bezogen auf das Gesamtportfolio nur eine Beimischung sein. „Mehr als fünf bis zehn Prozent sollte er nicht ausmachen“, rät Berner. Somit muss auch das Gesamtvermögen eines Anlegers ausreichend groß sein. „Schließlich lohnt sich unter Renditegesichtspunkten der Kauf eines Classic Car in der Regel erst ab einem Kaufpreis von rund 100 000 Euro.“
Einig sind sich alle Experten darin, dass zudem eine Affinität zu Oldtimern hilfreich ist. Wer ein solches Fahrzeug kauft, sollte nicht nur ein gewisses technisches Verständnis mitbringen, sondern vor allem Freude an dem einzigartigen Gefühl haben, damit an einem sonnigen Tag durch die Landschaft zu cruisen. „Der Fahrspaß sollte als Teil der Rendite gesehen werden“, sagt Hoffmann. „Denn ob eine potenzielle Wertsteigerung die laufenden Kosten ausgleicht und noch eine Zusatzrendite bringt, ist ungewiss.“
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