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Regulierung

Offenlegungsverordnung: Die BaFin beantwortet drängende Fragen

Die komplette Umsetzung der Offenlegungsverordnung rückt näher. Ab 2023 sollen Finanzprodukte klassifiziert sein und Berater wissen, worauf sie achten müssen. Jetzt hat die BaFin wichtige Fragen geklärt.

09.09.2022 | 07:30 Uhr

Der Countdown läuft. In rund dreieinhalb Monaten sollen alle Anbieter von Fonds in ihren Prospekten darlegen, in welchem Ausmaß die Produkte welche ESG-Kriterien erfüllen. Wie die in den Fonds enthaltenen Assets zu bewerten sind, steht in der EU-Taxonomie, die bis Ende 2022 fertiggestellt sein soll. Ab Januar 2023 sollen Taxonomie und Offenlegungsverordnung in der Anlageberatung gemeinsam angewendet werden. Berater sollen dann ihre Kunden nach ihren Anlagepräferenzen zum Thema Nachhaltigkeit befragen. Empfohlen werden dürfen danach nur solche Finanzprodukte, die die Präferenzen der befragten Anleger erfüllen. Noch sind etliche heikle Fragen nicht geklärt. Deshalb lädt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Finanzindustrie fortlaufend dazu ein, Probleme anzusprechen. Die Aufsichtsbehörde äußert sich dazu dann in offiziellen Schreiben – so wie in dieser Woche zuletzt geschehen. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Fragen und Antworten.

Sind Finanzanlagenvermittler mit Erlaubnis nach § 34f Gewerbeordnung (GewO) von der Offenlegungsverordnung ausgenommen?

Antwort der BaFin: Finanzanlagenvermittler gem. § 34f Abs. 1 GewO sind weder ein Finanzdienstleistungsinstitut noch eine Wertpapierfirma. Deshalb sind sie nicht Adressat der Offenlegungsverordnung.

Muss jede einem Finanzprodukt zugrundeliegende Investition zwingend auf Taxonomie- Konformität geprüft werden?

Antwort der BaFin: Es besteht keine Pflicht, jede Investition daraufhin zu prüfen, ob sie „Taxonomie-konform“ ist. Die Europäische Kommission hat zwar klargestellt, dass für ein Finanzprodukt, das unter Artikel 8 der Offenlegungsverordnung fällt und ökologische Merkmale fördert, immer die Taxonomie-Quote anzugeben ist. Dieser Ausweis der Taxonomie-Quote kann aber auch den Wert „Null“ haben. Bei dieser Formulierung bleibt aus Sicht der BaFin allerdings unklar, ob eine Investition mit „Null“ im Zähler der Taxonomie-Quote nur dann anzusetzen ist, wenn keine Daten erhoben wurden oder auch dann, wenn die Daten nicht ermittelt werden konnten. Die Gefahr eines Greenwashings sieht die BaFin hier nicht. Denn durch eine Null-Angabe wird im Zweifelsfall eine niedrigere Taxonomie-Quote ausgewiesen als tatsächlich vorhanden.

Gelten für Bestandsverträge von Finanzprodukten, deren Vertrieb vor dem 10.03.2021 eingestellt wurde, die Offenlegungspflichten der Artikel 10 und 11 der Offenlegungsverordnung?

Antwort der BaFin: Die Europäische Kommission geht in ihrer Antwort nicht auf die Tatbestandsvoraussetzungen der Artikel 10 und 11 Offenlegungsverordnung ein. Somit betrifft diese Verpflichtung nur diejenigen Bestandsverträge, die die Voraussetzungen des Artikel 8 oder 9 der Offenlegungsverordnung erfüllen. Maßgeblicher Zeitpunkt für diese Beurteilung sind die Umstände zum Zeitpunkt der Vertriebsphase.

Viele Finanzmarktteilnehmer haben keine Vorbereitungen für eine Offenlegung der Bestandsverträge getroffen, deren Vertrieb vor dem 10.03.2021 eingestellt wurde, da sie davon ausgegangen sind, dass die produktbezogenen Offenlegungspflichten nicht für diese Bestandsverträge gelten. Sieht die BaFin Raum für eine generelle Umsetzungsfrist?

Antwort der BaFin: Grundsätzlich muss bei allen solchen Bestandsverträgen untersucht werden, ob in der Vertriebsphase Angaben zur Nachhaltigkeitswirkung gemacht wurden. Für diese Analyse müssten Finanzmarktteilnehmer die archivierten Unterlagen verfügbar machen, durchlesen und entscheiden, ob damalige Angaben mit ESG-Bezug heute die Tatbestandsvoraussetzungen der Artikel 8 oder 9 der Offenlegungsverordnung erfüllen. Für Bestandsverträge, die seit mehr als zehn Jahren vor dem Erstanwendungszeitpunkt der Offenlegungsverordnung, also seit dem 10.03.2011, nicht mehr vertrieben wurden, erschient dieser Aufwand nicht verhältnismäßig. Deshalb können hier pauschalierte Annahmen zugrunde gelegt werden. Die BaFin entscheidet im Einzelfall, wie die Angaben zu beurteilen sind.

Sind für Bestandsverträge – unabhängig davon, wann deren Vertrieb eingestellt wurde – die vorvertraglichen Offenlegungspflichten der Artikel 6 und 7 und gegebenenfalls Artikel 8 oder 9 Offenlegungsverordnung nachträglich zu erfüllen?

Antwort der BaFin: Bei Finanzprodukten, die nicht mehr vertrieben werden, bestehen weder vorvertragliche Offenlegungspflichten noch eine vorvertragliche Aufklärungssituation. Die BaFin geht davon aus, dass dies für die Europäische Kommission offensichtlich ist und sich die Antwort dementsprechend auf die zu erfüllenden Pflichten konzentriert.

Fazit: Sowohl die BaFin als auch alle Marktteilnehmer bewegen sich derzeit auf ähnlich unsicherem Grund. Im Dialog – auch mit der Europäischen Kommission – werden nach und nach wichtige Fragen geklärt. Dazu zählt nicht zuletzt die Frage, ob die vollständige Anwendung der Offenlegungsverordnung tatsächlich wie geplant ab 1. Januar 2023 erfolgen wird.

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