• DAX----
  • ES50----
  • US30----
  • EUR/USD----
  • BRENT----
  • GOLD----
Studie

Analysten-Studie: Auf der Suche nach dem Boden

Das Anlagesentiment für alle großen Volkswirtschaften bleibt weiter unter Druck, bei den Branchen ergibt sich ein deutlich gemischteres Bild. Das zeigt die Analyse der Finanzexperten-Zitate in Wall Street Journal, Financial Times und Handelsblatt von Media Tenor International (Zürich).

25.07.2022 | 12:10 Uhr von «Peter Gewalt»

Die Einschätzungen von Chancen und Risiken für einzelne wichtige Aktien bleibt weiter in Bewegung. Das zeigt die aktuelle Untersuchung des Analysten-Meinungsklimas in internationalen Finanzmedien wie dem Wall Street Journal oder der Financial Times durch das Zürcher Medienanalysehaus Media Tenor International. „Der Vergleich der Analystenbewertungen im zweiten Quartal zum Vorjahreszeitraum zeigt teilweise starke Neuausrichtungen im Sentiment“, so Matthias Vollbracht, Leiter Research bei Media Tenor. Für den Ländersentiment-Vergleich liegen ersten Trenddaten für den Juli vor. „Die ersten Wochen im Juli stehen im Zeichen der Energie-Unsicherheit aufgrund der Nord Stream 1-Wartung“, so Vollbracht. „Aber wenn sich der Trend manifestiert, könnte es sein, dass die Märkte den Boden noch nicht gefunden haben“. Für China hat sich das Sentiment gegenüber Q2 nochmals leicht verschlechtert, auf nun -50 Punkte. Für die Eurozone ist das Sentiment ebenfalls noch einmal abgerutscht, auf -54. Auch für Deutschland, Japan und die USA ist das Analystenmeinungsklima gesunken.

Mit Blick auf einzelne Sektoren sind die ersten Trendsignale aus dem Juli gemischt. Für die wichtige Automobilbranche bleibt der Sentiment unverändert bei +8, was deutlich über der Corona-Zeit liegt. Bei den Banken schlägt die negative Stimmung dagegen voll durch, auch mit Blick auf den Bau sind die Analystenzitate im Juli erheblich negativer. Für Technologiewerte ist das Sentiment dagegen stabil für zyklischen Konsum/Reise haben sich die Einschätzung vor dem Hintergrund von Inflationssorgen und niedrigerem Wachstum deutlich verschlechtert.

Erfolgreiche Anlagestrategie in Aktien ist daher mehr denn je vom genauen Blick auf einzelne Titel abhängig. Dazu eine umfangreichere Betrachtung des Sentiments im zweiten Quartal 2022 gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Im Autosektor geht der ewige Wettstreit zwischen den Luxusherstellern aus Stuttgart und München derzeit klar für die Baden-Württemberger aus. „Das Sentiment für BMW hat sich von Q2 2021 zu Q2 2022 von -19 auf -33 verschlechtert; für Mercedes ging es in der gleichen Zeit von +7 auf +67 nach oben“, so Vollbracht. Ein möglicher Hintergrund ist die unterschiedliche Elektrostrategie. BMW hat angedeutet, noch längere Zeit parallel an verschiedenen Antriebstechniken zu arbeiten. Das Sentiment zu Volkswagen bleibt auf hohem Niveau stabil (+ 50 / + 53), trotz der Diskussionen um die mögliche Probleme bei der Softwareentwicklung. Und der Platzhirsch bei den Elektroauto-Herstellern? Mit +10 / + 12 sehen die Analysten nicht, dass Tesla überproportional von der boomenden Nachfrage profitiert. Dahinter kann indes auch stecken, dass Vorstandschef Elon Musk mehr als einmal die Investorencommunity auf dem falschen Fuß erwischt hat.

Lockerungen bei den Corona-Einschränkungen haben den Luftverkehr weltweit wieder befördert, der Krieg in der Ukraine die Nachfrage nach Rüstungsgütern stark erhöht. Trotzdem spricht das Analystensentiment nicht für einen ungefilterten Run auf Luftfahrt- und Rüstungsbauer-Titel. „Während sich das Meinungsklima zu Airbus von -25 auf +10 verbessert hat, hat es sich bei Boeing im gleichen Zeitraum von -20 auf -75 verschlechtert“, so Vollbracht. Lediglich beim Nebenwert Rheinmetall ist ein starker Sprung nach oben zu sehen. Nachfrage allein sorgt noch nicht für nachhaltigen Gewinn und offenbar sind manche Profis noch skeptisch, ob Boeing sich erfolgreich intern neu aufgestellt hat.

Im Finanzsektor fallen die Trends für einzelne Aktien stark auseinander. Zeigten sich im Q2 2021 Analysten noch erfreut und zuversichtlich über die Entwicklung bei der Deutschen Bank (+35), so liegt der Sentimentwert aktuell bei -50, ein Absturz von 85 Punkten. Bei der Credit Suisse war die Skepsis bereits im letzten Jahr erheblich (-33), im abgelaufenen Quartal hat sich der Wert auf -76 verschlechtert, ein Ausdruck starker Vorbehalte. Der Primus im Schweizer Markt, die UBS, verbesserte sich dagegen von +29 auf +63 und wird damit von den zitierten Analysten klar favorisiert. Die französische BNP Paribas konnte im zweiten Quartal 2021 noch stark bei den Analysten punkten (+83) und rutsche im zweiten Quartal diesen Jahres in den negativen Bereich (+14). Die Deutsche Bank profitiert aus Sicht der Finanzprofis von der Volatilität an den Märkten, das Sentiment hat sich von +43 auf +81 verbessert.

Noch ein Blick auf Handel und Technologiewerte. China war im ersten Halbjahr mit brachialen Covid-Restriktionen und Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen negativ konnotiert, auch in den Zitaten der Finanzexperten. Im Schatten dieser Meldungen hat sich das Sentiment zu Alibaba von -33 auf +22 deutlich verbessert. Bei Amazon wachsen die Bäume bildlich gesprochen nicht mehr in den Himmel : nach dem Extra-Wachstum durch die Corona-Pandemie hat sich das Sentiment von +44 auf +36 verringert. Schlimmer ist es dem deutschen Modehändler Zalando ergangen, hier stürzte das Sentiment von +40 auf -85 Punkte. Im Technologiesektor hat sich die Stimmung für Apple verbessert (von +25 auf +36), das gilt auch für Microsoft (von +15 auf +63). Verlier sind unter anderem Meta/Facebook (von +26 auf -28) und Netflix (von +42 auf -51). Eine Neuausrichtung der Portfolios statt „sell in May“ scheint daher die angeratene Strategie zu sein und mit schlichten ETF-Investments könnte es nach Ansicht der zitierten Analysten schwierig werden: hier ging das Sentiment von +55 auf -8 runter.

Insgesamt wurden 23.812 zitierte Analystenaussagen ausgewertet.

Diesen Beitrag teilen: