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Hans-Peter Rathjens, Cominvest: "Aktien sind derzeit attraktiver als Anleihen"

Hans-Peter Rathjens ist begeistert von seinem Job: "Bond-Management ist sexy", sagt der Renten-Chef von Cominvest Asset Management. Gegenüber FundResearch erklärt Rathjens, warum er den Rentenmarkt für teuer hält, wieso er eine Vorliebe für Wandelanleihen hat und warum er deutsche Aktien mag.

11.04.2005 | 13:37 Uhr

"Beim Begriff Experte bin ich etwas skeptisch"

FundResearch: Herr Rathjens, Sie sind Experte für den Bondmarkt. Worauf müssen Anleger sich in den nächsten Monaten einstellen?

Rathjens: Beim Begriff Experte bin ich zunächst immer etwas skeptisch. Keiner der Experten hat vorhergesehen, daß die Titanic sinkt, oder daß die Wiedervereinigung gelingt. Auch an den Kapitalmärkten gibt es jedes Jahr ein bis zwei Überraschungen, die die Märkte mitbestimmen.

FundResearch: Nämlich?

Rathjens: 2000 haben die vermeintlichen Fachleute beispielsweise geglaubt, wir hätten eine "neue Welt" bei Aktien. Dem war aber nicht so. Ich kann allerdings einige Argumente zu den relevanten Marktfaktoren liefern und daraus Schlußfolgerungen für die Renten- und Aktienmärkte ziehen.

"Es ist eine Illusion zu glauben, daß wir uns vom US-Bondmarkt abkoppeln könnten"

FundResearch: Stichwort Renten: Welche Chancen bieten Euro-Staatsanleihen?

Rathjens: Bei den Renditen für Euroland schauen wir zuerst auf die USA. Denn es ist eine Illusion zu glauben, daß wir uns von den USA abkoppeln könnten. Kurzfristig ist das möglich. Auf längere Sicht hängen die USA und Euroland aber zusammen wie ein Gummiband, das zu stark gedehnt wurde.

FundResearch: Wie schätzen Sie demzufolge den US-Rentenmarkt ein?

Rathjens: In den vergangenen Jahrzehnten lag die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen immer über dem nominalen Wirtschaftswachstum. Seit ein bis zwei Jahren sehen wir ein umgekehrtes Verhältnis.

"Der Rentenmarkt ist teuer"

FundResearch: Bleibt das so?

Rathjens: Nein, wir glauben das nicht. Bei aktuell 4,5 Prozent sind die zehnjährigen US-Renditen fundamental zu niedrig. Für 2005 erwarten wir, daß die US-Wirtschaft um 3,0 bis 3,5 Prozent wächst. Legt man den Maßstab der Vergangenheit an, liegt das faire Niveau zehnjähriger US-Treasuries bei fünf Prozent oder mehr. Mit anderen Worten: Der Rentenmarkt ist teuer.

FundResearch: Was bedeutet das nun für Staatsanleihen aus Euroland?

Rathjens: Wenn die USA 100 Basispunkte vorlegen, dürften die Euroland-Renditen um 70 Basispunkte nachziehen. Denn unser Wirtschaftswachstum ist mit zwei Prozent niedriger als das der USA.

"Der Ölpreis ist eine ganz kritische Größe für die Weltkonjunktur"

FundResearch: Inwiefern belastet der hohe Ölpreis die Konjunktur?

Rathjens: Der Ölpreis ist eine ganz kritische Größe für die Weltkonjunktur. Falls Öl noch teurer wird, sehe ich die Gefahr einer Welt-Rezession. Sonst mache ich mir keine Sorgen.

FundResearch: Ein hoher Ölpreis sorgt andererseits für steigende Inflationsraten.

Rathjens: In Euroland dämpft der starke Euro den Ölpreisanstieg. Aber die Erzeugerpreise auf der Vorleistungsstufe der Industrie steigen schon um drei bis vier Prozent. Die EZB wird daher zunehmend nervös und steht Gewehr bei Fuß.

"Die Inflation muß nicht immer niedrig bleiben"

FundResearch: Was heißt das konkret?

Rathjens: Für Mitte 2005 rechnen wir mit einer Leitzinserhöhung der EZB. Dennoch bleibt die Geldpolitik derzeit auf eine Reflationierung ausgerichtet. Die Inflation kann also wieder steigen und muß nicht immer niedrig bleiben. Inflation Linked Bonds bieten aber einen Schutz, weil der Zinskupon und die Rückzahlung an höhere Inflationsraten angepaßt werden.

FundResearch: Wie gehen Sie bei klassischen festverszinslichen Papieren vor?

Rathjens: Wir setzen in unseren Rentenportfolios auf kurze Laufzeiten. Zehnjährige Anleihen kaufen wir nicht, schon gar nicht 50-jährige Staatsanleihen aus Frankreich, die nur vier Prozent Rendite bringen. Unser Fokus liegt auf vierjährigen Bonds, sie bieten das beste Rendite-/Risiko-Verhältnis.

"Bei High-Yield-Bonds wird das Risiko nicht angemessen entlohnt"

FundResearch: Was halten Sie von High- Yield- und Emerging-Markets-Bonds? Zuletzt konnte man damit viel verdienen.

Rathjens: Diese Titel hätte man ab Herbst 2002 haben müssen, als sie keiner anfassen wollte. Derzeit raten wir hier zu einer AA-Strategie, sprich zu einem "aggressiven Abwarten". Denn die Renditeaufschläge werden steigen, falls die Renditen von US-Staatsanleihen anziehen. Daher ist es besser, eine Korrektur abzuwarten. Im übrigen bieten High-Yield-Bonds, also die sogenannten Schrottanleihen, nur noch sechs Prozent Rendite. Damit wird das Risiko nicht angemessen entlohnt.

FundResearch: Sie galten bisher immer als Anhänger von Wandelanleihen.

Rathjens: Daran hat sich auch nichts geändert. Denn bei steigenden Aktienkursen kommt bei der Wandelanleihe zunehmend der Options-Bestandteil zum Tragen. Bei fallenden Aktienkursen schützt der Bondfloor gegen zu starke Kursverluste. Kurzum: Bei Wandelanleihen ist die Asset Allokation per genetischem Code eingebaut.

"Ein bißchen Zittern gehört bei Aktien natürlich dazu"

FundResearch: Wie sieht der Bond-Mann Rathjens eigentlich den Aktienmarkt?

Rathjens: Da muß ich kapitulieren. Aktien sind derzeit relativ attraktiver als Bonds. Und die Strategie, auf die im Verhältnis günstigere Asset-Klasse zu setzen, hat bisher immer gut funktioniert. Euroland ist dabei am attraktivsten. Vor allem die deutschen Unternehmen sind besser als viele glauben, da gibt es viele stille Stars. Zudem sind Aktien nach unten gut abgesichert - aber letztlich gehört ein bißchen Zittern bei Aktien natürlich dazu.



Zur Person: Dr. Hans-Peter Rathjens

Hans-Peter Rathjens (48) stammt aus Osterrade in Schleswig-Holstein und studierte Nationalökonomie in Hamburg. Nach der Promotion ging er 1987 zur WestLB, wo er ab 1990 im Bond Research arbeitete. Seit 1995 ist Rathjens bei der Cominvest, zunächst als Fondsmanager, seit 1999 als Leiter des Portfolio Management Bonds.

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