Aktienjahr 2013?

Bewertungsniveau von Schwellenländer-Aktien nach wie vor attraktiv. Dow-Jones-Allzeithoch trotz nur moderater Wachstumsaussichten.

04.04.2013 | 07:45 Uhr von «Patrick Daum»

Die Aktienexperten von J.P. Morgan Asset Management sind überzeugt: In diesem Jahr lohnt es sich, in Schwellenländer-Aktien zu investieren. George Iwanicki, Emerging-Marktes-Makrostratege der Bank, glaubt, dass sich drei Faktoren, durch die Risikoanlagen in den letzten Jahren negativ beeinträchtigt wurden, inzwischen deutlich abgeschwächt haben: „In Europa hat die Wahrscheinlichkeit von Extremereignissen – trotz der aufflackernden Krise in Zypern – nachgelassen, nachdem die Europäische Zentralbank das Finanzsystem großzügig mit Liquidität flutete.“ Zudem habe die chinesische Wirtschaft eine harte Landung verhindern können und komme nun langsam wieder in Fahrt. „Und nicht zuletzt lassen die USA trotz langwierigem Haushaltsstreit und verbleibender Ungewissheit bezüglich des Staatsdefizits konkretere Anzeichen dafür erkennen, dass die Krise am dortigen Wohnungsmarkt zu Ende ist und die Wirtschaft bald nicht mehr bremsen wird“, sagt Iwanicki.

Schwellenländer hatten zyklische Probleme

Durch diese Faktoren seien die Bewertungen für Aktien in den Schwellenländern nach wie vor attraktiv und mit einem Kurs-Buchwert von 1,5 bis 1,8 in einem Bereich, der als verhältnismäßig günstig bezeichnet werden könne. „Allerdings befinden sich die Bewertungen bereits seit zwei Jahren auf diesem Niveau“, räumt Iwanicki ein. „Trotzdem zeigen die Märkte eine eher schwache Performance.“ Die Hoffnung auf steigende Aktienmärkte zieht der Experte daher aus dem erwartungsgemäß stärkeren BIP-Wachstum in den Schwellenländern im Vergleich zu den Industriestaaten. Dadurch sollten auch die Unternehmensgewinne steigen. „Ein Blick auf die Lohnentwicklung zeigt, dass die Steigerung in den letzten Jahren in der Regel dem BIP-Wachstum entsprach, so dass für die Gewinnspannen in Schwellenländern kein dauerhaftes und langfristiges Problem entstanden ist“, sagt er. Die in den letzten beiden Jahren schwächeren Gewinne führt Iwanicki daher auf in erster Linie zyklische und nicht auf strukturelle Probleme zurück. Der Effekt dürfte nachlassen, wenn das Wachstum in den Schwellenländern wieder anzieht. „Wir gehen davon aus, dass sich dann die Rentabilität verbessert und die Gewinne dem Markt wieder Rücken- statt Gegenwind bescheren“, glaubt der Makrostratege.

Ende der Aktienrallye in China und Hongkong

Nicht ganz so optimistisch wie Iwanicki bewertet Chris Adams, Asienexperte bei HSBC Global Asset Management, zumindest die asiatischen Schwellenmärkte. Insbesondere in China und Hongkong führt er das Ende der Aktienrallye auf die Sorgen der Marktteilnehmer über die europäische Schuldenkrise und den US-Haushaltsstreit zurück. Dennoch hält er den chinesischen Aktienmarkt im historischen Vergleich für immer noch günstig. Für Hongkong sprächen die stabilen Wirtschaftsdaten: „Der Konsum hat zugenommen und die Arbeitslosenrate ist niedrig“, so Adams. „Zudem attestieren die Analysten bessere Gewinnperspektiven für die Unternehmen und gehen von Wachstum in allen Sektoren in diesem Jahr aus.“ Für Unternehmen beider Länder erwartet er in der kommenden Bilanzsaison weitere Heraufstufungen. In Indien sollte jedoch zwischen den Sektoren unterschieden werden: „Wir behalten unsere positive Beurteilung für zyklische Sektoren im Gegensatz zu defensiven bei“, so der Asienexperte. Maßgeblich dafür seien die großen Bewertungsunterschiede. Dass die Regierung endlich Reformmaßnahmen ergreife, die Inflationsrate falle und es eine anhaltende Phase geldpolitischer Lockerung gebe, werde sich positiv auswirken. „Leitzinssenkungen treiben die Aktienmärkte weiter nach oben und dürften der Wirtschaft helfen, in den kommenden beiden Jahren auf ihr hohes Wachstumstempo von mindestens acht Prozent jährlich zurückzukehren“, erwartet Adams.

Dow Jones mit Allzeithoch

Bisher stehen 2013 aber US-Aktien im Mittelpunkt: „Mitte März schaffte der Dow Jones zum ersten Mal seit 2007 wieder ein Allzeithoch“, bemerkt Dr. Ernst Konrad, Geschäftsführer der EYB & Walltwitz Vermögensmanagement GmbH und Fondsmanager des Phaidros Funds. Allerdings liefen die Aktienmärkte der globalen wirtschaftlichen Entwicklung voraus. „Die Konjunktur in den USA kommt anscheinend nicht richtig in Schwung, die Eurozone befindet sich immer noch oder schon wieder in der Rezession und selbst das Wachstum in den Schwellenländern ist nicht mehr so dynamisch wie noch im letzten Jahr“, relativiert er die Einschätzung von Iwanicki. Konrad hält den Aktienmarkt für einen der besten Frühindikatoren für die konjunkturelle Entwicklung. „Interessanterweise wurden aber trotz des neuen Allzeithochs im Dow Jones die Wachstumsaussichten in den USA in den letzten Wochen nach unten revidiert.“ Neben dem schwelenden Haushaltsstreit sei dies insbesondere der Struktur der Kursbewegung geschuldet. Denn diese werde angeführt von den wenig konjunkturaffinen Sektoren mit stabiler Dividende wie Pharma oder Nahrungsmittel. Die Hoffnung auf bessere Wirtschaftsdaten sollte eigentlich für die Outperformance zyklischer Aktien, z.B. aus dem Rohstoffbereich, sorgen. „Die jüngste Aktienmarktrallye ist damit weniger Ausdruck eines neuen Aktienbooms in der Hoffnung auf dynamisches Wirtschaftswachstum, als vielmehr die (verzweifelte) Suche nach Rendite“, analysiert Konrad. „Die beste Erklärung für die bisherige Stabilität der Aktienmärkte liegt in der Hoffnung, dass die Notenbanken nur sehr langsam ihre Geldpolitik verschärfen werden und es nicht zu einem Kursrutsch an den Anleihemärkten kommt“, glaubt der Fondsmanager. Diese Hoffnung müsste nachhaltig erschüttert werden, um die Aktienmärkte stärker unter Druck zu setzen. Zwar rechnet Konrad mit weiteren Rückschlägen, bevorzugt durch finanzpolitische Irritationen wie die Zypern-Krise oder den US-Haushaltsstreit. Europäische und US-amerikanische Aktien werde dies aber nicht davon abhalten, entgegen der schlechten konjunkturellen Stimmung nach oben zu klettern.

(PD)

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