Alternative Anlagen: Diese Oldtimer sind heiß begehrt
Der Oldtimermarkt boomt, Autoklassiker erzielen bei Auktionen Rekordpreise, was immer mehr Investoren anzieht. Doch nicht jedes alte Auto wird ein Renner. Was Berater wissen sollten.31.03.2022 | 08:20 Uhr von «Udo Trichtl»
Für viele Liebhaber ist er das schönste Auto aller Zeiten: der BMW 507. Lediglich 254 Exemplare des zweisitzigen Roadsters wurden zwischen 1956 und 1959 gefertigt, kaum jemand kam in den Genuss, diese Ikone des Automobildesigns zu lenken. Einer der Glücklichen: Elvis Presley. Der King of Rock ’n’ Roll kaufte 1958, kurz nach Antritt seines Militärdiensts in Deutschland, einen gebrauchten 507er vom Frankfurter Autohaus Wirth. Elvis ließ den Wagen von Weiß auf Rot umlackieren und einen V8-Motor mit damals üppigen 150 PS einsetzen.
Nachdem der Sportwagen lange unauffindbar in einer Lagerhalle in den USA verstaubte, wurde er restauriert, in den Originalzustand zurückversetzt und befindet sich heute im BMW-Museum in München. Er ist ein begehrtes Sammlerstück und langfristig der größte Performancetreiber im Oldtimer-Index (OTX) der Südwestbank, der die Wertentwicklung süddeutscher Klassiker misst. Der OTX legte seit 2005 um 452 Prozent zu. Von solchen Renditen können Aktieninvestoren nur träumen: Deutschlands Leitindex DAX kommt im selben Zeitraum nur auf gut die Hälfte.
Einst Hobby für Enthusiasten mit dem nötigen Kleingeld, tritt bei Sammlern nun mehr und mehr der Wirtschaftsfaktor in den Vordergrund. Investoren und Privatanleger drängen auf die vorderen Sitzplätze. Für sie runden Oldtimer als alternative Anlage das Portfolio ab. Sie weisen eine geringe Korrelation zu traditionellen Produkten wie Aktien oder Anleihen auf und bieten einen gewissen Inflationsschutz.
Ein weiterer Vorteil: Wer einen Oldtimer länger als ein Jahr in seinem Besitz hält, überschreitet die einjährige Spekulationsfrist und muss die Gewinne aus dem Verkauf nicht versteuern. Anders als Elvis sollten Fahrzeughalter, die ihren Wagen als Oldtimer anmelden wollen, nicht einfach einen beliebigen anderen Motor einbauen.
Ausschlaggebend, um das begehrte „H“ (für historisch) rechts auf dem Kfz-Kennzeichen zu erhalten, ist nämlich nicht nur ein Alter von mindestens 30 Jahren, sondern auch der Originalzustand. Das edle Blech darf zwar umgebaut werden, aber nur mit Originalteilen. So wurde etwa im Mai 2021 ein zeitgenössisch modifizierter BMW 507 im US-Auktionshaus Gooding & Company für 2,2 Millio- nen US-Dollar versteigert.
Allerdings ist das Risiko in eine Oldtimeranlage hoch. Der Wert des Wagens steigt nicht automatisch, sondern ist abhängig vom Zustand und aktuellen Trends. Noch dazu erwirtschaften historische Autos im Gegensatz zu Aktien oder Zinspapieren keine laufenden Erträge. Im Gegenteil, sie verursachen Kosten: etwa für die Kfz-Steuer, eine spezielle Versicherung, Wartung, Ersatzteile oder eine Garagenmiete. Für Oldtimerbesitzer sollte daher das Fahrvergnügen eine große Rolle spielen.
Wem es allein um die Rendite gehe, der sollte beim Kauf den Wert von 100 000 Euro nicht unterschreiten, rät Jens Berner, Oldtimerexperte bei der Südwestbank: „Das liegt daran, dass bei niedrigeren Fahrzeugpreisen die laufenden Kosten zu sehr ins Gewicht fallen.“ Die Kosten können zwar je nach Modell stark variieren, Berner nennt jedoch exemplarisch den Mercedes 190 SL (W121) mit 100 000 Euro Marktwert, bei dem man gut und gern 4000 Euro pro Jahr kalkulieren muss, sprich vier Prozent des Wagenwerts. Das muss die erhoffte Wertsteigerung erst einmal einspielen.
Wie bei jedem Investment gilt zudem die Regel: je höher das Startkapital, desto mehr kann man verdienen — oder verlieren. „Am internationalen Sammlermarkt sind vor allem Autos gefragt, die ‚fresh to the market‘ sind“, erklärt Frank Wilke, Geschäftsführer beim Oldtimer-Bewertungsunternehmen Classic Analytics. Tauchen Fahrzeuge dagegen immer wieder auf Auktionen auf, können sie sogar an Wert verlieren. Das zeigt der aktuelle Platz 5 in der derzeitigen Auktions-Top-Ten von Classic Analytics: ein Ferrari 275 GTB Competizione. Er kam 2021 für 7,7 Millionen US-Dollar unter den Hammer, sein Besitzer hatte drei Jahre zuvor aber 9,4 Millionen Dollar ge- zahlt. Wilke vermutet, dass der Rennwagen zu früh wieder angeboten wurde.
Exklusivität ist ein wichtiges Schlagwort am Markt für Sammlerautos. Besonders nachgefragt sind Fahrzeuge, von denen nur eine Handvoll produziert wurde und an die man nicht leicht drankommt. Das sind zum Beispiel Sport- und Rennwagen der 50er- und 60er-Jahre, die erfolgreich an internationalen Veranstaltungen teilgenommen haben, etwa am 24-Stunden-Rennen von Le Mans oder an den italienischen Tausend-Meilen-Rennen Mille Miglia. „Viele Oldtimerliebhaber behalten solche ‚Bluechips‘ aber sehr lange, weil sie einfach Spaß an ihnen haben“, sagt Wilke. Wer sich zu den glücklichen Besitzern eines solchen Oldtimers zählen darf, sollte also zu einer Langzeitbeziehung bereit sein.
Junge Emporkömmlinge. Zu welchen Modellen raten die Experten?
„Der historische Dauerbrenner schlechthin ist sicher der Mercedes 300 SL (W198) und hier besonders der Flügeltürer“, antwortet Jens Berner. „Es ist schwer vorstellbar, dass Oldtimer neueren Baujahrs jemals einen ähnlichen Ikonenstatus erlangen werden wie ein Mercedes 300 SL.“ Dessen Auktionspreise gehen allerdings in die Millionen. Preiswerter ist der Mercedes 190 SL (W121), der schon ab 100 000 Euro erhältlich ist. Auch Fahrzeuge aus den 80er- und 90er-Jahren wie der Golf II oder der Mazda MX-5 haben eine große Anhängerschaft. Diese kommen aber aufgrund des Preises von wenigen Tausend Euro als reines Anlageobjekt nicht infrage, sagt Berner.
Allerdings scheiden sich hier die Geister. Frank Wilke sieht das größte Renditepotenzial aktuell bei eben solchen Youngtimern. Das sind all jene Fahrzeuge, die zwar älter als 15, aber noch keine 30 Jahre alt sind. Anders als bei den Oldtimern gebe es hier noch echte Schnäpp- chen und viel Wertsteigerungspotenzial. Sein Tipp: analoge Sportwagen, bei denen die Elektronik nicht den Fahrspaß verdirbt. „Das klassische Liebhaberauto hat einen lauten Verbrennungsmotor und fühlbare Vibration wie der Porsche 911 Sport Classic oder GT2 und GT3.“ Hybrid und Elektro „wollen die Fans ein- fach nicht“, sagt Wilke. Das beweist auch das teuerste Auktionsauto 2021: ein McLaren F1 von 1995 für stolze 20,5 Millionen US-Dollar — ein Youngtimer.
Aber egal ob Old- oder Youngtimer: Interessenten sollten bei jedem Modell ein aktuelles Wertgutachten verlangen. Unter anderem um beurteilen zu können, ob der Kaufpreis angemessen ist. Es ist nicht zu verwechseln mit dem Oldtimer-Gutachten. Ein neutraler Sachverständiger prüft Lack und Leder, erstellt eine detaillierte Bewertung des optischen und technischen Zustands. Darüber hinaus soll das Wertgutachten Käufer vor Fälschungen schützen. Dafür nimmt der Gutachter auch die Fahrzeughistorie genau unter die Lupe. „Die Geschichte ist das A und O“, sagt Wilke.
Nur wenn die Vorbesitzer lückenlos dokumentiert sind, kann das Fälschungsrisiko minimiert werden. Vor allem teure und seltene Klassiker werden von Fälschern bis ins Detail mit zeitgenössischen Materialien nachgebaut. Um solche Fälschungen zu identifizieren, benötigen Sammler das geschulte Auge seriöser Händler und Auktionshäuser.
Hat man den Schlüssel schließlich in der Hand, darf der auch gern ins Zündschloss. Um Standschäden zu vermeiden, sollte der Oldtimer nicht einfach in der Lagerhalle verstauben, sondern auch tatsächlich bewegt werden. Dafür reichen wenige Hundert Kilometer im Jahr, verteilt auf mehrere Ausfahrten und stets bei bestem Wetter. Andernfalls steigt das Risiko für Standplatten, poröse Gummidichtungen oder korrodierte Bremsen.
Zwischen den Ausfahrten benötigt der Oldtimer eine sichere und vor allem trockene Unterkunft. Denn Nässe und Kälte sind der größte Feind des Oldtimers, führen mitunter zu Rost. Die optimale Luftfeuchtigkeit liegt bei 40 bis 55 Prozent. Die Temperatur sollte um die 15 Grad betragen. Das kann in der eigenen Garage gelingen.
Noch bessere Bedingungen bieten aber speziell dafür vorgesehene Oldtimerstellplätze, die man anmieten kann. Beachten Sammler diese Tipps, machen die Ikonen auf vier Rädern nicht nur dem Fahrer Spaß, sondern erfreuen womöglich irgendwann auch den Geldbeutel.
Zustandsklassen
Wer wissen möchte, ob sein Oldtimer im Originalzustand ist und wie viel er wert ist, sollte ihn bewerten lassen. Bei der Oldtimer-Bewertung vergeben Fachleute für die vier Komponenten Unterboden, Motorraum, Innenraum und Lackierung Noten. Auf Basis der Gesamtnote wird der Markt wert des Fahrzeugs ermittelt. Ein solches Wertgutachten kostet beim TÜV je nach Aufwand und Bundesland ab 300 Euro.
Anmerkung 1: Fahrzeuge der Spitzenklasse! Makelloser Zustand, keine optischen oder technischen Mängel, vollständige Fahrzeughistorie.
Anmerkung 2: Guter Originalzustand oder fachmännisch restauriert. Leichte Gebrauchsspuren.
Anmerkung 3: Gebraucht mit altersgerechten Spuren, jedoch voll funktionstüchtig.
Anmerkung 4: Fahrzeuge in verwendetem Zustand. Nur bedingt fahrbereit, sofortige kleinere Reparaturen erforderlich. Maximal leichte bis mittlere Durchrostungen.
Anmerkung 5: Nicht fahrbereite oder sogar komplett zerlegte Fahrzeuge in restaurationsbedürftigem Zustand. Hier sind große Investitionen notwendig.