Anleger flüchten aus Türkei-Fonds

Seit dem Putschversuch ist die türkische Wirtschaft in der Krise. Die Inflation steigt, die Währung bricht ein, die Ratingagenturen haben Türkei-Anleihen auf Ramschniveau herabgestuft. Türkei-Aktienfonds gehören zu den Verlierern der jüngsten Entwicklungen.

05.08.2016 | 11:45 Uhr von «Matthias von Arnim»

Auf der Jagd nach Kritikern und Gegnern seiner Politik hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan offiziellen Regierungsangaben zufolge bis jetzt mehr als Hunderttausend Polizisten, Richter, Beamte und Journalisten vom Dienst suspendiert und/oder verhaften lassen. Die Reisepässe von fast 75.000 Bürgern wurden für ungültig erklärt, um die Flucht von Verdächtigen ins Ausland zu verhindern. 

Vor den Augen der internationalen Öffentlichkeit bauen Erdoğan und seine AKP die Türkei in eine Diktatur um. Es gilt der Ausnahmezustand, der Präsident regegiert per Dekret ohne Opposition durch. Judikative und Exekutive werden derzeit konsequent von Regimekritikern befreit. Nun will Erdoğan auch die Wirtschaft in seinem Land „säubern“ und fordert seine Landsleute auf, verdächtige Unternehmer anzuzeigen.

Die konjunkturellen Bremsspuren sind schon jetzt deutlich zu sehen: Die in den vergangenen Jahren stabile türkische Wirtschaft ist seit dem gescheiterten Militärputsch im Krisenmodus. Die jährliche Inflationsrate stieg im Juli unerwartet stark auf 8,8 Prozent, zudem brach die Währung ein. Der Tourismussektor hat schon wegen der Terroranschläge massive Einbußen hinnehmen müssen. Die Ratingagentur Standard & Poor's bewertet die Türkei inzwischen als „Hochrisiko“-Land und hat Türkei-Anleihen auf Ramschniveau herabgestuft. 

Angesichts der prekären politischen Lage ist es nicht verwunderlich, dass Investoren Gelder aus der Türkei abziehen. Anleger von Türkei-Aktienfonds mussten allerdings nicht nur in den vergangenen Wochen Wertverluste hinnehmen. „Türkei-Aktienfonds haben sich bereits in den vergangenen Jahren eher unbefriedigend entwickelt“, urteilen die Analysten der Ratingagentur FERI. Der beste Fonds habe in den vergangenen drei Jahren 2,9 Prozent an Wert verloren, die zweit- und drittplatzierten immerhin 3,4 und 4,6 Prozent eingebüßt. Seit dem Putschversuch sind die Zahlen noch weiter ins Minus gerutscht. In der Jahres-, Zweijahres- und in der Dreijahresperformance stehen alle Fonds, die in türkische Aktien investiert haben, derzeit deutlich unter Wasser – allerdings nicht in gleichem Ausmaß. Die unterschiedliche Anlagestrategie der Fonds zahlt sich nicht nur hinter dem Komma positiv oder negativ aus.

Der beste unter den Verlierern: HSBC GIF Turkey Equity AC

Relativ gut im insgesamt negativen Umfeld hebt sich der HSBC GIF Turkey Equity AC (ISIN LU0213961682) von der Konkurrenz ab. Der nach Anlagevolumen bemessen zweitgrößte Türkei-Fonds hat in den vergangenen zwölf Monaten rund zehn Prozent an Wert verloren. Auch in der Zweijahres- und Dreijahresperformance führt der HSBC-Fonds das Türkei-Ranking an. Der Vorteil des Fonds liegt vielleicht darin, dass das Fondsmanagement neben türkischen auch Aktien von Unternehmen aus anderen Ländern kaufen kann, die überwiegend in der Türkei tätig sind. Zudem sind Unternehmen, die nichtzyklische Konsumgüter produzieren, mit rund 15 Prozent Anteil im Portfolio vergleichsweise hoch gewichtet.

Allerdings trägt der Fonds auch ein Risiko in sich: Zu den zehn größten Positionen im Fonds gehören die vier Banken Turkiye Garanti, Akbank, Yapi Ve Kredi und Turkiye Vakiflar. Der Finanzsektor macht insgesamt 41 Prozent des Portfolios aus. Die Forderung Erdoğans an die Banken, Immobilienkredite zu verbilligen, dürfte in den betreffenden Konzernzentralen nicht gut angekommen sein. Wie das Fondsmanagement damit umgeht, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.

Der Pechvogel unter den Verlierern: PARVEST Equity Turkey C

Vom Fondsvolumen her vergleichbar mit dem HSBC GIF Turkey Equity AC, in der Performance jedoch abgeschlagen, rangiert der PARVEST Equity Turkey C (ISIN LU0265293521). Anders als der HSBC-Fonds konzentriert sich der PARVEST-Fonds ausschließlich auf türkische Aktien. Mit einem Anteil von rund 16 Prozent hat der Fonds vergleichsweise viele Industriewerte im Portfolio – fast doppelt so viel wie der HSBC-Fonds. Je nachdem, wie sich die türkische Wirtschaft in den kommenden Monaten entwickeln wird, könnte dieser Baustein ein Trumpf im Portfolio sein. Sicher ist es leider – wie so Vieles im Moment – leider nicht.

(MvA) 

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