Ansturm auf Alternativen
Strategie: Auf der Suche nach stabiler Rendite wenden sich vermögende Investoren immer häufiger den Private Markets zu. Das sind die wichtigsten Trends und Investments.17.03.2022 | 07:06 Uhr von «Gerd Hübner»
Privatmarktanlagen, nicht an der Börse gehandelte Investments, sind en vogue. Seit 2010 sind die Zuflüsse in wozu neben Private Equity auch die private Kreditvergabe an Firmen, das sogenannte Private Debt, sowie Immobilienfinanzierung oder Infrastruktur investments zählen, bis 2019 laut dem Private-Markets-Report von McKinsey jedes Jahr gestiegen. Und auch wenn die Zuflüsse 2020 pandemiebedingt zu rückgingen, insgesamt hat das weltweit verwaltete Vermögen in dieser Assetklasse einen neuen Höchststand bei 7,4 Billionen Dollar erreicht.
Der Grund für diese steigende Nachfrage ist das Niedrigzinsumfeld. Ein klassisches Portfolio aus 60 Prozent Aktien und 40 Prozent globalen Anleihen warf zwischen 1990 und 2020 nach Berechnungen der UBS im Schnitt etwa 7,7 Prozent pro Jahr ab. Künftig dürften es, weil die Anleihekomponente kaum noch Ertrag bringt, am US-Markt aber nur noch rund 5,5 Prozent sein. Für Anleger hierzulande, die auf Bundesanleihen setzen, dürfte es eher noch weniger sein.
Es besteht zwar die Möglichkeit, das Geld, das sonst in sicheren Anlagen steckt, in hochverzinsliche Anleihen oder Aktien umzuschichten, das aber erhöht die Volatilität und das Risiko im Fall von starken Marktturbulenzen. „In Zeiten hoher Unsicherheit können Alternative Investments gegenüber traditionellen Anlagen Vorteile wie signifikante Diversifikationseffekte, eine stabile Entwicklung und ein attraktives RenditeRisiko-Profil bieten“, erklärt Hubertus Theile-Ochel, Geschäftsführer von Golding Capital Partners.
Attraktives Renditepotenzial
Diese Sichtweise bestätigt eine aktuelle Umfrage von Wealthcap unter 250 Investoren mit einem Anlagevolumen von mindestens 100 000 Euro. Demnach halten rund 40 Prozent der Befragten Private Equity in Krisenzeiten für rentabler als Aktien, wobei sie insbesondere das Renditepotenzial und den Diversifikationseffekt der Anlageklasse für das Portfolio schätzen.
Zunehmende Beliebtheit verzeichnen aber auch private Immobiliendarlehen. „Tatsächlich“, sagt Maximilian Könen, Managing Director von Linus Digital Finance, „stellen wir eine steigende Nachfrage nach Real Estate Private Debt fest.“ Die Firma sammelt Gelder für Immobilienprojekte wie die Umwidmung bestehender Bauten ein. „Wir finanzieren so beispielsweise die Modernisierung oder den Umbau eines Bürogebäudes“, erläutert Könen. „Investoren bekommen für die Laufzeit, die üblicherweise bei 18 bis 24 Monaten liegt, eine laufende Verzinsung und die Rückzahlung des Kapitals am Ende.“
Laut den CIO-Schätzungen der UBS soll Private Real Estate auf Sicht der kommenden 15 Jahre rund 6,3 Prozent pro Jahr abwerfen. Bei Private Equity waren es laut dem US Private Equity Index von Cambridge Associates in den vergangenen 20 Jahren im Durchschnitt fast 10,5 Prozent pro Jahr. Und dort sol len auch künftig die durchschnittlichen Renditen liegen. Bei Private Debt sollen es etwa acht Prozent sein — auch deutlich über dem, was sichere Staats anleihen derzeit bieten.
Bessere Risikostreuung
Ein Grund für den höheren Ertrag: „Da durch die geringere Liquidität beim Handel dieser Assets die Preise solcher Beteiligungen seltener festgestellt werden, werden Anleger bei Private Equity oder Private Debt mit einer Illiquiditätsprämie kompensiert“, erklärt Könen. Dazu kommt noch etwas: Weil die Preise somit nicht börsentäglich schwanken, verändert sich auch deren Wert im Zeit ablauf nicht so stark wie die Kurse am Kapitalmarkt, die zudem stark durch kurzfristige Stimmungen getrieben werden. Das kann stabilisierend auf das Portfolio wirken.
Dazu kommt der Diversifikationseffekt. So können private Kredite eine Allokation in Emittenten und Branchen bieten, die über den Anleihemarkt nicht zugänglich sind. Ähnlich ist es bei Private Equity. Laut der UBS sind in den USA 95 Prozent der Unternehmen in privatem Besitz. „Über Private-Equity Fonds können sich Anleger an Firmen beteiligen, zu denen sie sonst keinen Zugang bekämen“, so Christian Funke von der UBS. „Das kann zu einer besseren Risikostreuung und mehr Stabilität im Portfolio führen.“
Illiquide Assets als Risiko
So reizvoll dies klingt, umsonst gibt es die Vorteile nicht. So sind Private Assets aufgrund ihrer Illiquidität kein gleichwertiger Ersatz für sichere Staatsanleihen. Eine Private-Equity oder Private-Debt Beteiligung läuft in der Regel über Fonds vehikel, die das Geld über einen Zeitraum von zehn Jahren oder mehr investieren. Diese vorzeitig zu verkaufen, geht, wenn überhaupt, nur mit hohen Verlusten. Dazu gibt es auch keine Garantie, dass am Ende der versprochene Ertrag realisiert wird. So können bei Private Debt Kredite ausfallen, Private-Equity-Zielfirmenkönnen im Zeitablauf an Wert verlieren oder gar in Konkurs gehen.
„Und schließlich hat die Geldflut der Notenbanken in den vergangenen Jahren zu massiven Zuflüssen in Privatanlagen geführt“, sagt Könen. „Das bedeutet, dass dort immer mehr Geld um die attraktivsten Anlagemöglichkeiten konkurriert und folglich die Preise zum Teil nicht mehr ganz günstig sind.“ Laut dem Datenanbieter Preqin erreichte das Dry Powder, das noch nicht investierte Kapital, bei nordamerikanischen Private Equity-Fonds im September 2020 fast 980 Milliarden Dollar — ein Rekordniveau. Damit wächst die Gefahr, dass Asset Manager Investments tätigen, die sie vor ein paar Jahren noch als unattraktiv empfunden hätten.
Und noch etwas gilt es zu berücksich tigen: Die Unterschiede zwischen den Fonds sind groß. Bei Private Equity liegt zwischen den besten und den schlechtesten Vehikeln laut dem McKinsey Report eine Renditedifferenz von 14,6 Prozentpunkten.
Zumindest aber bessert sich der Zu gang zu dieser Anlageklasse, der bislang vor allem vermögenden Investoren vor behalten war.
So gibt es mit Moonfare für Private Equity oder Linus Digital Finance für Real Estate Private Debt Anbieter, über die Anleger mit geringeren Summen investieren können. Eine andere Alternative sind die European Long Term Investment Funds, kurz ELTIF, die streng reguliert und transparenter als Geschlossene Fonds sind und die Welt der Private Markets ebenfalls für geringere Einstiegssummen eröffnen.
INVESTOR-INFO
FONDS FÜR ILLIQUIDE ANLAGEN - Per ELTIF in den Privatmarkt
Das 2015 von der EU erarbeitete Investitions-vehikel für illiquide Anlagen, der European Long-Term Investment Fund (ELTIF), bietet Privatanlegern einen regulierten, diversifizierten und transparenten Zugang zu Privatmarktbeteiligungen (zum Beispiel Infrastruktur, Private Debt oder Private Equity). Ein ELTIF muss in der Regel mindestens zehn verschiedene Vermögenswerte halten, maximal zehn Prozent sollten dabei in einem einzelnen Vermögenswert stecken. Mindestens 10 000 Euro müssen Anleger in diese neue Form der Geschlossenen Fonds investieren. Und: Wer weniger als 500 000 Euro Vermögen besitzt, darf maximal zehn Prozent seines Kapitals in einen langfristigen Investmentfonds anlegen. ELTIFS werden vermögenden Privatanlegern meist im Beratungsgeschäft bei Banken offeriert. Zu den aktivsten Anbietern gehören Amundi, Azimut, Blackrock, Commerz Real, Muzinich und die Partners Group.
PRIVATE-EQUITY-FIRMEN PER ETF - In die Dealmaker investieren
Der Private Equity Major Market Index des Züricher Anbieters LPX bildet die Wertent- wicklung der 25 größten börsengehandelten Beteiligungsgesellschaften weltweit ab. Mit einem ETF von Xtrackers (ISIN: LU0322250712) können Anleger partizipieren. Die großen Player der Branche wie KKR, Blackstone, Partners Group oder Carlyle Group sind mit jeweils um die zehn Prozent hoch im Portfolio gewichtet.