BlackRock-Experte: „Gehen auch short“

Exklusiv: Investment-Konferenz, FondsConsult Research AG: Ernesto Bettoni von BlackRock sucht die Alpha-Treiber.

26.06.2013 | 06:45 Uhr von «Patrick Daum»

„Die Emerging Markets sind auf der Agenda von praktisch jedem Anleger“, ist Ernesto Bettoni, Mitglied im Team für Schwellenländer-Anleihen bei BlackRock, überzeugt. Ob eine Investition erfolgreich ist, liege in großem Maße an dem jeweiligen Portfoliomanager. „Die Rolle jedes Portfoliomanagers ist es, seine Fondsregion zu kennen.“ BlackRock hat sie daher vor Ort, um ihre Expertisen auszubauen. „Das ist wichtig, man muss das Land und die Leute kennen“, sagt Bettoni. „Alpha lässt sich nur generieren, wenn man die Treiber kennt.“ Die Frage nach den Treibern stelle man sich bei BlackRock täglich. Dazu werden die Portfolios der Fonds in lokale und globale Themen unterteilt. Lokale Themen sind länderspezifisch und korrelieren üblicherweise nicht mit globalen Ereignissen. Solche Themen wären beispielsweise die Wahl des neuen Präsidenten in Venezuela, Nicolás Maduro, oder die Glaubwürdigkeit der russischen Zentralbank. Unter globalen Themen verstehen die BlackRock-Experten etwa Währungskriege, die EU-Staatsschuldenkrise oder verschiedene Formen von Geldpolitik in den Schwellenländern. „Wenn uns bei einem Land weder die lokalen noch die globalen Themen gefallen, dann gehen wir dort short“, so Bettoni.

Die Emerging Markets seien sehr anfällig für viele verschiedene Einflüsse, findet der Experte. „Im Prinzip ist die Analyse der Schwellenländermärkte mit der eines Sturms zu vergleichen“, erzählt er im Gespräch mit FundResearch. „Denn wie bei einem Hurrikan liegt der Fokus auf den wichtigen und dringenden Faktoren anstatt auf langfristigen Trends.“ Zudem seien Tempo und Stärke entscheidend – genau wie bei den Märkten. Die Analysten bei BlackRock legten viel Wert darauf, zeitnah Ereignisse zu bewerten: „Uns interessiert vor allem, was jetzt passiert und nicht, was in zwei Jahren passiert“, so Bettoni. „Für jedes Produkt, das wir managen, schauen wir uns den Ausblick für die nächsten sechs Monate an.“

Beispielhaft für die Schwellenländer-Fondspalette von BlackRock steht der BGF Emerging Markets Bond Fund (ISIN: LU0200680600). Der rund 850 Millionen Euro große Rentenfonds wurde im Oktober 2004 aufgelegt. Aktuell trägt er die €uro-FondsNote 3. Die Fondsmanager Michel Aubenas und Chris Kelly, die dem seit April 2012 verantwortlichen Sergio Trigo Paz unterstehen, können mit dem laufenden Jahr noch nicht zufrieden sein: Ihr Fonds verlor in den ersten fünf Monaten knapp 3,2 Prozent. Zum Vergleich: Der FINANZEN FundAnalyzer (FVBS)-Kategoriedurchschnitt „Rentenfonds Emerging Markets“ verlor im gleichen Zeitraum nur 1,13 Prozent. Dafür schafften es die Manager im vergangenen Jahr die Peergroup auszuperformen. Mit einer Wertsteigerung von fast 16,3 Prozent lagen sie mehr als drei Prozentpunkte über dem Durchschnitt. Auch über die vergangenen drei Jahre steht der BlackRock-Fonds mit einem Plus von knapp 30 Prozent deutlich besser da (Peergroup: 16,25 Prozent). Mit einer Volatilität von 6,74 Prozent ist der Fonds jedoch vergleichsweise risikoreich. Die Sharpe Ratio von 1,19 ist top.

Auf Länderebene sind Aubenas und Kelly breit diversifiziert. Russland ist mit 9,2 Prozent am stärksten allokiert (Stand: 30. April 2013). In der Türkei investieren sie 9,2 Prozent des Fondsvolumens und in Mexiko 8,3 Prozent. Mit 51,5 Prozent besitzen mehr als die Hälfte aller Anleihen im Portfolio ein BBB-Rating. Reine Investment-Grade-Anleihen machen 64 Prozent aus.

BGF EM Bond Fund: Schwächer als die Benchmark aber Outperformance zur Peergroup

Quelle: FINANZEN FundAnalyzer (FVBS) 

 

FundResearch sprach mit Sergio Trigo Paz, Fondsmanager des BGF Emerging Market Bond, über die Lage der Schwellenländer, seinen Fonds und die Investmentstrategie.

FundResearch: Herr Trigo Paz, viele Experten sehen die Schwellenländer derzeit auf einem absteigenden Ast. Weltweit sind die Zinsniveaus auf extrem niedrigen Niveaus angekommen. Die Aktienmärkte hingegen geben Gas. Warum sollten Anleger in dieser Situation in Schwellenländer-Anleihen investieren?

Sergio Trigo Paz: Die Anleihemärkte vieler Schwellenländer stehen vor Herausforderungen: Angesichts der herausragenden Kurssteigerungen in den vergangenen Monaten sind die Renditen zurückgegangen. Zum zweiten fällt Ländern wie Brasilien oder der Türkei die Finanzierung leichter, so dass sie Anlegern weniger Zinsen bieten müssen. Und nicht zuletzt schlägt auch die Niedrigzinspolitik der Notenbanken in Europa, Japan und den USA auf die Schwellenländer durch – das Geld aus den Notenpressen kommt über die Rohstoffmärkte und Währungszuflüsse früher oder später auch in den Schwellenländern an.

Im Vergleich zu klassischen Staatsanleihen jedoch bleiben Emerging-Markets-Bonds eine attraktive Alternative. So liegt zum Beispiel die Rendite des GBI-EM Global Diversified Index von JP Morgan, der Schwellenländeranleihen in lokalen Währungen umfasst, bei momentan 5,5 Prozent.

Vor allem der noch relativ junge Bereich der Emerging-Market-Bonds, die auf lokale Währungen lauten, ist interessant. Mit diesen Papieren können Investoren zusätzlich davon profitieren, dass die Währungen der Schwellenländer aufwerten. In den Jahren 2004 bis 2012 machten Währungsgewinne drei Fünftel der Gesamtrendite von Lokalwährungsanleihen aus Schwellenländern aus.

Doch nicht nur die Rendite spricht für Schwellenländer-Anleihen. So hat sich die Schuldnerqualität von Schwellenländeranleihen in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Beispielsweise liegt der Anteil von Papieren mit Investmentgrade im J.P. Morgan EMBI Index derzeit bei rund 60 Prozent. Im Jahr 2007 waren es nur 40 Prozent.

FundResearch: Wie sieht die Analyse der einzelnen Schwellenländer in Ihrem Haus aus? Nach welchen Kriterien wählen Sie die Länder aus?

Sergio Trigo Paz: Unsere Daumenregel für die Auswahl von Schwellenländeranleihen lautet: Verschlechtert sich das Leistungsbilanzdefizit des emittierenden Staates, und liegen mehr als 50 Prozent der Schulden in ausländischer Hand, schauen wir genauer hin. Zudem achten wir auf die Präsenz fest vorhandener inländischen Kreditgeber wie Pensionsfonds. Fällt ihr Anteil hoch aus, kann das einen hohen Anteil ausländischer Investoren relativieren. Denn die lokalen Institutionen können einspringen, falls die ausländischen Geldgeber sich zurückziehen.

Ein Beispiel dafür ist Peru. Rund 58 Prozent der Schulden des lateinamerikanischen Staates liegen in ausländischen Händen. Insofern erscheinen peruanische Anleihen auf den ersten Blick nicht besonders attraktiv. Aber ein zweiter Blick lohnt sich: Denn die Vermögenswerte in lokalen Pensionsfonds machen mit rund 17 Prozent einen großen Teil der peruanischen Wirtschaft aus. Dies relativiert den hohen Anteil ausländischer Schuldner. Insofern belegt Peru im Staaten-Bonitätsranking des BlackRock Sovereign Risk Index Platz 18 von insgesamt 48. Damit schneidet der Staat besser ab als Großbritannien oder Frankreich. 

FundResearch: Der BlackRock-Fonds BGF Emerging Markets Bond investiert in Schwellenländer-Anleihen. Nach welchem Ansatz wird er gemanagt? Wie verläuft die Portfoliokonstruktion?

Sergio Trigo Paz: Der BGF Emerging Markets Bond Fund investiert mindestens 70 Prozent seiner Anlagen in Staats- und Unternehmensanleihen von Emittenten, die in Schwellenländern ansässig sind oder deren geschäftliche Aktivität überwiegend dort liegt. Wir investieren sowohl in Papiere mit Investment-Grade als auch in High-Yield-Bonds. Der Schwerpunkt unserer Positionen liegt auf  Staatsanleihen, die in US-Dollar denominiert sind. Insgesamt umfasst das Portfolio etwa 150 Positionen, der Baranteil liegt bei maximal zehn Prozent. Das Währungsrisiko wird flexibel abgesichert.

Bei der Auswahl der Papiere für unser Portfolio verfolgen mein Team und ich einen kombinierten Ansatz aus volkswirtschaftlicher Fundamental- und Unternehmensanalyse. Unser Investmentprozess basiert auf drei wesentlichen Informationsquellen: Die erste ist eine Szenario-Analyse, die auf Grundlage einer „globalen Wetterstation“ erfolgt. Die „globale Wetterstation“ ist ein hauseigenes quantitatives Analysetool, das uns hilft, die positiven oder negativen Effekte zu verstehen, die von so genannten „Stürmen“ ausgehen. Damit sind zahlreiche globale Treiber gemeint, die in unterschiedlichem Grad die Emerging Markets beeinflussen. Dieses Tool unterstützt unser Team darin, in kreativer Weise Szenarien zu analysieren, bevor wir ein „sturmgewichtetes“ Portfolio aufstellen. Die Szenario-Analyse erlaubt es, die Asset Allocation sehr flexibel zu gestalten und das Risikoniveau proaktiv anzupassen.

Die zweite Informationsquelle beruht auf der Formulierung von Investmentthemen auf Grundlage globaler und lokaler Treiber. Die dritte Quelle liegt in einem weltweiten Netzwerk lokaler Kontakte mit exklusiven Vor-Ort-Informationen.

FundResearch: Wie ist die Kostenstruktur des Fonds? Gibt es eine Management-Fee?

Sergio Trigo Paz: Die jährliche Management-Fee beträgt 1,25%, eine Performance Fee wird nicht berechnet.

FundResearch: Der Fonds läuft gut. Seit seiner Auflegung Ende 2004 hat er seinen Wert in etwa verdoppelt. 2013 ist bisher aber kein so gutes Jahr. Was ist los? Nur eine kurze Atempause oder eine Trendwende?

Sergio Trigo Paz: Eine Trendwende am Markt für Schwellenländer-Anleihen sehen wir nicht. Die jüngere Entwicklung ist im Wesentlichen auf zwei Faktoren zurückzuführen: Zunächst hat die Andeutung der US-Notenbank Fed im Mai, ihr Anleiherückkaufprogramm zurückzufahren, zu einem umfassenden Ausverkauf an den Finanzmärkten geführt, der nicht allein die Anleihemärkte, sondern auch die Aktienmärkte erfasst hat. Außerdem haben einige Investoren die starke Kursrallye bei Schwellenländeranleihen genutzt, um Gewinne mitzunehmen. 2012 gehörten Emerging-Market-Bonds zu den Anlageklassen mit den besten Wertentwicklungen. So beliefen sich die Renditen von Staatspapieren guter und sehr guter Bonität 2012 auf 13 bis 16 Prozent, bei High-Yield- und Unternehmensanleihen auf mehr als 20 Prozent.

(PD)

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