Corona-Hilfen für Unternehmer: Das müssen Berater wissen
Die Politik hat schnell reagiert, um die möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise zu minimieren. Der Erfolg ist ungewiss. Zudem werden durch die Maßnahmen auch neue Probleme geschaffen.27.03.2020 | 14:50 Uhr von «Christian Bayer»
Viel hilft viel?
Für die Unternehmen werden je nach Größe passende Hilfspakete geschnürt.
Während für Großkonzerne wie die Lufthansa Staatsbeteiligungen ins Auge gefasst
werden, sollen mittlere und kleinere Unternehmen durch Kredite und Zuschüsse Hilfe
bekommen. Am 18. März hat die Bundesregierung ein unbegrenztes Kreditprogramm
aufgelegt, um Unternehmen durch die Corona-Krise zu bringen. Die Hilfsmaßnahme
soll über die Hausbank der Kreditnehmer und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) abgewickelt werden. Die Prüfung des Kreditantrages liegt bei einer Summe
von bis zu drei Millionen Euro bei der Hausbank. Erst oberhalb dieses Betrags
führt die KfW eine eigene Prüfung durch. Offen ist, ob Unternehmen die beantragten
Kredite tatsächlich auch bekommen, denn ein Teil des Kreditausfallrisikos
bleibt bei der Bank. Je nach Kredit übernimmt die staatseigene KfW ein
Ausfallrisiko von maximal 90 Prozent des Kreditvolumens. Bei Gewährung der
Kredite ist eine der Voraussetzungen eine sogenannte positive
Fortführungsprognose. Dabei soll der Zustand des Unternehmens im Jahr 2019 beurteilt
werden. KfW-Chef Günther Bräunig gibt zu, dass man bei der Einschätzung der
Fortführungsprognose Annahmen über die Reaktivierung des wirtschaftlichen
Lebens nach dem Lockdown machen muss. Und genau diese Einschätzung kann aktuell
kaum treffsicher vorgenommen werden.
Großes Interesse
Jedenfalls ist das Interesse der Unternehmen an den Krediten groß. Bereits an
den ersten beiden Tagen nach Auflegung des Hilfsprogramms zum Wochenbeginn meldete
die KfW 76 Kreditanträge mit einem Gesamtvolumen von über 3,18 Milliarden Euro.
Auffallend dabei: Acht Anträge machten zusammen ein Volumen von 3,16 Milliarden
Euro aus. Der überwiegende Anteil der Kreditnachfragen bewegt sich aktuell in einer
Größenordnung von 20000-35000 Euro. Bräunig rechnet insgesamt mit etwa 20000
bis 100000 Anträgen. Hinsichtlich der Höhe der insgesamt nachgefragten Summe
wagt er allerdings keine Prognose, da es bislang für die Pandemie-Krise keinen
Präzedenzfall gegeben habe. Kritiker befürchten, dass durch das
Resthaftungsrisiko der Banken die notwendigen Kredite nicht ausgereicht werden.
Bräunig teilt die Befürchtung, dass Banken bei der Kreditgewährung
Zurückhaltung üben, nicht: „Letztlich haben die Banken bei den meisten Kunden
ja auch noch andere Kredite ausstehen und müssen ein großes Interesse daran
haben, dass das Unternehmen überlebt.“
Mitnahmeeffekte
Bei den geplanten Maßnahmen gilt es, Mitnahmeeffekte zu begrenzen, was
offensichtlich nicht immer gelingt. So hat der Sportartikelproduzent adidas
sich dafür entschieden, ab April für seine Filialen keine Miete mehr zu
bezahlen. Bei einem Großkonzern mit Cash-Beständen von knapp drei Milliarden
Euro laut Bilanz von 2019 ein eher fragwürdiges Vorgehen. Mittlerweile hat sich
bei den Mietzahlungs-Verweigerern unter den Unternehmen der Schuhverkäufer
Deichmann angeschlossen. In Deutschland können Vermieter ihren Mietern vorerst
nicht kündigen, wenn diese ihre Miete aufgrund der Corona-Krise nicht zahlen
können. Die Regelung gilt zunächst von April bis Juni mit einer
Verlängerungsoption bis September. Auch wenn die Miete bei ausbleibender
Insolvenz der Unternehmen im Nachgang gezahlt werden muss, fehlt den Vermietern
aktuell die Liquidität, um ihre Kredite zu bedienen oder beispielsweise
Handwerker zu bezahlen. Ein negativer Domino-Effekt ist dadurch
vorprogrammiert.
Vorsicht bei Zuschüssen
Vorsicht geboten ist bei möglichen juristischen Fallen im Zusammenhang mit Zuschüssen für Kleinunternehmer, die die Regierungen der Bundesländer anbieten. Interessenten sollten in jedem Fall das Kleingedruckte in den Antragsunterlagen lesen. Den Antragsformularen für Bayern ist beispielsweise zu entnehmen, dass vor Inanspruchnahme der Soforthilfe verfügbares liquides Privatvermögen eingesetzt werden muss. Ausgenommen ist die langfristige Altersvorsorge wie Aktien, Immobilien und Lebensversicherungen. Das Aufbrauchen des liquiden Privatvermögens muss auf dem Antrag eidesstattlich versichert werden. Konkret bedeutet das für die Kleinunternehmer, dass sie möglicherweise wegen Subventionsbetrug zur Rechenschaft gezogen werden, wenn die Angaben nicht wahrheitsgemäß gemacht werden. Die Frage ist nicht unberechtigt, ob mit diesen Maßnahmen nicht vorrangig Unternehmen gerettet werden, die schon vor der Krise kaum überlebensfähig waren.