Drei Boutiquen und ein Schwellenmarkt

Unterschiedliche Fondsboutiquen können auch unter einer gemeinsamen Dachmarke sehr eigenständig agieren. Das führt der Vermögensverwalter BNY Mellon eindrucksvoll vor.

21.10.2016 | 08:30 Uhr von «Matthias von Arnim»

BNY Mellon Investment Management ist in Deutschland ein Hidden Champion. Noch. Dabei zählt das Unternehmen mit einem verwalteten Vermögen von rund 1,7 Billionen US-Dollar zu den größten Vermögensverwaltern der Welt. Dass der Name trotzdem nicht auf Anhieb in einem Zug mit Blackrock, Vanguard oder Fidelity genannt wird, liegt wohl an der Produktpolitik von BNY Mellon. Denn der Asset Manager verfolgt einen Multi-Boutiquen-Ansatz mit 13 eigenständig geführten Fondsanbietern, darunter Namen wie Alcentra, Amherst oder Dreyfus, die zuweilen bekannter sind als BNY Mellon selbst. 

Wie selbständig die Boutiquen denken und agieren, wird am Beispiel der Emerging Markets Engagements der drei Boutiquen ARX Investimentos, Insight und Newton deutlich. Deren Investment-Strategen schätzen die wirtschaftliche Entwicklung einiger Schwellenländer sehr verschieden ein und agieren entsprechend unterschiedlich. Das wurde auf der jüngsten Emerging Markets Konferenz von BNY Mellon in Frankfurt deutlich, zu der die deutsche Vertretung des US-Vermögensverwalters eingeladen hatte.

Branchenselektion wird immer wichtiger

Einig waren sich die Referenten zwar grundsätzlich darin, dass viele der Schwellenländer langfristig von positiven Faktoren profitieren. Dazu zählen die demografische Entwicklung und eine in fast allen Schwellenländern wachsende Mittelschicht. Doch man müsse schon genau hinsehen, wo und wie man investiere. „China ist ein gutes Beispiel dafür, dass man sich auch in stark wachsenden Volkswirtschaften selektiv und sehr intensiv mit verschiedenen Branchen auseinandersetzen muss. Wenn die Flut kommt, werden dort nicht alle Boote gleichzeitig steigen“, sagt Robert Marshall-Lee von Newton Investment Management.

Newton setzt bei seiner China-Strategie gezielt auf Unternehmen mit disruptiven, zukunftsweisenden Technologien. „China will nicht mehr nur die Werkbank Europas und der USA sein. Cloud-Services, künstliche Intelligenz, Automatisierung und Big Data sind deshalb die Themenfelder, die auch die Entwicklung in China vorantreiben“, so Marshall-Lee. „Diese Markttrends haben wir erkannt und suchen im Rahmen unserer Investmentstrategie gezielt nach börsennotierten Firmen mit großem Wachstumspotenzial in den kommenden drei bis fünf Jahren“. Dazu zählt unter anderem China Biologic Products, ein hoch innovatives Unternehmen, das mit der Entwicklung und dem Vertrieb von Blutplasma schon jetzt hohe Gewinne erzielt. „China Biologic Products ist ein selbständiges Unternehmen ohne Staatsbeteiligung. Das spielt für uns übrigens grundsätzlich eine große Rolle, auch bei Märkten wie Russland oder Brasilien. Zu viel Staat bedeutet zu viel Risiko. Und genau das wollen wir vermeiden“, so Marshall-Lee. 

Nicht nur deshalb sei Brasilien in seinem Depot derzeit mit genau Null gewichtet. „Schlechte Staatsfinanzen gepaart mit hoher Korruption, negatives Wachstum, steigende Arbeitslosigkeit. Das sind derzeit keine einladenden Faktoren für ein Investment in Brasilien“, sagt Robert Marshall-Lee.

Brasilien: Anleihen statt Aktien 

Die Möglichkeiten, in Brasilien zu investieren, sollte man nicht nur aus dem Blickwinkel von Aktionären betrachten, meint Robert Simpson von Insight Investment. „Aus Sicht eines Aktionärs ist beispielsweise Petrobas nicht besonders attraktiv, aus Sicht eines Anleihe-Investors aber schon“, so  Simpson. „Für uns ist nicht interessant, ob der Petrobas-Kurs an der Börse steigt, sondern vor allem, ob und wie das Unternehmen seinen laufenden Verpflichtungen nachkommt. Und da bescheren beispielsweise neue Verträge mit China dem Unternehmen einen höheren Cashflow. Für einen  Anleihen-Investor ist das eine gute Nachricht “, so Simpson. 

Zwar seien Petrobas und andere Energie-Unternehmen wegen staatlicher Eingriffe nicht besonders profitabel gewesen, doch das ändere sich gerade, meint Alexander Gorra von ARX Investimentos, einer weiteren BNY Mellon Boutique. „In Brasilien spielt die Politik eine große Rolle. So hat die Regierung aus politischen Gründen in den vergangenen Jahren die Zinsen für Kredite künstlich gesenkt. Darunter hat der komplette Finanzbereich in Brasilien gelitten. Einige Banken mussten aufgeben oder fusionieren“, so Gorra. Doch die Zeit der politisch gewollten niedrigen Zinsen sei nun bald vorbei. „Die Banken, die übriggeblieben sind, sind quasi konkurrenzlos“, so Gorra. Als Beispiele nennt er Itaú und Bradesco. Allerdings müsse sich noch zeigen, ob der neue politische gute Wille tatsächlich auch zu konkreten Ergebnissen führe. „Die Hoffnung jedenfalls ist da“, sagt Alexander Gorra.

(MvA)

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