Goldpreis: Terminmarktprofis legen Atempause ein

An den Terminmärkten waren Gold-Futures laut aktuellem Commitments of Traders-Report der US-Aufsichtsbehörde CFTC unter großen Terminspekulanten zuletzt weniger stark gefragt.

23.03.2022 | 07:00 Uhr von «Jörg Bernhard»

Nach einer fünfwöchigen Phase mit verstärktem Kaufinteresse legten in der Woche zum 15. März große Terminspekulanten (Non-Commercials) eine Atempause ein, während Kleinspekulanten (Non-Reportables) deutlich optimistischer geworden sind. Reduziert hat sich in der Woche zum 15. März auch die Anzahl offener Kontrakte. Der sogenannte Open Interest ermäßigte sich gegenüber der Vorwoche von 638.500 auf 617.600 Futures (-3,3 Prozent). Bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten stellte sich im Berichtszeitraum ein moderates Wochenminus von 306.950 auf 297.400 Kontrakte (-3,1 Prozent) ein.

Unter großen Terminspekulanten gab es im Berichtszeitraum einen nachlassenden Optimismus zu vermelden, was vor allem auf das massive Reduzieren der Long-Seite um 17.900 Kontrakte zurückzuführen war. Deren Netto-Long-Position erfuhr dadurch ein Wochenminus von 274.400 auf 261.800 Futures (-4,6 Prozent). Unter kleinen Terminspekulanten (Non-Reportables) war indes eine wachsende Zuversicht auszumachen, schließlich hat sich deren Netto-Long-Position von 32.550 auf 35.650 Futures (+9,5 Prozent) deutlich erhöht. Die jüngste Entwicklung an den Terminmärkten lässt vor allem einen Schluss zu: Aktuell herrscht keine einheitliche Meinung über die weiteren Perspektiven des Goldpreises.

Im ETF-Sektor stellt sich die Lage etwas anders dar - hier dominieren weiterhin Kapitalzuflüsse das Marktgeschehen. Dies lässt sich besonders gut an der gehaltenen Goldmenge des weltgrößten Gold-ETFs SPDR Gold Shares ablesen, die sich aktuell auf 1.082,44 Tonnen beläuft. Damit nahm dessen Gewicht seit Ende Februar um 54,6 Tonnen und seit dem Jahreswechsel sogar um 108 Tonnen zu. In Europa gilt Xetra-Gold als gewichtigster Vertreter seiner Gattung. Während dem SPDR Gold Shares mehr als 270 Tonnen zu einem neuen Rekordhoch fehlen, bringt Xetra-Gold inklusive Buchgold (4,2 Tonnen) aktuell 241 Tonnen auf die Waage - so viel wie noch nie. In einem Punkt sind aber beide "Papiergold-Finanzprodukte" Barren und Münzen aus Gold unterlegen, schließlich bergen sie ein Kontrahentenrisiko. Anleger müssen nämlich darauf vertrauen, dass Goldbarren auch tatsächlich in ausreichender Form hinterlegt wurden und der Zugriff auf das Gold bzw. der Lieferanspruch auch im Krisenfall tatsächlich funktioniert.

Nachlassende Risikoaversion trotz Krieg gegen die Ukraine

Vom diesjährigen Jahreshoch ist der Goldpreis mittlerweile mehr als 100 Dollar entfernt. An den internationalen Finanzmärkten scheinen die verheerenden Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine mehr und mehr ausgeblendet zu werden. Trotz des Rücksetzers bewegt sich das gelbe Edelmetall jedoch weiterhin deutlich über seiner langfristigen 200-Tage-Linie, was in der Chartlehre als positiver Begleitumstand interpretiert wird. Um keinen chartinduzierten Verkaufsdruck auszulösen, wäre ein erfolgreiches Verteidigen der im Bereich von 1.900 Dollar angesiedelten Unterstützungszone sehr wichtig. Mit Blick nach oben wartet im Bereich von 1.950 Dollar die erste charttechnische Hürde. Sollte sie übertroffen werden, stellt der nächste Widerstand das bisherige Jahres- bzw. Rekordhoch oberhalb von 2.050 Dollar dar. Bleibt zu hoffen, dass nicht der erste von Russland angezettelte Krieg in Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs der Auslöser hierfür sein wird.

Dieser Artikel erschien zuerst am 22.03.2022 auf boerse-online.de

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