Investment-Tipp: Die besten Absicherungen gegen einen Kursabsturz
Short-ETFs locken als Alternative zu Optionen und Futures. Doch aufgrund ihrer Konstruktion sind diese ETFs im Gebrauch nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Dennoch kann ihr Einsatz für einige Investoren sinnvoll sein.09.01.2024 | 07:15 Uhr von «Stefan Toetzke und Edda Vogt»
Wie stabilisieren Investoren am besten ihr Portfolio, falls die Aktien- und Anleihemärkte erneut den Rückwärtsgang einlegen? Nicht nur Optionen oder Futures könnten eine Möglichkeit sein. Auch Short-ETFs bieten sich an, insbesondere für Portfoliomanager, die nicht mit Derivaten arbeiten dürfen.
Das Grundprinzip der Short-ETFs ist einfach: Fällt der dem ETF zugeordnete Index, steigt der Kurs des Short-ETF – und umgekehrt. So sind Short-ETFs eine günstige, transparente und regulierte Gelegenheit, in schwächeren Märkten zu verdienen. Short-ETFs sind damit im Prinzip eine Alternative zu Index-Futures am Terminmarkt. Doch so verlockend Short-ETFs im Bärenmarkt auf den ersten Blick erscheinen, bergen sie doch Fallstricke, die es zu beachten gilt.
An Xetra notieren aktuell zwölf Short-ETFs und sechs zweifach gehebelte Short-ETFs. Diese spiegeln die Entwicklung eines Aktien- oder Rentenmarkts in umgekehrter Form wider. An der Spitze der Umsatzliste und auch beim verwalteten Vermögen stehen zwei ETFs der DWS, die den DAX-Index invers abbilden: derXtrackers ShortDAX Daily Swap ETF sowie der zweifach gehebelte Xtrackers ShortDAX x2 Daily Swap ETF, dessen Kurs sich jeweils doppelt so stark nach unten oder oben bewegt wie der DAX-Index.
Auch für den Rentenmarkt gibt es einige Short-ETFs. Führend beim Umsatz sind in der Regel der ComStage Bund Future Short-ETF (ISIN: LU 053 011 977 4) und der zweifach gehebelte Lyxor Bund Daily(-2x) Inverse-ETF. Zusätzlich zu Short-ETFs werden auch Short-ETNs mit dreifachem Hebel gehandelt. Diese Short-Produkte verwenden die Rechtsform eines Zertifikats, weil das europäische Recht bei Fonds beziehungsweise ETFs maximal einen Hebel von zwei zulässt.
Raffinierte Konstruktion
Short-ETFs unterscheiden sich in einem wesentlichen Punkt von typischen Long-only-ETFs: Bei ihnen wird kein Aktienportfolio erworben, das Fondsmanagement nimmt vielmehr Leerverkäufe vor. Die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis fließt dem Fonds zu, abzüglich der bei den Leerverkäufen anfallenden Leihgebühr.
Dennoch handelt es sich bei Short-ETFs nicht um ein klassisches Termingeschäft, sondern wie bei allen anderen ETFs auch um ein Sondervermögen. Mit Short-ETFs können Anlegerinnen und Anleger also in einem Kassageschäft kurzfristig auf fallende Kurse setzen.
Mit der Betonung auf „kurzfristig“, denn Short-ETFs sind Instrumente für kurzfristige, taktische Engagements – und das liegt an einer unvermeidbaren Eigenschaft dieser Fonds, der Pfadabhängigkeit. Ein Short-ETF spiegelt nämlich die prozentuale Schwankung seines Basisindex nur auf jeweiliger Tagesbasis wider. Dadurch ist die längerfristige Wertentwicklung des Short-ETF sehr schwer zu berechnen.
Ein (etwas extremes) Beispiel verdeutlicht die Problematik: Der DAX fällt an einem Tag um 50 Prozent und steigt dann am nächsten Tag wieder um 50 Prozent. Als Resultat steht der Index also am Ende des zweiten Tages 25 Prozent niedriger. Käufer der Short-ETF könnten nun denken, dass sie mit ihrem ETF 25 Prozent Gewinn erwirtschaftet haben.
Doch die Realität sieht leider anders aus, da ja der Short-ETF an jedem Tag genau die umgekehrte prozentuale Entwicklung vollzieht wie sein Basisindex. In unserem Beispiel stieg der Kurs des Short-ETF deshalb am ersten Tag von 100 auf 150 und bringt an diesem Tag also 50 Prozent Gewinn. Am zweiten Tag fällt der Short-ETF um 50 Prozent auf einen Kurs von 75, weil der DAX an diesem Tag um 50 Prozent steigt. Somit ergibt sich beim Short-ETF ein Verlust von 25 Prozent – obwohl der DAX nach diesen zwei Tagen ebenfalls mit 25 Prozent im Minus liegt.
Sollte der Basiswert mehrere Tage kontinuierlich fallen, erzielt der Short-ETF stetige Gewinne. Meistens gehen Abwärtstrends aber mit starken Schwankungen in beide Richtungen einher und verstärken so den oben beschriebenen unerfreulichen Effekt. Die Komplexität steigert sich massiv beim Einsatz eines gehebelten Short-ETF.
Abschwächen ließe sich der Effekt mit Short-ETFs, die auf Monatsbasis abgerechnet werden, die also die negative monatliche prozentuale Wertentwicklung invers widerspiegeln. Solche Short-ETFs sind allerdings sehr selten; auf dem größten europäischen Marktplatz Xetra wird derzeit kein Short-ETF auf Monatsbasis angeboten.
Deutliche Preisabweichungen
Auch einige technische Faktoren bewirken, dass sich ein Short-ETF nicht exakt invers entwickelt wie sein Basiswert. So wird das ETF-Vermögen nicht zum Kauf der Basiswerte verwendet, sondern auf einem Geldmarktkonto geparkt. Zudem werden die Wertpapiere im Index leerverkauft, und Gewinne aus diesen Leerverkäufen fließen ebenfalls auf das Geldmarktkonto, dessen Bestand mit dem zweifachen Geldmarktzinssatz verzinst wird.
Außerdem sind die ETF-Händler in Märkten mit starken untertägigen Schwankungen sehr vorsichtig bei der Preisstellung. Unterm Strich führt das dazu, dass auch die indikativen Nettoinventarwerte, die ja auf den aktuellen Preisen der Wertpapiere im Index beruhen, und die am Markt gehandelten Kurse des ETF auseinanderfallen.
Wegen der teils erheblichen Abweichungen vom Pfad sollten Short-ETFs also nur mit Vorsicht zur Absicherung eingesetzt werden. Optionen oder Short-Futures sind für das Hedging besser geeignet. Short-ETFs empfehlen sich vor allem zum taktischen, kurzfristigen Einsatz und zur Spekulation.