Kapitalmarktunion: Nicht mehr nur eine Idee

Die Kapitalmarktunion - eine Initiative der Europäischen Kommission - soll Wachstum und Stabilität für alle 28 Mitgliedsstaaten und ihre Kapitalmärkte sichern. Die Konsultation zu dem in Februar veröffentlichen Grünbuch ist beendet und es wird Zeit, genauer hinzuschauen was sich ändern könnte.

01.06.2015 | 06:45 Uhr von «Teresa Laukötter»

Im europäischen Wirtschaftsraum spielen vor allem Banken eine große Rolle im Finanzsystem. In Krisenzeiten schränken sie die Kreditvergabe jedoch tendenziell ein. Diese Abhängigkeit von Banken möchte die Europäische Kommission dem System der USA entsprechend auflockern, schreiben Analysten der NORD LB in einer aktuellen Studie. Unternehmensfinanzierungen sind dort nicht im selben Maße abhängig von Banken, wie dies in Europa der Fall ist. Der Anteil an Banken im Kreditgeschäft der EU soll sich somit durch den Abbau von Hürden reduzieren. Von einem solchen effizienteren Kapitalfluss könnten dann vor allem kleinere und mittlere Unternehmen profitieren – letztendlich das Ziel der Europäischen Kommission. Eine Zunahme an einheitlichen und standardisierten Finanzprodukten verringert zudem bestehenden Informationsassymetrien, was die Vormachtstellung von Banken weiter einschränken könnte. 

Doch Banken sollen durch die Pläne der Europäische Kommission nicht ersetzt, sondern lediglich ergänzt werden:  Eine Idee, für die sich daher besonders der zuständige EU-Kommissar für Banken und Finanzen Hill stark macht, ist den Markt für Verbriefungen transparenter und simpler zu gestalten. So könnten Banken Risiken an den Markt abgeben, ihre Bilanzen entlasten und damit weiterhin Kredite vergeben. Gleichzeitig erlaube dies dem Markt, sich an Investitionen zu beteiligen. Auf diese Weise könnten Banken Einnahmen durch das Abwickeln von Verbriefungen und Anleihen verzeichnen. Kleinere und mittlere Unternehmen sollen zudem ein Credit-Rating erhalten, um für internationale Kapitalmärkte transparenter und damit attraktiver zu werden. 

Stärken möchte die Europäische Kommission auch sogenannte „Langfristige Investmentfonds“ (ELTIF), erklären die Analysten in der Studie. Solche Fonds investieren zu mindestens 70 Prozent in langfristige Vorhaben, wie beispielsweise Infrastruktur-Projekte, und Investoren müssen sich auf einen bestimmten Zeitraum an den Fonds binden. ELTIFs sollen wiederum das Wirtschaftswachstum stärken und die Beschäftigung erhöhen. Ziel der europäischen Kommission ist es, EU-Institutionen dazu anzuregen, ihre Investments durch ELTIFs zu tätigen. Insgesamt verfolgt die Europäische Kommission somit vor allem einen langfristigen Ansatz. Einen besonderen Schwerpunkt legt sie dabei auf die Infrastruktur. Bei einem von ihr berechneten Bedarf von 1.500 bis 2.000 Milliarden Euro an Infrastruktur-Investitionen, schlägt sie außerdem vor, alle Infrastrukturprojekte der EU-Länder auf einer EU-Website vorzustellen. Gleichzeitig soll durch direktes Marketing von EU-Fonds internationale Gelder angelockt werden. 

Ebenfalls im Grünbuch vorgestellt wird die Idee, durch sogenannte „Consumer-Classrooms“ das Vertrauen und Interesse der EU-Bürger in die Finanzmärkte zu stärken. Insbesondere vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sei es wichtig, dass alle Bürger am Wohlstand partizipieren können. 2012 jedoch besaßen nur zehn Prozent aller Haushalte Aktien und 94 Prozent investierten lediglich in heimische Märkte. Hier sieht die EU-Kommission viel Potential.

Zur weiteren Vereinheitlichung schlägt die Kommission EU-weite gemeinsame Daten und Meldestandards vor. So schwebt ihr beispielsweise ein konsolidierter Datenticker vor, welcher Qualität, Verfügbarkeit und Zeitnähe nachbörslicher Informationen bereitstellt. 

Dem Vorbild von „Green Bonds“ folgend, verfolgt die Europäische Kommission zudem den Plan eines integrierten europäischen Covered-Bond-Marktes (CB-Markt). Dazu sieht der European Covered Bond Council eine European Secured Note (ESN) vor, welche ein Finanzinstrument mit den Elementen eines Covered Bond und einer Verbriefung darstellt. So sollen mangelnde Transparenz und geringe Standardisierung bei Covered Bonds bekämpft werden. 

Interessant im Zuge der Schaffung eines europäischen Kapitalbinnenmarktes ist vor allem eine ihr implizierte Annäherung an Großbritannien. Zunächst sollen alle 28 Mitgliedsstaaten in die Pläne eingebunden werden – dies signalisiert den Wunsch Großbritannien als aktives EU-Mitglied zu erhalten. Des Weiteren ist der zuständige EU-Kommissar selbst Engländer und die Bank of England selbst arbeitet eng zusammen mit der Europäischen Kommission das Thema Verbriefungen aus. 

(TL)

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