„Man sollte in Europa investiert sein“

Im Gespräch mit FundResearch erläutert die Investmentspezialistin Maria Municchi die Strategie des Dynamic Allocation Fonds und spricht über die für sie interessantesten Aktienmärkte.

30.04.2014 | 06:45 Uhr von «Patrick Daum»

Maria Municchi ist seit 2009 Teil des Multi-Asset-Teams bei der britischen Fondsgesellschaft M&G. Als Investmentspezialistin ist sie für den M&G Dynamic Allocation Fund, den M&G Global Convertibles Fund sowie den M&G Income Allocation Fund zuständig. Mit FundResearch sprach sie bei der ResearchConference des Fondsanalysehauses FondsConsult Research in London über die Strategie Dynamic Allocation Fund, die Philosophie des Multi-Asset-Teams und die interessantesten Aktienmärkte.

Der M&G Dynamic Allocation Fund (ISIN: GB00B56H1S45) trägt die €uro-FondsNote 2. Im ersten Quartal 2014 schaffte Fondsmanager Juan Nevado ein Plus von 1,6 Prozent, 2013 schloss er mit 6,5 Prozent. Seit seiner Auflegung im Dezember 2009 schaffte der Mischfonds eine Wertentwicklung von knapp 20 Prozent.


Maria Municchi, Investment-Spezialistin bei M&G

FundResearch: Frau Municchi, der M&G Dynamic Allocation Fund hat ein Volumen von rund 500 Millionen Euro. Für M&G-Verhältnisse ist das noch nicht sehr viel. Mit welchem Ansatz wollen Sie Anleger von dem Fonds überzeugen?

Maria Municchi: Einer der Schlüssel liegt in der Investment Philosophie die wir zur Portfolioallokation heranziehen. Sie wurde vom Multi-Asset-Team von M&G entwickelt. Die zwei Co-Fondsmanager arbeiten seit 1999 zusammen. Sie sind auf der Suche nach günstigen Bewertungen und kombinieren diese mit einem Behavioral-Finance-Ansatz. Behavioral Finance ist ein großes Thema und findet viel Gefallen am Markt. Entscheidend für uns ist, unsere Kenntnisse von Behavioral Finance in der Praxis – also im Investmentprozess – umzusetzen. Das ist der schwierigste Teil der Philosophie. Weil wir aber ein komplettes Team haben, das sich ausschließlich damit befasst, sind wir imstande, nach diesem Ansatz zu investieren.

FundResearch: Wie realisieren Sie Behavioral Finance im Investmentprozess?

Maria Munichhi: Behavioral Finance ist der wesentliche Teil des Investmentprozesses. Wir beginnen mit einer strategischen Bewertung: Marktbewertungen und Fundamentalanalyse des Marktes. Danach kommt die taktische Bewertung: Warum und wie stark wird Volatilität im Markt erzeugt und wie können wir diese Volatilität für Behavioral Finance nutzen? Das ist der Schwerpunkt des Investmentprozesses. Die Marktvolatilität zu überwachen ist ein sehr qualitativer Vorgang. Dazu nutzen wir drei Charakteristika: Als erstes fokussieren wir uns auf eine gute Geschichte. Denn der Markt konzentriert sich auf einzelne Ereignisse – wie das Fiscal Cliff oder Tapering. Danach betrachten wir unvereinbare Marktreaktionen. Denn der Markt verhält sich oft inkonsistent, wenn er entgegen der Fundamentaldaten handelt. Schließlich schauen wir uns heftige/kurzfristige Kursbewegungen an.

FundResearch: Ziehen Sie auch Prognosen als Hilfe heran, um den Fonds zu managen?

Maria Municchi: Nein, Prognosen nutzen wir gar nicht. Auch das ist Teil unserer Philosophie und damit haben wir ein Alleinstellungsmerkmal. In der Vergangenheit arbeitete das Team zwar mit Prognosen. Aber inzwischen wird das immer schwieriger, weil die vorhandenen Informationen einfach verbesserungsbedürftig sind. Zwar sind zahlreiche Informationen verfügbar, aber genau das macht es sehr schwer, für einen bestimmten Zeitraum konsequente Vorhersagen zu treffen. Man kann zwar mehr oder weniger Recht behalten mit einer Prognose, aber es ist sehr schwierig zu erreichen, dass diese auch beständig ist. Viel wichtiger ist: Selbst wenn die Vorhersage korrekt ist und auch die wirtschaftlichen Fundamentaldaten im richtigen Blickwinkel betrachtet wurden, können sich die Marktpreise in eine ganz andere Richtung entwickeln. Denn die Faktoren, die die Marktpreise treiben, sind nicht vollständig an die Fundamentaldaten gekoppelt – jedoch an das Verhalten der Anleger. Der beste Indikator dafür ist die Risikoprämie. Diese ist für uns deutlich wichtiger als Prognosen.

FundResearch: Juan Nevado ist der verantwortliche Fondsmanager des Dynamic Allocation Fund. Als Investmentspezialistin sind Sie Teil seines Teams. Wie groß ist das Team und wie sehen die Strukturen aus?

Maria Municchi: Im kompletten Team haben wir sieben Fondsmanager, die für verschiedene Fonds verantwortlich sind. Für den Dynamic Allocation Fund gibt es zwei Co-Fondsmanager: Juan Nevado und Tony Finding. Juan trifft dabei die finalen Entscheidungen. Beide verwalten auch einen ähnlichen – ausschließlich in Großbritannien zugelassenen – Fonds. Hier trifft Tony die letzte Entscheidung. Das System der Co-Fondsmanager steht in direktem Zusammenhang mit unserer Team-Philosophie. Wir sind davon überzeugt, dass es im Bereich der Behavioral Finance sehr wichtig ist, dass der Fondsmanager selbständig entscheiden kann, denn er trägt letztlich die Verantwortung. Aber er benötigt auch ein Umfeld, das ihn an die wahren Fakten, Elemente und Fundamentaldaten erinnert und ihn vor Fehlern schützt. Dafür hat er den Co-Manager an seiner Seite. Denn Fehler sind immer möglich. Wir haben keine Roboter im Team. Aber die Tatsache, dass der Fondsmanager ein Team um sich herum hat, hilft bei der Kontrolle des Investmentprozesses.

FundResearch: Und im großen Team?

Maria Municchi: Innerhalb des großen Teams haben wir die sieben Fondsmanager die insgesamt für sieben Fonds verantwortlich sind. Sie werden von Assistenten unterstützt, die das tägliche Monitoring der Fonds übernehmen und die Trades realisieren. Der Fondsmanager entscheidet über die einzelnen Gewichtungen, die Gestaltung und darüber, wie das Portfolio letztlich aussehen soll. Die Assistenten setzen genau das um und stellen sicher, dass der Fonds exakt das macht, was der Fondsmanager will. Zudem unterstützen sie die Manager beim Research. Der Vorteil unseres Teams ist außerdem, dass wir alle in einem Büro sitzen, wodurch die Kommunikation untereinander stark erleichtert wird. Zweimal pro Woche gibt es Meetings, in denen wir das Marktgeschehen in großer Runde diskutieren. Einmal pro Quartal halten wir ein Makro-Forum ab, an dem die Mitglieder unseres Multi-Asset-Teams, aber auch Repräsentanten anderer Bereiche von M&G teilnehmen. Es ist äußerst spannend die verschiedenen Ansichten unterschiedlicher Fondsmanager zu hören.

FundResearch: Lassen Sie uns einen Blick in das Portfolio des Dynamic Allocation Fund werfen. Aktien haben Sie derzeit übergewichtet und Anleihen untergewichtet. Warum ist das so und wie aktiv werden diese Quoten gesteuert?

Maria Municchi: Diese aktuelle Gewichtung wollen wir auch vorerst beibehalten. Die Gründe dafür gehen im Wesentlichen auf zwei Faktoren zurück: Zum einen auf die Bewertungen. Wir schauen uns den Bewertungsrahmen an und die realen Renditen verschiedener Assetklassen – im Verhältnis zur neutralen Bewertung. Daraus erstellen wir einen Chart und sehen recht eindeutig, dass wir aktuell Aktien über- und Renten untergewichten sollten. Denn Anleihen liegen derzeit ziemlich deutlich unterhalb des neutralen Levels und Aktien darüber. Natürlich gibt es auf der Aktienseite Qualitätsunterschiede. Der US-Markt ist dafür ein Beispiel. Wir haben kein breites Exposure von US-Aktien im Portfolio. Wir selektieren hier stark. US-Banken mögen wir derzeit beispielsweise. Wir rechnen damit, dass US-Aktien langsam auf ein neutrales Bewertungslevel fallen, nachdem die Gewinne im vergangenen Jahr stark vorausgelaufen sind. Daher haben wir unser Exposure abgebaut.

Der zweite Faktor ist die Risikoprämie der einzelnen Assetklassen. Unserer Ansicht nach ist das wichtig für das Anlegerverhalten. In den vergangenen Jahren konnten wir an den Aktienmärkten eine hohe Volatilität beobachten, mit zwei Ausverkäufen: Erst die Finanzkrise 2008 und dann der Sommer 2011 – das hat die Anleger verschreckt. Derzeit sind die Bewertungen aber auf unserer Seite. Zwar ist die Risikoprämie bei unserer Allokation verhältnismäßig tief. Das liegt aber daran, dass Renten überbewertet sind. Trotzdem bedeutet das, dass reale Gewinne am Aktienmarkt erzielt werden können, da viele Anleger ausgestiegen sind, weil sie mehr Sicherheit wollten.

Dynamic Allocation Fund: Inzwischen mit starker Outperformance zur Peergroup

Quelle: FINANZEN FundAnalyzer (FVBS)

FundResearch: Wie viel Durations- und Kreditrisiko gehen Sie derzeit ein?

Maria Municchi: Über die Duration diskutieren wird sehr intensiv. Speziell nach dem Ausverkauf im vergangenen Sommer haben wir dann aber Duration aufgebaut, indem wir 30-jährige US-Treasuries gekauft haben. Das stellte sich zu Beginn dieses Jahres als sinnvoll heraus. Denn die dadurch entstandenen Gewinne benötigten wir in den ersten drei Monaten 2014 als Puffer für die Verluste insbesondere auf der US-Aktienseite. Wir betrachten Duration aus der Multi-Asset-Perspektive. Wir denken nicht nur an die Duration im Rentenbereich. Wir sind im Aktienmarkt stark übergewichtet und Aktien könnten sich anders als erwartet entwickeln, sollte es zu einem Anstieg der Leitzinsen kommen.

Unser Credit-Exposure zu US High Yield und US Investment Grade haben wir im vergangenen Jahr reduziert, weil uns die Spreads zu eng wurden. Derzeit haben wir aufgrund ihrer guten Diversifikationseigenschaften nur Wandelanleihen im Portfolio.

FundResearch: Wo sehen Sie zurzeit die interessantesten Märkte für Aktien?

Maria Municchi: Wir halten Europa weiterhin für den Markt, in dem man investiert sein sollte. Für den Fonds wirkten sich die ersten drei Monate dieses Jahres besonders aufgrund der Entwicklung am italienischen Aktienmarkt positiv aus. Aus Italien kam ein großer Teil der Performance. Diesen Markt halten wir nach wie vor für relativ attraktiv. Europa im Ganzen ist aber eine interessante Region, da sich die Fundamentaldaten stetig verbessern. Und gleichzeitig sind auch die Bewertungen weiterhin attraktiv. Italienische sowie deutsche Aktien haben wir im Fonds besonders hoch gewichtet. Dahinter folgen Titel aus Asien ex Japan. Aus Bewertungssicht ist vor allem Südkorea interessant. Aber auch die Schwellenländer haben wir allokiert, da sie vom anhaltenden globalen Wachstum profitieren. Kleinere Anteile haben wir in China und Taiwan. China finden wir als Markt sehr interessant. Die Erträge dort sind attraktiv, aber es gibt auch einige fundamentale Probleme. Daher haben wir China nicht besonders hoch gewichtet. Zehn Prozent des Portfolios entfallen aus Aktien aus Großbritannien. Die Titel sind derzeit sehr günstig bewertet.

FundResearch: Ich weiß, dass Sie für Ihren Investmentprozess keine Prognosen nutzen. Können Sie mir trotzdem einen Ausblick für die Entwicklung der Schwellenländer in diesem Jahr geben?

Maria Municchi: Das ist wirklich schwer zu sagen. Man darf die Schwellenländer keinesfalls in einen Korb werfen, sondern muss da sehr selektiv sein. Die einzelnen Staaten sind sehr unterschiedlich in ihrer politischen und wirtschaftlichen Situation. Daher ist es wichtig, sich jedes Land genau anzuschauen, um mögliches Potenzial zu finden.

FundResearch: Und wo sehen Sie das größte Potenzial?

Maria Municchi: Das spiegelt sich in der Länderallokation unseres Fonds sehr gut wieder. Südkorea ist aufgrund der niedrigeren Volatilität im Vergleich zum Vorjahr sehr interessant für uns. Kleinere Positionen haben wir auch in der Türkei und Russland. Aber da gehen wir natürlich auch ein politisches Risiko ein, dass man kaum vorhersehen kann. Im vergangenen Jahr lief es für beide Länder ziemlich schlecht, aber die Türkei erholt sich wieder ein bisschen. Und in Russland sind wir lediglich mit einem Prozent des Portfolios investiert. Aber die Bewertungen dort sind ziemlich günstig.

(PD)

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