PwC: Provisionsverbot halbiert Fondsvermögen der Privatanleger

Analysten von Pricewaterhouse Coopers erwarten innerhalb von fünf Jahren dramatische Einbrüche bei Nettoabsätzen.

28.08.2013 | 06:45 Uhr von «Patrick Daum»

Unabhängige Finanzanlagevermittler in Deutschland werden überwiegend durch Provisionen vergütet. Doch an denen wird immer stärker gerüttelt. Im Juli dieses Jahres wurde hierzulande das Honorarberatergesetz erlassen, das Mitte 2014 in Kraft treten wird. Im Rahmen der Finanzmarktrichtlinie Mifid II werden derzeit die Mindestanforderungen für ein EU-weites Provisionsverbot verhandelt. Und in der vergangenen Woche stieß Alexander Erdland, Präsident des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft, eine Diskussion über die Begrenzung von Provisionen an (FundResearch berichtete).

Rückläufiger Fondsvertrieb an Privatkunden in Großbritannien

„Die gängige Vergütungspraxis gerät aufgrund einer Vielzahl regulatorischer Treiber unter starken Druck“, erkennt auch Peter Seethaler, Partner und Head of Asset Management der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC). „Ein Vertrieb ohne Anreizzahlungen wird daher auch in Deutschland zunehmend realistisch“, schreibt er in einem Gastbeitrag in der Börsen-Zeitung. Für die Fondsbranche ergäben sich dadurch zwei zentrale Fragestellungen: „Wie wird ein solches Verbot konkret ausgestaltet sein? Und welche Optionen sichern Asset Managern auch künftig einen erfolgreichen Fondsabsatz?“ In den Niederlanden und in Großbritannien besteht bereits ein Provisionsverbot. Während es in den Niederlanden derzeit auf Versicherungsprodukte begrenzt ist und erst 2014 auf Fondsprodukte ausgeweitet wird, besteht in Großbritannien seit Jahresbeginn ein umfassendes Provisionsverbot. Dort sei ein rückläufiger Fondsvertrieb an Privatkunden zu erkennen, während dieser im Rest Europas um fast 50 Prozent zugenommen habe. Zudem komme es zu einer deutlichen Umverteilung vom beratenden hin zum beratungsfreien Geschäft. Und schließlich deute sich bei den Briten ein Strukturwandel unter den Marktteilnehmern an, der insbesondere die unabhängigen Finanzberater und Fondsplattformen betreffen. „Exemplarisch hierfür stehen die Übernahme der größten unabhängigen Fondsplattform (Cofunds) durch einen großen Versicherer (L&G) sowie Fusionen und Marktaustritte einzelner Vertriebsgesellschaften“, erläutert Seethaler. Er schränkt jedoch ein, dass unmittelbare Rückschlüsse auf die deutsche Fondsbranche nur eingeschränkt möglich seien. Die Vertriebsstrukturen beider Länder seien zu unterschiedlich.

„Massengeschäft wird beratungsfreie Zone“

„Eine andere Erkenntnis aus dem Ausland ist jedoch unmittelbar auf den deutschen Markt übertragbar“, so der Asset Manager. „Die Honorarberatung als Alternative zur provisionsgestützten Anlageberatung erreicht nicht alle Kundensegmente.“ Kunden können bzw. wollen demnach nicht für Anlageberatung bezahlen. Viele Vertriebe vertreten zudem die Ansicht, dass Honorarberatungsmodelle erst für vermögende Privatkunden rentabel sind. „Daher wird das Massegeschäft de facto zur beratungsfreien Zone“, erwartet Seethaler. Für den PwC-Experten scheinen mit Blick auf den Fondsmarkt zwei Szenarien realistisch: „Einerseits ist eine Koexistenz der honorarbasierten und provisionsgestützten Anlageberatung denkbar.“ Die begünstige vor allem Asset Manager, die ihre Produkte primär über Vertriebskanäle absetzen, und unterstütze daher das aktuelle Modell. „Darüber hinaus wäre allerdings auch ein umfassendes Provisionsverbot für alle Formen der Anlageberatung und Finanzprodukte vorstellbar“, glaubt Seethaler. Dann käme es seiner Ansicht nach zu dramatischen Einbrüchen bei den Nettoabsätzen: „PwC-Analysten prognostizieren, dass sich das für Privatkunden verwaltete Fondsvermögen in Deutschland in diesem Fall innerhalb von nur fünf Jahren halbiert – selbst bei einem moderaten Marktwachstum von etwa vier Prozent pro Jahr.“

Es gebe jedoch auch gute Nachrichten: „Asset Manager haben eine Vielzahl von Handlungsoptionen, um die drohenden Ertragsrückgänge zu kompensieren“, meint Seethaler. Aufgrund unterschiedlicher Vertriebskanalstrukturen gebe es zwar kein Patentrezept. Eine Kombination aus innovativen Lösungsansätzen könne aber dabei helfen, das gegenwärtige Ertragsniveau zu großen Teilen nachhaltig zu sichern. „In Abhängigkeit des jeweiligen Geschäfts- und Distributionsmodells sind zum Beispiel finanzielle Beteiligungen von Vertrieben an Asset Managern, vermögensverwaltende Ansätze sowie Formen des Direktvertriebs denkbar“, so Seethaler.

(PD)

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