Suche nach langfristigem Wachstum während dieses beispiellosen Abschwungs

Von Mark Baribeau, Portfolio Manager des PGIM Jennison Global Equity Opportunities Fund bei Jennison Associates.

19.05.2020 | 13:45 Uhr

Bei so steilen Abwärtsbewegungen wie dieser ist es aber in der Regel ein Fehler, überzureagieren und sich zu defensiv zu positionieren. Selbstverständlich verursacht dieser Abschwung (wenn dies nicht ein viel zu milder Ausdruck für eine solche Entwicklung wie derzeit ist) sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen große Schwierigkeiten. Doch die Korrektur war so stark und erfolgte auf so breiter Front, dass nun eine beträchtliche Zahl von Unternehmen zu haben ist, die uns mittelfristig betrachtet unglaublich attraktiv erscheinen.

Starke Marken mit guter Stellung

So wie sich die absoluten und relativen Bewertungen ändern, verändern sich auch die Berechnungen von Risiko und Ertrag. Wir haben unsere Positionen in Titeln, von denen wir in hohem Maße überzeugt sind, erhöht. Dazu zählt unter anderem Amazon, die gegenwärtig nach wie vor neue Mitarbeiter einstellt. Amazon musste die Verkäufe für externe Anbieter auf Marketplace begrenzen, um in seinen Lagern Platz für Artikel mit stark gestiegener Nachfrage zu schaffen, zum Beispiel für Haushaltsartikel, Reinigungsmittel und Gesundheitsprodukte. Ich wäre nicht überrascht, wenn Amazon für das 1. Quartal einen höheren Gewinn als erwartet meldet. Auch Netflix verzeichnet in dieser außergewöhnlichen Situation eine stärkere Nachfrage. Die Zahl der neuen App-Downloads sind in vielen betroffenen Märkten stark gestiegen – ein guter Fingerzeig für die künftige Nachfrage.

Wir haben nicht nur Positionen aufgestockt, die unseres Erachtens für eine Erholung gut aufgestellt sind, sondern auch neue Positionen in hochwertigen Unternehmen mit extrem soliden Bilanzen wie Apple und Adobe aufgebaut. Wir wollen unseren Schwerpunkt auf Unternehmen mit starken Marken und hoher Kundenakzeptanz sowie auf Unternehmen legen, die andere bei der Senkung ihrer Kosten unterstützen können. Unternehmen, die hohe Cashflows generieren, dürften diese Phase in recht guter Verfassung überstehen und hoffentlich in so volatilen Zeiten wie diesen eine gewisse Absicherung nach unten bieten.

Reduzierung unseres zyklischen Engagements

Das Risiko ist gerade jetzt unglaublich hoch und kann sich in vielen Formen äußern. Das liegt an der Ungewissheit, wie lange diese Nachfrage vernichtende Phase noch andauern wird. Entsprechend unserer Überzeugung, dass langfristiges Wachstum mit der Zeit größere Chancen bietet, hatten unsere Engagements in Sektoren, die besonders hart getroffen wurden – Energie, Finanzwesen, Industrie, Grundstoffe –, zu Jahresbeginn einen Anteil von weniger als 8% an unserem Portfolio. Dieses bereits geringe Engagement im Portfolio reduzierten wir noch weiter. Dieses Umfeld birgt aber weitere Risiken: Unternehmen, deren Geschäftsmodell den Absatz an Vertriebspartner und Großhändler vorsieht, könnten den Überblick und die Kontrolle über die Höhe der Lagerbestände bei diesen Kanälen verlieren. Daher haben wir einige Positionen in Sportbekleidungsherstellern verkauft, die unserer Meinung nach diesem Risiko ausgesetzt waren. 

Außerdem verringerten wir unser Engagement im Sektor Medizintechnik, der von roboterunterstützter Chirurgie bis zu Dentalimplantaten reicht. Wir waren nämlich davon überzeugt, dass nicht lebensnotwendige Eingriffe verschoben und die Budgets von Krankenhäusern und Verbrauchern auf absehbare Zeit möglicherweise unter Druck stehen würden. Nicht lebensnotwendige Eingriffe sind zwar kein von Natur aus zyklisches Geschäftsfeld. Sie können aber in den meisten Fällen verschoben werden und haben daher für die meisten Menschen derzeit verständlicherweise keine Priorität.

Die Erholung wird nicht gleichmäßig ablaufen

Während die Auswirkungen des Coronavirus-Ausbruchs die Weltwirtschaft erschüttern, ist China relativ gesehen ein Lichtblick. Schließlich bekam China die verheerenden Folgen des Virus-Ausbruchs als erstes Land überhaupt zu spüren. Auch wenn wir aus offensichtlichen Gründen in China keine V-förmige Erholung erleben werden, erkennen wir doch erste zaghafte Verbesserungen bei Unternehmen, in denen wir investiert sind oder die wir verfolgen. Darüber hinaus erwarten wir, dass die aggressiven fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen weltweit die mittelfristigen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Aktivität abmildern dürften.

Wir sind aktive Manager, und in sehr volatilen Phasen, zum Beispiel im vergangenen Quartal, wird unsere doppelte Verantwortung deutlich – Kapital zu schützen und zu bewahren und gleichzeitig nach Möglichkeiten zu suchen, den Wert des Kapitals unserer Kunden zu steigern. Der Abschwung wurde von einem Virus verursacht, nicht von irgendwelchen strukturellen Problemen. Dennoch wird die Erholung nicht gleichmäßig verlaufen – vielmehr dürfte sie langwierig und immer wieder unterbrochen sein. Viele der Gewinner aus der Zeit bis unmittelbar vor dieser aktuellen Phase dürften eine beschleunigte Nachfrage und wachsende Märkte verzeichnen, sobald die Lockdowns aufgehoben werden. Die Aktienauswahl wird nach wie vor extrem wichtig sein. Denn einige Teile der Wirtschaft werden langsamer genesen, und manche Geschäftsmodelle werden diese harte Bewährungsprobe nicht überstehen.

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