Warum Faktor-Strategien immer beliebter werden

Weltweit nutzen immer mehr institutionelle Investoren faktorbasierte Strategien. Eine aktuelle Studie zeigt, dass es sehr unterschiedliche Gründe für den Einsatz von Faktor-Strategien gibt.

01.12.2016 | 16:19 Uhr von «Matthias von Arnim»

Factor-Investing ist „in“. Weltweit wird mittlerweile ein Vermögen von mehr als 500 Milliarden US-Dollar mit Faktor-basierten Strategien verwaltet. Allein in diesem Jahr ist Faktor-ETFs in der Summe annähernd 51 Milliarden US-Dollar zugeflossen. Die Fondsgesellschaft Invesco wollte dem Trend auf den Grund gehen und befragte Pensionskassen, Versicherungsgesellschaften, Staatsfonds, Vermögensberater und Privatbanken nach ihren Motiven. Schon das erste Resümee überraschte:  Die befragten Anlageprofis planen in den nächsten fünf Jahren im Schnitt eine Verdoppelung ihrer Allokation in Faktor-Strategien.

Quelle: Invesco

Motiv Nummer eins: weniger Risiko

Als wichtigste Motivation für den Einsatz faktorbasierter Strategien nennen die Investoren vor allem die Risikominderung. Noch testen viele Geldmanager faktorbasierte Strategien nur mit kleineren Allokationen. Doch von den 70% der Befragten, die bei der Portfoliokonstruktion schon heute faktorbasierte Anlageansätze nutzen, planen mehr als zwei Drittel (71%) dieses Engagement in den nächsten fünf Jahren auszubauen. Da Investoren angesichts der anhaltend niedrigen Zinsen und volatilen Aktienmärkte weiter alternative Renditequellen suchen, dürften insbesondere bei defensiv ausgerichteten Anlegern vor allem quantitative Multi-Faktor-Strategien, interne Faktormodelle sowie Faktor-Produkte für Anleihen und liquide Alternativen an Bedeutung gewinnen. 

Quelle: Invesco

Motiv Nummer zwei: mehr Alpha

An zweiter Stelle steht bei institutionellen Investoren die Erwartung höherer Mehrerträge (Alpha). Immerhin 83% der Befragten sind der Meinung, dass Faktor-Strategien einen wichtigen Beitrag zu überdurchschnittlichen Anlageerträgen leisten können. Die Hälfte der Befragten, die bislang noch nicht in Faktoranlagen investieren, zieht eine derartige Anlage deshalb aktuell in Erwägung. 

Motiv Nummer drei: sinkende Kosten

Ein weiteres wichtiges Motiv für den Einsatz von Faktor-Modellen sind die Kosten. Nach mehrheitlicher Meinung der Befragten sinken die Anlagekosten durch den Einsatz von ETFs, Indexstrategien, Smart Beta und aktiven quantitativen Produkte als Ergänzung zum fundamentalen aktiven Investmentmanagement.

Unterschiedliche Lösungen, je nach Bedürfnis der Investoren

Grundsätzlich überzeugt der Faktor-Ansatz zwar viele Investoren-Gruppen. Doch sie sind wählerisch. Denn die meisten von ihnen interessieren sich weniger für standardisierte faktorbasierte Anlageprodukte, die auf einzelne Faktoren abzielen, sondern mehr für strategische Faktor-Modelle und ganzheitlichere Multi-Faktor-Ansätze. „Die Investoren haben sehr unterschiedliche Bedürfnisse. Diesen muss die Asset-Management-Industrie mit maßgeschneiderten faktorbasierten Anlagelösungen und entsprechender Beratung gerecht werden", sagt Bernhard Langer, Co-Vorsitzender des Factor Investing Council und CIO von Invesco Quantitative Strategies.

Während beispielsweise die Staatsinvestoren in Asien beim Einsatz interner Risikofaktormodelle weiter sind als alle anderen, führen die Liquiditätsvorgaben und regulatorischen Anlagebeschränkungen für deutsche Versicherer dazu, dass diese vermehrt fundamentale Anlagen durch Smart-Beta-ETFs und Aktienfaktormodelle ersetzen, um ihre risikoadjustierte Rendite aufzubessern. 

In Großbritannien wiederum seien die institutionellen Investoren seit Einführung der Finanzmarktrichtlinie Retail Distribution Review (RDR) neue Wege gegangen, so Langer. Hier haben das Provisionsverbot für Bankprodukte und das Stakeholder-Engagement den Smart-Beta-Produkten auf die Sprünge geholfen, sodass beitragsorientierte Pensionspläne hier jetzt zunehmend Faktorprodukte als günstigeres Mittel der Diversifikation nutzen.

Selbst ist der Investor

Wie die Invesco-Studie zeigt, wollen die Investoren ihre Faktormodelle im eigenen Haus steuern und kontrollieren. 61% der Befragten halten ihre Organisation für am besten aufgestellt, um die Rolle des Faktor-Engagements in ihrer Gesamtanlagestrategie zu bewerten. 71% meinen, dass sie ihr Faktor-Engagement am besten selbst steuern. Das Problem dabei: Oft fehlt dafür die Kompetenz im eigenen Haus. Viele institutionelle Investoren setzen deshalb auf eine verstärkte fachliche Schulung und Beratung durch die Asset-Management-Industrie. Gleichzeitig haben sie den Eindruck, dass es die Asset Manager häufig zu sehr darauf anlegen, ihre Faktor-Produkte und -philosophie zu bewerben, anstatt Investoren ganzheitlich zu beraten und ihnen die benötigten kundenorientierten Lösungen zur Verfügung zu stellen.

Quelle: Invesco

Für Bernhard Langer ist die Botschaft klar: „Die Investoren erwarten von der Asset-Management-Industrie, dass sie sich stärker daran orientiert, wie Investoren das Faktorengagement in ihren Portfolios steuern möchten, und entsprechende Lösungen entwickelt, um sie dabei optimal zu unterstützen.“

Je besser Faktorprodukte verstanden würden und je vertrauter Investoren mit dem Einsatz dieser Produkte sind, desto mehr dürfte es auch zu einer Trennung von grundsätzlicher Ausrichtung und Management des Faktorengagements kommen. Die Investoren würden erkennen, dass sie das Management dieser Strategien auslagern und trotzdem die Kontrolle über ihr Faktorengagement behalten können, so Langer. 

(MvA)

Die komplette Studie als pdf-Dokument.

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