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Die rückläufige Inflation hilft allen Assetklassen

Dr. Daniel Hartmann
Anlagestrategie
Die rückläufige Inflation hilft allen Assetklassen
07/2024
Dr. Daniel Hartmann
Bantleon

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2023 boomte die US-Wirtschaft, in der Eurozone herrschte dagegen Tristesse. Umso überraschender ist der Start in dieses Jahr verlaufen: Mit 1,4 Prozent beziehungsweise 1,3 Prozent (jeweils im Vergleich zum Vorquartal und annualisiert) fiel das BIP-Wachstum im 1. Quartal diesseits und jenseits des Atlantiks nahezu identisch aus.

16.07.2024 | 14:00 Uhr

Mithin trat in den USA eine markante Abschwächung und in der Eurozone eine kräftige Erholung ein. Wird sich diese Entwicklung im laufenden Jahr fortsetzen? Ist ein Aufschwung in der Eurozone und ein Abschwung in den USA überhaupt zur gleichen Zeit möglich?

Bislang ist fraglos von einer Krise in den USA noch nicht viel zu sehen. Im Gegenteil, bis ins Frühjahr hinein schaffte Uncle Sam pro Monat mehr als 200.000 Arbeitsstellen. Dennoch haben sich die Enttäuschungen in den vergangenen Wochen gehäuft. So verzeichneten zum Beispiel sowohl die Auftragseingänge als auch die Einzelhandelsumsätze im April/Mai Rückschläge, was auf eine verhaltene Entwicklung beim Konsum und den Investitionen schließen lässt. Auf das gedämpfte 1. Quartal wird somit vermutlich keine kräftige Gegenbewegung folgen. Im Ergebnis dürfte das Wachstum im 1. Halbjahr unter 2,0 Prozent gelegen haben – nach über 4,0 Prozent im 2. Halbjahr 2023.

Im laufenden und kommenden Quartal rechnen wir mit einer weiteren Abschwächung in Richtung 1,0 Prozent Wachstum, wobei die Abwärtsrisiken (Nullwachstum) dominieren. Aus unserer Sicht wird sich speziell der Konsumboom abkühlen. Dieser wurde in den vergangenen zwei Jahren vor allem aus Ersparnissen und Krediten finanziert. Nun ist jedoch der Sparstrumpf aus Pandemiezeiten geleert, gleichzeitig steigen die Zinslastquoten aus den Hypotheken- und Konsumentenkrediten. Die USA werden daher ihre Rolle als Wachstumsmotor der Weltwirtschaft verlieren.

Quelle. Trading Economics

Wie eingangs erwähnt, ist die Eurozone im Gegensatz zu den USA erfolgversprechend ins neue Jahr gestartet und zahlreiche Frühindikatoren wie der OECD Leading Indicator deuten auf eine Fortsetzung der wirtschaftlichen Erholung hin. Allerdings sind auch die jüngsten Daten der Eurozone eher ernüchternd ausgefallen. Allen voran kommt die Industrie nicht so recht vom Fleck. Das Wachstum dürfte sich daher im 2. Quartal leicht abgeschwächt haben.

Mit Blick voraus weist die Eurozone jedoch gegenüber den USA einen Vorteil auf: Das Umfeld für den privaten Verbrauch ist freundlicher. So sitzen die europäischen Konsumenten weiterhin auf hohen Sparpolstern. Gleichzeitig ziehen die Reallöhne spürbar an. Der private Verbrauch sollte daher eine Konjunkturstütze sein. Dennoch werden die Bäume nicht in den Himmel wachsen, da vom Export – dem klassischen Konjunkturmotor – zunächst wenig Rückenwind und Ende 2024 wegen der Abschwächung in den USA sogar Gegenwind ausgehen sollte. Um den Jahreswechsel 2024/2025 dürfte es daher zu einer Delle im Aufschwung, wenn nicht gar zu einem erneuten Rücksetzer kommen. Komplett entkoppeln kann sich die Eurozone von den USA nicht.

Jüngste Erfolge kann die Eurozone auch bei der Inflationsbekämpfung vorweisen: Die Teuerungsrate ist mittlerweile auf 2,5 Prozent zurückgefallen (ausgehend von 10,6 Prozent). In den nächsten Monaten gehen wir davon aus, dass sich ein sehr flacher Abwärtstrend etabliert und somit im Spätsommer die 2,0 Prozent-Marke in Reichweite rückt. Auch die zuletzt hartnäckige Teuerung bei Dienstleistungen (unter anderem: Freizeitkonsum, Restaurantbesuche und Hotelübernachtungen) sollte dazu einen kleinen Beitrag leisten. In den USA rechnen wir ebenfalls mit weiteren Inflationsrückgängen.

Quelle. Trading Economics

Zwischenfazit: Es zeichnet sich ein makroökonomisches Umfeld ab, das durch mäßiges Wachstum und eine nachgebende Teuerung gekennzeichnet ist. Dies sollte den Notenbanken den Spielraum eröffnen, die Leitzinsen auf ein neutrales Niveau zurückzuführen, das wir in der Eurozone auf 2,50 Prozent bis 3,00 Prozent und in den USA auf knapp 4,00 Prozent taxieren. Die an den Geldterminmärkten für Ende 2024 eingepreisten Niveaus liegen derzeit mit rund 3,35 Prozent für die Depositenrate der Eurozone und 4,85 Prozent für den Zielkorridor der Fed-Funds-Rate darüber. Wir sehen daher Abwärtspotenzial bei den Leitzinserwartungen und entsprechend auch bei den Staatsanleihen-Renditen. In der Folge sollten Ende 2024 10-jährige Bundesanleihen um circa 50 Basispunkte und 10-jährige US-Treasuries um mindestens 80 Basispunkte tiefer rentieren als heute. Auch für die anderen konservativen Anleihensegmente (Pfandbriefe sowie erstrangige und nachrangige bonitätsstarke Unternehmensanleihen) sind wir positiv gestimmt, da wir hier von keinen namhaften Spreadausweitungen ausgehen.

Die globalen Aktienmärkte werden zwar von der Aussicht auf sinkende Leitzinsen und dem soliden wirtschaftlichen Umfeld gestützt. Aber die geringe Marktbreite und die hohen Bewertungen in den USA sind bedenklich. Im weiteren Jahresverlauf bleibt überdies abzuwarten, wie stark die wirtschaftliche Abkühlung in der größten Volkswirtschaft der Welt ausfällt. Diese könnte auf den Gewinnerwartungen lasten und eine größere Korrektur auslösen. Wir sprechen uns daher aktuell für eine neutrale Ausrichtung an den Aktienmärkten aus. Europäische Valoren haben wegen der konjunkturellen Erholung und der niedrigen Bewertungen Aufholpotenzial. Dagegen steht jedoch eine mögliche Trump-Wahl, die aus verschiedenen Gründen (unter anderem drohende Importzölle) europäische Aktien belasten würde. Dennoch ist das Risiko eines namhaften Rücksetzers in den USA größer als in Europa, weshalb wir europäische Titel übergewichten.

Bei Rohstoffen und inflationsgeschützten Staatsanleihen halten sich aktuell ebenfalls die positiven und negativen Argumente die Waage. Entsprechend sind wir auch hier neutral positioniert. Mit Blick auf das kommende Jahr sehen wir aber gerade in diesen beiden Segmenten großes Ertragspotenzial.

Fazit: Die rückläufige Inflation und die damit verbundene Leitzinswende könnte dieses Jahr nochmals alle Boote heben – sprich sowohl Aktien als auch Anleihen Kursgewinne bescheren. Wir halten indes im 2. Halbjahr 2024 das Risiko einer namhaften konjunkturellen Abschwächung für größer als den umgekehrten Fall einer globalen Wachstumsbeschleunigung. Entsprechend ist eine Korrektur an den Aktienmärkten am Jahresende nicht auszuschließen.



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