Der Gründer und Chef der Vermögensverwaltung Acatis spricht im Interview mit TiAM FundResearch über die Turbulenzen an den Börsen und Chancen für Anleger.
14.08.2024 | 13:40 Uhr von « T. Aigner und P. Gewalt »
TiAM FundResearch: Nach dem Ausverkauf zu Beginn der Woche scheinen sich die Aktienmärkte wieder zu beruhigen. Erwarten Sie weitere Turbulenzen? Oder haben Sie die Korrektur schon zu Käufen genutzt – und wenn ja, wo?
Hendrik Leber: Aus meiner Sicht haben wir in letzter Zeit überwiegend technische Korrekturen erlebt – Anpassungen an die Erwartungen bezüglich Wachstum, Zinsen und Inflation. Diese Korrekturen sind meiner Meinung nach noch nicht abgeschlossen und könnten sich bis Ende August fortsetzen. Ab dem Herbst, spätestens nach den US-Wahlen, dürfte sich die Lage jedoch wieder beruhigen. Fundamentale Veränderungen gab es kaum; ja, die Wachstumserwartungen wurden etwas nach unten korrigiert, aber eine Krise ist nicht in Sicht. Leider waren wir voll investiert und konnten daher nicht von den Korrekturen profitieren, um gezielt nachzukaufen.
Ein Auslöser der Kurskapriolen war die aufziehende Angst vor einer US-Rezession. Wie groß ist die Gefahr?
Wir beobachten deutliche Abschwächungen in Bereichen wie gewerblichen Immobilien, privaten Konsumkäufen, Autoverkäufen und offenen Stellen. Gleichzeitig treiben neue Wachstumsmotoren wie Künstliche Intelligenz, Pharma und Infrastruktur dynamisch voran. Daher ist eine Rezession zwar nicht auszuschließen, jedoch eher unwahrscheinlich. Für Investoren bleibt selektives Vorgehen entscheidend.
Auch die Zahlen und Ausblicke großer US-Techwerte wie Nvidia, Amazon oder Alphabet haben den Investoren die Stimmung vermiest. War die Korrektur der Startschuss für einen Favoritenwechsel an den Börsen? Welche Sektoren rücken dabei stärker in den Fokus?
Ja, die Faktorrotation hat begonnen. Der medizinische Sektor hat teils überraschend an Fahrt gewonnen, und auch die Nebenwerte haben nachgezogen. Doch schon in wenigen Monaten wird sich zeigen, dass der KI-Boom unvermindert und mit hohem Tempo weiter vorangeschritten ist und eine Erholung verdient.
Besonders heftige Ausschläge gab es am japanischen Aktienmarkt, der in den Monaten zuvor stark performt hat. Dort hat die Notenbank die Zinsen zuletzt angehoben – und den Kursrutsch so mit ausgelöst. Ist die Japan-Rally damit vorbei?
Für mich ist Japan noch spannender als zuvor. In Japan gibt es fantastische Firmen, und wir werden unsere japanischen Positionen ausbauen.
Wie bewerten Sie die Entwicklung Ihrer Top-Aktienposition Nvidia? Der Titel hat zuletzt besonders stark gelitten.
Wir finden die Aktie großartig, aber zu teuer. Wir haben in den letzten Monaten insgesamt 13-mal die Position leicht reduziert. Die Aktie wird wahrscheinlich zukünftig im Gleichtakt mit großen Big-Data-Firmen wie Amazon, Alphabet und Meta laufen.
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