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Nachranganleihen im Finanzsektor: Starke Fundamentaldaten und attraktive Renditen

Martin Achter
Anleihen
Nachranganleihen im Finanzsektor
08/2024
Martin Achter
BayernInvest

@ Feedback an Redaktion

Vergleicht man einzelne Rentensegmente im ersten Halbjahr 2024, so lässt sich ein Zusammenhang klar erkennen: Je höher der Risikoaufschlag, desto besser die Performance. Hier überzeugen vor allem Nachranganleihen aus dem Finanz-Sektor.

31.07.2024 | 14:15 Uhr

Neben dem attraktiven Carry, sprich einem höheren Ertrag aus den Zinszahlungen, warten sie mit historisch guten Fundamentaldaten auf. Nachranganleihen, insbesondere Additional Tier 1-Anleihen von Banken sowie Restricted Tier 1-Anleihen von Versicherungen, besitzen spezielle Risiken im Hinblick auf Kuponzahlung und Verlustbeteiligung. Durch die strengen regulatorischen Anforderungen der vergangenen Jahre haben sich die Bilanzkennzahlen in der Finanzbranche jedoch deutlich verbessert. Banken und Versicherungen bieten daher aktuell gute Voraussetzungen für eine Investition.

Indices
Indices

Banken und Versicherungen überzeugen mit guten Bilanzkennzahlen

Kernkapitalquote auf historischen Höchstständen: Die durchschnittliche Kernkapitalquote (CET1) der europäischen Banken unter der Aufsicht der EZB stieg in den Jahren nach der Finanzkrise 2008/2009 kontinuierlich an und befand sich mit 16,0% im ersten Quartal 2024 auf einem Höchststand. Die Institute liegen damit deutlich über den Kapitalmindestanforderungen der EZB, die jährlich in einem individuellen Evaluierungsprozess (Supervisory Review and Evaluation Process – kurz SREP) festgelegt werden und im Durchschnitt je nach Institut bei etwa 9 Prozent bis 11 Prozent CET1 liegen.

Kernkapitalquote
Kernkapitalquote

Asset Qualität sehr resilient: Die Non-Performing-Loan-Quote (NPL) der europäischen Banken hat sich im Durchschnitt in den letzten Jahren ebenfalls stetig verbessert. Zuletzt lag sie bei 1,9% und damit nur ein Zehntel- Prozent über dem bislang niedrigsten Wert von 1,8  Prozent im Jahr 2023. Die Qualität der Kreditportfolien erweist sich bislang als äußerst resilient, in Anbetracht der Schwierigkeiten vor allem im Immobiliensektor rechnet jedoch eine Mehrheit der befragten Banken laut jüngstem Bericht der European Banking Authority (EBA) mit einer Abschwächung der Kreditqualität in den nächsten 6-12 Monaten.

NPL-Quote
NPL-Quote

Profitabilität kehrt zurück: Deutlich verbessert hat sich zudem die Profitabilität der Banken. Nach langen Jahren im niedrigen einstelligen Bereich konnte sich der Return on Equity (RoE) seit Anfang 2023 wieder im zweistelligen Bereich verfestigen. Zuletzt lag diese bei 10,6 Prozent. Einen wesentlichen Treiber der verbesserten Profitabilität stellen dabei die deutlich gestiegenen Zinseinnahmen dar, die wiederum von der verbesserten Zinsmarge profitieren.

Attraktive Renditen mit Financial Nachranganleihen

Mit dem deutlichen Anstieg der Zinsen seit Anfang 2022 sind Nachranganleihen von Banken und Versicherungen nicht mehr nur in relativer Hinsicht attraktiver geworden. Auch die absoluten Renditen, die derzeit in diesem Segment erzielt werden können, sind sehr verlockend. Betrachtet man Nachranganleihen aus der Sicht der Risikoaufschläge, so hat seit der kurzfristigen Krise durch den Kollaps der Credit Suisse vor gut einem Jahr bereits eine deutliche Einengung der Spreads stattgefunden. In Kombination mit dem zugrundeliegenden Swap-Zinssatz lassen sich jedoch bislang bei AT1-Anleihen immer noch Renditen zwischen 6  Prozent und hohen 7  Prozent und bei Tier 2-Anleihen von Banken von ca. 4,5  Prozent bis 5  Prozent erzielen. Bei Nachranganleihen aus dem Versicherungssektor handelt es sich fast ausschließlich um Tier 2-Anleihen, die im Durchschnitt aktuell mit ca. 5  Prozent rentieren. In Abhängigkeit von der Gewichtung zwischen Tier 2- und AT1-Anleihen von Banken sowie dem Grad der Beimischung von Versicherungs-Nachranganleihen lässt sich somit ein Portfolio mit einer aktuellen Marktrendite zwischen ca. 5 Prozent und 5,5 Prozent konstruieren. Das durchschnittliche Rating solch eines Portfolios würde mit BBB bis BBB- immer noch im Investmentgrade-Bereich liegen.

Rendite ausgewählter Rentensegmente
Rendite ausgewählter Rentensegmente

Kriterien der Emittenten- und Titel-Selektion

Im Investmentprozess für die Bottom-up-Selektion eines Portfolios aus Nachranganleihen sollte die nachhaltige Fähigkeit des Emittenten, über alle Konjunkturzyklen hinweg profitabel zu bleiben, das wichtigste Kriterium sein. Die Beachtung dieses Prinzips hätte beispielsweise eine Allokation in AT1-Anleihen der Credit Suisse ausgeschlossen.

Als nächstes sollte man dann die Kernkapitalquote und ihren Abstand zur von der EZB geforderten Mindestkapitalquote betrachten. Dieser Abstand dient als Puffer, bevor es bei einer AT1-Anleihe potenziell zu einem Kuponausfall kommen könnte. Es ist sinnvoll, sich bei der Auswahl der Emittenten auf die sogenannten „National Champions“ der jeweiligen Länder zu konzentrieren. In Marktphasen mit erhöhter Unsicherheit („Risk-off“-Szenarien) neigen Anleihen kleinerer Emittenten aufgrund geringerer Liquidität zu stärkeren Kursverlusten. Ein entscheidendes Kriterium bei der Auswahl der jeweiligen Titel ist die Höhe des Kupon-Re-Sets bei kündbaren Anleihen. Dies bezieht sich auf den Risikoaufschlag, der zum Referenzzinssatz (üblicherweise der 5-Jahres-Swap-Satz) im Falle einer Nichtkündigung der Anleihe hinzugefügt wird. Ein hoher Risikoaufschlag von mehr als etwa 400 Basispunkten für erstklassige Emittenten und von mehr als 500 Basispunkten für Emittenten der nachfolgenden Qualitätsstufe erhöht deutlich die Wahrscheinlichkeit, dass der Emittent die Anleihe kündigen wird.

Versicherungen als Beitrag zur Diversifikation

International gut aufgestellte Versicherungsunternehmen stellen im Rahmen eines Financial Nachrangportfolios eine gute Ergänzung zu europäischen Bankinstituten dar. Im Gegensatz zum Nachrangkapital von Banken setzt sich dieses Segment jedoch fast ausschließlich aus Tier 2-Anleihen zusammen, da Versicherungen meist überkapitalisiert sind und auf die Emission von sogenannten Restricted Tier 1- Anleihen überwiegend verzichten können. Die Risikoaufschläge von Versicherungs-Nachranganleihen liegen historisch betrachtet die meisten Zeiträume über denen der Bank Tier 2-Anleihen, was unter rein fundamentalen Gesichtspunkten schwer erklärt werden kann. 

Die generell längeren Laufzeiten oder auch ein kleinerer Investorenkreis, der sich diesem Segment widmet, könnten eine Rolle spielen. Man kann dies auch schlicht als eine Opportunität betrachten, attraktive Risikoaufschläge von qualitativ hochwertigen Versicherungsinstituten in ein Nachrang-Portfolio beizumischen. Bei der Selektion der Einzeltitel sollte man sich daher ebenso wie bei den Banken auf die „National Champions“ ihrer jeweiligen Heimatländer fokussieren. Innerhalb der unterschiedlichen Ausrichtungen der Geschäftsfelder wären sowohl Rückversicherungen als auch gemischte Sach-, Lebens- und Krankenversicherungen den ausschließlichen Lebens- oder Krankenversicherungen vorzuziehen. 

Ein wichtiges Merkmal für die Qualität von Versicherungs-Nachrangtiteln stellt die Solvabilitätsquote (SII) dar. Gut ausgestattete Versicherungen weisen fast ausschließlich Solvabilitätsquoten von 200 Prozent und darüber aus. Der Kapitalpuffer bis zu einem potenziellen Kuponausfall, der bei Versicherungen bereits im Tier 2-Bereich möglich ist, ist somit sehr hoch. Die Wahrscheinlichkeit einer Kündigung der Anleihen an den jeweiligen Kündigungszeitpunkten liegt bei Versicherungen nochmal etwas höher als bei Nachranganleihen von Banken. Denn schließlich gehören eine gute Reputation und Verlässlichkeit zu den wichtigsten nicht-ökonomischen Vermögenswerten eines Versicherungsunternehmens.


Nischensegment Nachranganleihen – der Geheimtipp fürs Portfolio

Grundsätzlich ist die Assetklasse Nachranganleihen für alle Anleger interessant, die ihr Portfolio diversifizieren möchten – sowohl für Institutionelle Investoren wie Stiftungen, Versicherungen oder Versorgungswerke als auch für Vermögensverwalter, Sparkassen und Privatanleger. Da mit der höheren Zinserwartung auch ein größeres Bonitätsrisiko einhergeht, lohnt es sich in diesem Segment umso mehr, auf die Expertise eines erfahrenen Fondsmanagements zu setzen.

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