Das Gesetzgebungsverfahren für die Neuregulierung der Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler und Honorarberater ist ins Stocken geraten. Möglicherweise bietet die Entwicklung noch Chancen für eine Verbesserung. Auch der Wirecard-Skandal hilft.
24.06.2020 | 14:50 Uhr von «Christian Bayer»
Die geplante Neuregulierung der Aufsicht über die Fondsvermittler erweist sich
als schwere Geburt. Kenner der Materie sind darüber wenig verwundert, denn der
Plan zog von Anfang an heftige Kritik auf sich. Eigentlich sollte das Gesetz
zur Übertragung der Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler nach §34f GewO
und über die Honorarberater nach §34h GewO von den Gewerbeämtern und den IHKs
auf die BaFin am 19. Juni den Bundestag passieren. Doch die CDU/CSU-Mitglieder
des Finanzausschusses sehen aktuell weiteren Klärungsbedarf. Vor diesem
Hintergrund wurde die geplante Abstimmung im Bundestag verschoben. Wann diese
nun stattfindet, ist unklar. Theoretisch wäre noch eine Abstimmung in der
kommenden Woche möglich. Eine schnelle Einigung in wenigen Tagen ist allerdings
unwahrscheinlich. Danach beginnt die Sommerpause, die bis zum 6. September
dauert.
Das Gesetzesvorhaben stand schon seit Vorlage des Referentenentwurfs aus dem
Bundesfinanzministerium unter heftiger Kritik seitens der Verbände und Teilen
der Politik. Mittlerweile sorgt nicht nur der Inhalt, sondern auch das
Verfahren an sich, für Unverständnis. So kritisierte der Berichterstatter der
Arbeitsgemeinschaft Finanzen der Unions-Fraktion und Mitglied des
Finanzausschusses, der Bundestagsabgeordnete Carsten Brodesser, dass die
Regierung das geplante Gesetz als „eilbedürftig“ eingestuft hat, so dass es
auch während der Corona-Krise beraten werden konnte. Inhaltlich moniert die
CDU/CSU, dass durch eine Übertragung der Aufsicht auf die BaFin keine
qualitative Verbesserung zu erwarten sei. Zudem würde keine nachvollziehbare Planung
der deutlich höheren Kosten für die Vermittler und Berater vorliegen. Durch die
erwartbare Kostenexplosion käme es zu einer ungewollten Marktbereinigung. Da
Bundesfinanzminister Olaf Scholz und die SPD die Kritik ins Leere laufen ließen,
kam es zu keiner Einigung unter den Koalitionsparteien. Noch im Mai hatte die
BaFin-Vizepräsidentin Elisabeth Roegele in einer Anhörung des Bundestages
darauf hingewiesen, dass ihre Behörde gut dafür gerüstet ist, die Aufsicht über Finanzanlagenvermittler und
Honorar-Finanzanlagenberater zum Jahreswechsel zu übernehmen. Wird das Gesetz
auf die Zeit nach der Sommerpause verschoben, ist dieser Zeitplan allerdings ohnehin
hinfällig.
Nach dem Wirecard-Desaster um verschwundene 1,9 Milliarden Euro kam auch die BaFin als Aufsichtsbehörde unter Beschuss. BaFin-Chef Felix Hufeld hatte in dem Zusammenhang schwere Fehler seiner Behörde eingeräumt. Das gab auch Kritikern der geplanten Neuregulierung der Aufsicht weiteren Auftrieb. „In Anbetracht des Wirecard-Skandals und der damit mehr und mehr öffentlich werdenden Versäumnisse auch der BaFin – ein Supergau! – erscheint es unmöglich, der BaFin zusätzliche Aufgaben zu übertragen. SPD-Finanzminister Olaf Scholz, das Finanzministerium und die BaFin sollten eher bereits bestehende Strukturen und Arbeitsweisen der BaFin hinterfragen und aufarbeiten, anstatt für viele Millionen Euro und mit viel Personal dort neue, völlig unnötige Strukturen für die 34f-Vermittler zu schaffen. Das geplante Gesetz ist so wertlos wie aktuell die Wirecard-Aktie!“, so Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. Martin Klein, Geschäftsführender Vorstand von VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e. V. fordert das Gesetzgebungsverfahren zum Finanzanlagenvermittler-Aufsichtsübertragungsgesetz unverzüglich einzustellen. Klein hofft darauf, dass im Finanzministerium und in der SPD die Einsicht wächst, dass man den Verbraucher nicht schützt, wenn man in ein Aufsichtssystem eingreift, das seit Jahren ohne Skandale funktioniert, statt die BaFin da zu stärken, wo tatsächlich Milliardenschäden für die Verbraucher verhindert werden müssen.
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