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Interview

David Wehner, Do Investment: „Ex post wird jeder schnell zum Multi-Milliardär“

„In den nächsten zehn Jahren dürfte die Inflation sich im Schnitt bei 2,5 Prozent einpendeln“, sagt David Wehner gegenüber TiAM Fundresearch. Mit Vorstandschef Dr. Dirk Rüttgers managt er bei der Do Investment AG unter anderem den Do Absolute Return sowie den Do Aktien Global.

23.08.2021 | 13:15 Uhr von «Ralf Ferken»

„Die Kapitalmärkte habe sich komplett von der Realwirtschaft entkoppelt"

TFR: Herr Wehner, Anleger und Investoren schauen seit Jahren gebannt darauf, was die Zentralbanken machen. Ist dieser einseitige Fokus gerechtfertigt?

David Wehner: Durchaus. Seit der Finanzmarktkrise 2008 haben sich die Kapitalmärkte komplett von der Realwirtschaft entkoppelt. Die 2020 ausgebrochene Corona-Pandemie hat diese Entwicklung nochmals vertieft.

Inwiefern vertieft?

Die Kapitalmärkte konnten die Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 bereits nach vier Wochen wieder abschütteln, weil die Zentralbanken die Märkte danach mit Liquidität vollgepumpt haben – nur dieses Mal noch extremer als in den Jahren zuvor.

Führt dies zwangsläufig zu höheren Kursen?

Es gibt eine klare Korrelation zwischen den Bilanzen der Zentralbanken und steigenden Vermögenspreisen. Dies sieht man am Immobilienmarkt und genauso bei Aktienindizes wie dem S&P 500, dem Euro Stoxx 50 und dem DAX.

Wo liegen die Risiken dieser Politik?

Derzeit müssen die Zentralbanken eine Überhitzung der Konjunktur vermeiden, was zu steigenden Inflationsraten führt. Momentan spielen sie das aber noch gekonnt herunter.

Wie meinen Sie das genau?

Sie haben den Begriff „vorübergehend“ beziehungsweise „transitory“ für diese Risiken schon dreimal neu definiert. Die erste Definition war der Sommer 2021, die zweite das Jahr 2021 und die dritte die Jahre 2021 bis 2022.

„Die Inflation könnte sich bei 2,5 Prozent einpendeln“

Wie schätzen Sie die Inflationsrisiken ein?

Die Inflation dürfte alles andere als vorübergehend sein und könnte sich in den nächsten zehn Jahren im Euroraum bei 2,5 Prozent einpendeln, was gegenüber den bisherigen 1,0 bis 1,5 Prozent ein großer Sprung wäre.

Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?

Europa und die USA wollen ihre Infrastruktur und Wirtschaft mit sehr großen Budgets „vergrünen“, so dass die Nachfrage nach Kupfer, Palladium und anderen dafür notwendigen Rohstoffen automatisch steigen wird. Am Ende schlägt sich das in höheren Preisen für die Konsumenten nieder. Diesen Effekt werden wir bei den Preisen für Öl und Gas ebenfalls sehen. Als zweiter Faktor könnte der Arbeitsmarkt die Inflation befeuern.

Aus welchen Gründen?

In den etablierten Nationen wird der demografische Baum in den Jahren 2021 bis 2030 kippen, so dass immer weniger Erwerbspersonen die Rentner und Pensionäre finanzieren müssen. Bereits heute haben wir einen Fachkräftemangel, so dass die Löhne steigen und der deflationäre Effekt der Globalisierung ausläuft.

„Soziale Spannungen, die wir uns nicht ausmalen können“

Ein kurzer Exkurs: Wo stünden wir heute, wenn die Zentralbanken so streng wie die Bundesbank in den 1980er und 1990er Jahren agiert hätten?

Nach dem Corona-Tief wäre der S&P 500 Index vielleicht nicht mehr gestiegen und die zehnjährigen Renditen für US Treasuries stünden vielleicht bei sieben bis acht Prozent – wenn man fünf Prozent Nominalwachstum und zwei Prozent Inflation veranschlagt. Hätten die Zentralbanken seit der Finanzmarktkrise nicht interveniert, hätte dies jedoch soziale Spannungen hervorgerufen, die wir uns wohl nicht ausmalen können.

Zurück in die Realität. Was bedeutet die jetzige Politik von Fed und EZB für Anleihen, Aktien und Gold?

Die Fed dürfte im September oder Oktober kommunizieren, dass sie weniger Anleihen kaufen wird, so dass die Rendite für zehnjährige US Treasuries in den nächsten zwölf Monaten auf 2,0 bis 2,5 Prozent steigen könnte. Dies wird die zehnjährigen Bundesanleihen mitziehen, deren Renditen auf 0,1 bis 0,2 Prozent zulegen könnten.

Wie sieht es bei Aktien aus?

Aktien können steigende Zinsen bis zu einem gewissen Grad verkraften. Growth- und Technologie-Werte jedoch weniger als Value-Aktien.

Was spricht noch für Value-Aktien und gegen Growth-Aktien?

Value-Aktien könnten von den neuen Infrastrukturmaßnahmen profitieren, was etwa für die „Old-Economy“-Bereiche Chemie, Industrie, Maschinenbau und Rohstoffe gilt. Viele Growth-Aktien sind dagegen schon sehr teuer und haben die Vorschlusslorbeeren der Corona-Pandemie bereits geerntet. Dies ist jedoch ein sehr langfristiges Bild.

Wie bewerten Sie Gold?

Gold hat dieses Jahr massiv enttäuscht. Wir glauben aber, dass der Markt die Inflation unterschätzt und es bei Gold jetzt gute Einstiegschancen gibt.

„Wir investieren jetzt deutlich flexibler“

Was sollten Anleger zu Ihren Fonds wissen?

Wir haben die Strategie beim Do Absolute Return Anfang 2019 verändert und investieren jetzt deutlich flexibler. Ziel ist, den Euro-Geldmarktsatz aber nach wie vor um 200 Basispunkte nach Kosten zu übertreffen. Auch beim Do Aktien Global und beim Do Stiftungsfonds agieren wir seit dem Jahr 2020 viel flexibler und investieren beim Do Aktien Global jetzt fast nur noch in Einzelwerte statt in Zielfonds.

Wie sieht die Asset Allocation beim Do Absolute Return aus?

Wir halten rund 20 Prozent in Aktien, haben die Quote seit der Corona-Pandemie aber bereits innerhalb von 12 bis 30 Prozent variiert. Bei Gold halten wir fünf bis zehn Prozent, der Rest fließt in Renten und Liquidität.

Wann haben Sie 30 Prozent in Aktien gehalten?

Das war nach dem Corona-Crash im April 2020. Anschließend haben wir Gewinne mitgenommen, was in der Nachbetrachtung aber zu früh war. Aber ex post wird jeder schnell zum Multi-Milliardär, wir mussten die Entscheidung leider zum einem Zeitpunkt treffen, als das Ausmaß der Erholung noch offen war.

Wie agieren Sie auf der Rentenseite?

Bis zur Corona-Krise hatten wir auch High-Yield- und Emerging-Markets-Bonds beigemischt. Seiter setzen wir vor allem auf Staats- und Unternehmensanleihen sowie Pfandbriefe mit guten Ratings, um die Risiken zu senken. Dafür steuern wir die Duration nun flexibler, wo die Bandbreite seit 2019 zwischen nunmehr minus 4,0 Jahren und plus 4,7 Jahren lag. Auch die Währungen steuern wir mittlerweile sehr aktiv und halten derzeit beispielsweise zehn Prozent offen im US-Dollar. Zudem haben wir hier die Währungen aus Kanada, Norwegen und der Schweiz im Blick.

„Wir waren vorher zu statisch“

Warum haben Sie die Strategie beim Do Absolute Return überhaupt geändert?

Bei der Aktienquote und der Duration waren wir vorher zu statisch und haben uns manchmal zu lange an einem bestimmten Konjunkturbild festgehalten. Daher haben wir uns Anfang 2019 darauf verständigt, dass wir uns nicht festlegen dürfen, sondern flexibler werden müssen.

Und wie sieht die Asset Allocation beim Do Aktien Global aus?

Bei Aktien liegt die Bandbreite zwischen 70 bis 100 Prozent, bei Gold zwischen fünf und zehn Prozent und die restlichen null bis 25 Prozent investieren wir in Renten und Liquidität, wobei wir derzeit allerdings keine Anleihen halten. Mit dieser Multi-Asset-Struktur gleicht der Do Aktien Global dem Flossbach von Storch Multi Opportunities, um ein Beispiel aus unserer Peergroup zu nennen.


David Wehner

David Wehner arbeitet seit 2019 bei der Do Investment AG in München und managt mit Vorstandschef Dr. Dirk Rüttgers die Fonds und Spezialmandate des Hauses. Zuvor war Wehner zehn Jahre für das Bankhaus Lampe tätig.


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