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„In 2025 sehen wir eine Vielzahl an Gelegenheiten“

Optimistisch: M&G-Manager Werner Kolitsch sieht 2025 gute Renditechancen für Anleger / FOTO: BERT BOSTELMANN/BILDFOLIO
Interview

„Letztendlich ist Streuung, Streuung und nochmals Streuung der richtige Investmentansatz für 2025“, betont Werner Kolitsch im TiAM-Interview. Im neuen Jahr erwartet der M&G-Manager etliche gute Renditechancen, die Anleger mit einem aktiven Ansatz nutzen können

19.12.2024 | 08:15 Uhr von «Ronny Kohl»

TiAM: Herr Kolitsch, welche Entwicklung wird M & G im Jahr 2025 besonders im Auge behalten?

Werner Kolitsch: Als dominierende Themen des Jahres 2025 sehen wir in erster Linie vier makroökonomische Faktoren von besonderer Relevanz. Da ist zunächst die Inflation zu nennen, die unserer Meinung nach weiterhin eine Rolle spielen wird. Der zweite Punkt ist die Volatilität, die uns ebenfalls erhalten bleibt. An den Märkten ist sehr viel Optimismus eingepreist, der allerdings auch in Enttäuschungen umschlagen könnte. Das Dritte ist die Geldpolitik, insbesondere der Fed, die aber immer auch auf die anderen Zentralbanken abstrahlt und die unter der neuen US-Administration schwer kalkulierbar ist.

TiAM: Und der vierte Punkt?

Kolitsch: Das sind die Staatsschulden, die ebenfalls ein großes Thema werden könnten. Das gilt weltweit. In den USA ist die Verschuldung beispielsweise bereits extrem hoch – und zudem hat Präsident Trump angekündigt, die Steuern massiv senken zu wollen.

TiAM: Wie kann es im kommenden Jahr gelingen, diese vier Faktoren unter einen Hut zu bringen? Welches Inflations­szenario erwarten Sie beispielsweise?

Kolitsch: Wir sehen eine Welt, die sich mit anhaltendem Inflationsdruck ausein­andersetzt, während die Geldpolitik in den großen Volkswirtschaften sich neu orientiert. Die Inflation hat die Marktlage erheblich verändert, und obwohl die Notenbanken in den vergangenen Monaten teilweise schon Maßnahmen zur Zinssenkung eingeleitet haben, wird das Thema für uns in den kommenden Jahren aktuell bleiben. Ein Umfeld mit einer nachhaltig höheren Inflationsrate stellt Unternehmen und Konsumenten vor neue Herausforderungen. Auch die Spannungen im Handelskrieg zwischen den USA und China, die Energiepolitik Europas und die Situation im Nahen Osten beeinflussen das Marktumfeld 2025 stark.

TiAM: Auf welche Geldpolitik müssen wir uns demnach einstellen?

Kolitsch: Die Geldpolitik wird sich 2025 in einem Spannungsfeld bewegen. In den USA wird die Fed abzuwägen haben, wie sie auf mögliche Konjunkturabschwächungen reagiert. Das „Higher for longer“-Szenario, bei dem die Zinsen – vor allem am langen Ende – länger auf einem hohen Niveau verbleiben, steht nach wie vor im Raum. Zudem könnten die nächsten Zinsschritte der Fed und der EZB in unterschiedlichem Tempo erfolgen.

TiAM: Was meinen Sie damit?

Kolitsch: Ein solches Umfeld erfordert von uns, dass wir wachsam bleiben und bei den Anleihen sehr selektiv vorgehen. Wir setzen daher auf eine dynamische Anpassung der Portfolios, um auf kurzfristige Änderungen der Zinspolitik reagieren zu können.

TiAM: Können Sie das präzisieren?

Kolitsch: Grundsätzlich sind die Ablaufrenditen bei Anleihen insgesamt attraktiv, vor allem wenn man die Situation heute mit der Zeit vor drei Jahren vergleicht. Deshalb sollten Anleihen in einem ausgewogenen Portfolio eine wichtige Rolle spielen. Die weitere Entwicklung der Zinsen wird aus unserer Sicht stark von der Inflationsdynamik abhängen. Unser Basis­szenario für 2025 ist eine Seitwärtsbewegung der Renditeniveaus. Wir erwarten keine drastischen Zinssenkungen, solange die Inflationsrate nicht deutlich sinkt.

TiAM: Was folgt daraus?

Kolitsch: Das bedeutet, dass sich beispielsweise US-Staatsanleihen in einem Bereich zwischen drei und fünf Prozent bewegen dürften, bei Bundesanleihen dürften es zwischen zwei und drei Prozent sein. Auf lange Sicht bietet das Chancen, denn eine Seitwärtsbewegung der Renditeniveaus erlaubt es, mit gut verzinsten Anleihen konstante Einkünfte zu erzielen, ohne dass das Risiko eines plötzlichen Wert­verlusts zu hoch ist. Gleichzeitig müssen wir aber auch auf eine volatile Zinsentwicklung vorbereitet sein, was zu kurzfristigen Schwankungen bei Anleihen führen kann.

TiAM: Wie geht Ihr Haus damit um?

Kolitsch: Wir konzentrieren uns in vielen unserer Strategien vor allem auf das Kreditrisiko, denn dort liegt unsere Kernkompetenz. M & G hat mehr als 300 Fixed-Income-Experten, davon über 50 Kreditanalysten. Mit unserem Kredit-Research können wir unseren Kunden einen echten Mehrwert bieten. So haben wir mit dem M & G Total Return Credit Investment Fund eine sehr flexible Credit-Strategie, mit der es im Prinzip egal sein kann, wo die Renditeniveaus hinlaufen. Hier sind das Management der Kreditrisiken und die Kreditselektion hauptverantwortlich für den Anlageerfolg. Das hat sich über die Jahre bewährt. Derzeit sind wir in unseren Strategien eher vorsichtig positioniert. Die Spreads sind mittlerweile sehr eng, daher haben wir die Kreditrisiken im Laufe der letzten Monate immer weiter reduziert. Außerdem macht es unserer Meinung nach Sinn, „Dry Powder“ zu halten, um reagieren zu können. Sollten sich plötzlich neue Gelegenheiten ergeben und sich die Spreads ausweiten, sind wir vorbereitet und können so die Chancen auf den Kreditmärkten für unsere Kunden nutzen.

TiAM: Lassen Sie uns auch über die Aktienmärkte reden. Was sieht hier Ihr längerfristiger Ausblick aus?

Kolitsch: Ein auffälliger Trend ist die Dominanz der großen US-Technologieaktien, die in den letzten Jahren einen beträcht­-lichen Teil des Wachstums angetrieben ­haben. Diese Dominanz wird sich 2025 möglicherweise etwas verringern, denn wir ­sehen Anzeichen dafür, dass die Markttiefe steigt und die Aktienmärkte nicht mehr allein von den großen Techwerten dominiert werden. Insofern sind wir überzeugt, dass es für Stockpicker eine spannende Phase wird, da die Wertentwicklung zwischen den einzelnen Titeln zunehmend auseinanderdriften könnte.

TiAM: Wo könnten Stockpicker bevorzugt fündig werden?

Kolitsch: Beispielsweise bei kleineren und mittleren Unternehmen, die in den letzten Jahren weniger im Fokus standen, bei denen wir eine Erholung erwarten. Und vor allem in Europa gibt es gute Chancen im Bereich Value-Aktien, die aktuell im Vergleich zu Growth-Aktien günstig bewertet sind und von einer allgemeinen Markterholung Rückenwind bekommen könnten. Das gilt beispielsweise für Sektoren wie Versorger, Rohstoffe und Finanzdienstleistungen. Hierfür bietet sich etwa der M & G (Lux) European Strategic Value Fund an, der auf unterbewertete europäische Aktien setzt.

TiAM: Gilt die Überlegenheit von Value vor Growth auch für die USA?

Kolitsch: Nein, hier ist es umgekehrt. In den USA sehen wir weiterhin Potenzial im Bereich Growth-Aktien, speziell bei Technologieunternehmen. Ein besonderer Fokus liegt auf Unternehmen, die in künstliche Intelligenz, Cloud Computing und Automatisierung investieren. Auch wenn der erste KI-Hype abflaut, erwarten wir eine zweite Welle, bei der die Unternehmen nachhaltig Gewinne mit diesen Technologien erzielen können.

TiAM: Also eine gesplittete Strategie?

Kolitsch: Wir glauben, dass eine Barbell-Strategie ein erfolgreiches Anlagekonzept sein kann – ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Rendite und Risiko, das am besten durch Investitionen in die beiden Extreme US-Wachstums- und europäische Value-Aktien erreicht werden kann.

TiAM: Welche Rolle spielen Private Markets bei Ihrer Multi-Asset-­Strategie ?

Kolitsch: Wir sehen in dieser Anlageklasse großes Potenzial, gerade für Investoren, die langfristig denken. Am Finanzmarkt spielen sie eine Schlüsselrolle in der Finanzierung von Großprojekten, wie beispielsweise bei der Energiewende oder dem Ausbau digitaler Infrastrukturen. Damit bieten sie zusätzliche Diversifikationsmöglichkeiten und können dazu beitragen, die Volatilität im Portfolio zu reduzieren – beispielsweise über einen ELTIF.

TiAM: Was sind aus Ihrer Sicht die ­Stärken von ELTIFs?

Kolitsch: Der ELTIF ist ein vielversprechendes Vehikel, um auch Privatkunden Zugang zu Private-Markets-Strategien zu ermöglichen. Traditionell waren diese Anlageklassen institutionellen Investoren vorbehalten, da hohe Mindestinvestitionen und lange Kapitalbindungen nötig waren. Mit dem ELTIF können wir diese Hürden senken und einem breiteren Pu­blikum Zugang zu Anlagen in nicht börsennotierte Unternehmen oder Infrastrukturen bieten, um von den Vorteilen dieser Anlageklasse zu profitieren.

TiAM: Welche Produkte bieten Sie im Bereich Private Markets an?

Kolitsch: Ein Highlight ist unser M & G Corporate Credit Opportunities ELTIF. Dieser Fonds konzentriert sich zu 70 Prozent auf Unternehmensdarlehen und zu 30 Prozent auf Direct Lending. Er wurde im Oktober 2023 speziell als Diversifikationselement entwickelt und ist inzwischen bereits rund 850 Millionen Euro schwer.

TiAM: Und darüber hinaus?

Kolitsch: Daneben sind wir auch im Bereich Private Credit stark engagiert und decken hier ein breites Spektrum ab. Attraktive Renditen bietet beispielsweise der Senior Mid-Market bei Direct-Lending-Transaktionen. Auch bei Structured Credit beziehungsweise Verbriefungen, die von Hypothekenkrediten bis zu Commercial Real Estate reichen, sehen wir derzeit eine hohe Nachfrage, weil wir hier attraktive risikoadjustierte Renditen finden, die eine wertvolle Alternative zu klassischen festverzinslichen Wertpapieren darstellen können. Europäische ABS-Strategien weisen zudem eine geringe Korrelation zu anderen Anlageklassen auf. Wir haben hier gerade ein Produkt mit Investment-Grade-Rating auf den Markt gebracht, das Anlegern tägliche Handelbarkeit bietet. Eine High-­Grade-Strategie gibt es schon seit Längerem, sodass wir in dieser Anlageklasse insgesamt 8,3 Milliarden Euro verwalten.

TiAM: Um das Segment Private Markets abzurunden – was empfehlen Sie für 2025 im Bereich Immobilien?

Kolitsch: Im Immobilienbereich haben wir unser Angebot zuletzt gezielt erweitert. Unsere jüngste Beteiligung an Baumont ist ein Schritt in diese Richtung. Baumont ist ein führender Anbieter von Value-Add-Immobilienfonds, während wir bisher vor allem im Core- und Core-plus-Segment aktiv waren. Mit dieser Partnerschaft können wir unseren Kunden nun eine noch breitere Auswahl an Immobilienstrategien anbieten. Value-Add-Strategien zielen auf Immobilien ab, die sich durch Renovierungen oder Umnutzungen aufwerten lassen und dadurch höhere Renditen ermöglichen. Wir glauben, dass dieses Segment besonders in einem Umfeld volatiler Zinsen attraktive Gelegenheiten bieten kann, da es sowohl Wachstums- als auch Stabilitätskomponenten enthält.

TiAM: In welchem Segment erwarten Sie die größten Chancen?

Kolitsch: Bei Immobilien finden wir Asien spannend und das Thema Wohnen. Wir bieten unseren Kunden sowohl eine asiatische Core-Strategie wie auch eine Wohnimmobilienstrategie an. Jetzt, wo wir in den nächsten Immobilienzyklus eintreten, werden Sektoren, die einst als alternativ galten, von vielen institutionellen Investoren als Mainstream angesehen. Wir gehen davon aus, dass der Living-Sektor der Hauptprofiteur sein wird, da Anleger den attraktiven Einstiegszeitpunkt nutzen wollen. Vor allem Europa ist wegen der dortigen Angebots- und Nachfragedynamik im Living-Sektor interessant.

TiAM: Zusammengefasst klingt es, als würden Sie das neue Jahr recht optimistisch angehen?

Kolitsch: Absolut. Wir sehen eine Vielzahl von Chancen, aber gleichwohl ist in diesen unsicheren Zeiten das richtige Maß an Vorsicht geboten. Daher sollten Anleger diversifizieren, sowohl geografisch als auch über verschiedene Assetklassen hinweg. Ein aktives Management ist in solch einem Umfeld entscheidend, da es ermöglicht, auf Marktveränderungen flexibel zu reagieren und Chancen zu nutzen, wenn sie sich bieten. Andererseits sollte man sicherheitshalber auch defensivere Assetklassen berücksichtigen. Letztendlich ist somit Streuung, Streuung und nochmals Streuung der richtige Ansatz, um Risiken zu mindern und gleichzeitig von den Chancen in unterschiedlichen Bereichen zu ­profitieren.

Zur Person

Werner Kolitsch

Head of DACH Business Development bei M & G Investments

Der gebürtige Grazer verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung im Asset-Management und verantwortet die Geschäftsentwicklung von M&G-­Investments in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

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