In Deutschland steigen die Preise für Häuser und Eigentumswohnungen deutlich stärker als die Renten. "HausplusRente"-Gründer Otto Kiebler erklärt, wann es für Senioren sinnvoll ist, ihr Eigenheim zu verkaufen. Was Berater wissen sollten.
07.03.2022 | 12:15 Uhr von «Stefan Rullkötter »
Leibrente, Teilverkauf, Umkehrdarlehen - für Ruheständler gibt es mehrere Möglichkeiten, eine Wohnimmobilie zu Geld zu machen. Was spricht für eine Immobilienverrentung?
Otto Kiebler: Aus meiner Sicht ist die Verrentung von Eigenheimen für alle Eigentümer die ideale Lösung, falls sie sich nicht verpflichtet fühlen, ihre Immobilie vererben zu müssen. Die in der Vergangenheit angebotenen Modelle wurden hierzulande nicht angenommen und verschwanden daher nach kurzer Zeit wieder vom Markt.
Was sind die Gründe dafür?
Als ich mich intensiv mit dem Thema Immobilienverrentung beschäftigte, stellte ich fest, dass die bisher in Deutschland angebotene Verrentungsmodelle wie Verkauf und Rückmietung, Verkauf auf Leibrentenbasis oder erneute Kreditaufnahme im Rahmen eines Umkehrdarlehens keine oder nur sehr geringe Akzeptanz bei Senioren erfahren.
Was machen Sie strategisch anders?
Unsere Geschäftsphilosophie ist es, für jeden interessierten
Immobilieneigentümer einen Lösungsvorschlag zu erarbeiten, der mit den
Überlegungen und Zielen von Senioren im Einklang steht. Ziel ist daher, ein
maßgeschneidertes Konzept anzubieten, das den individuellen Wünschen
entspricht.
Auf welche Punkte legen Verkaufs-Interessierte erfahrungsgemäß besonderen
Wert?
Vor allem auf die Gewissheit, den Gegenwert der Immobilie
auch tatsächlich zu erhalten, die Sicherheit, dass auch eine wirtschaftlichen
Schieflage oder Insolvenz des Erwerbers keine negativen Auswirkungen für den
Veräußerer haben - sowie den Ausschluss jeglicher Bevormundung durch den
Erwerber. Erst mit unserem Konzept wurden diese Unsicherheiten und Nachteile
ausgeschlossen. Die Folge war, dass die Akzeptanz der Verrentung auf
Nießbrauchbasis stetig zunahm.
Spiegelt sich dieses Sicherheitsbedürfnis auch bei der Nachfrage für Ihre
Produktvarianten wider?
84 Prozent unserer Kunden entscheiden sich inzwischen für
das Nießbrauchmodell, 14 Prozent nutzen die Variante Verkauf mit anschließender
Rückmietung und nur ein Prozent der Interessenten wählt die Leibrente . Ein
weiteres Prozent der Interessenten entscheidet sich für den Teilverkauf der
Immobilie. Das kann aber nur eine Zwischenlösung sein - wenn etwa das
wirtschaftliche Alter für eine Verrentung noch nicht gegeben ist.
Sie haben im vergangenen Jahr für Immobilien mit einem Marktwert in Höhe von
150 Millionen Euro eine Verrentung vermittelt - ein neuer Rekord. War das ein
Ausnahmejahr - oder lässt sich 2022 die Wachstumsrate von 50 Prozent pro Jahr
voraussichtlich halten oder gar ausbauen?
Wir gehen davon aus, dass das Wachstum im vergangenen Jahr
keine Ausnahme war und weiterhin Steigerungen in hohem Umfang möglich sind. Wir
beobachten, dass der Bekanntheitsgrad der Verrentungsmöglichkeiten zunimmt.
Dazu leisteten wir von Anbeginn mit unserem Nießbrauchkonzept unseren Beitrag
zur Aufklärung durch zahlreiche Informationsveranstaltungen und
Beratungsgespräche mit Seniorinnen und Senioren.
Wie reagieren Sie auf die wachsende Nachfrage?
Um dieser gerecht werden zu können, haben wir im vergangenen
Jahr die Zahl unserer Standorte von 11 auf 18 Niederlassungen erhöht, verteilt
im gesamten Bundesgebiet. Hiervon erwarten wir uns steigende Beratungs- und
Verbriefungszahlen. Denn Immobilienverrentung ist ein sehr individuelles und
beratungsintensives Produkt. Das Wachstum dieses Marktes finanzieren wir als
familiengeführtes Unternehmen ohne fremde Kapitalgeber.
Der Trend, dass sich immer mehr Immobilieneigentümer eine Verrentung
vorstellen können, ist also intakt?
Diese Entwicklung wird sich mit zunehmender Bekanntheit des
Geschäftsmodells sogar noch verstärken. Gleichzeitig wird die Bedeutung dieses
Themas im Zuge des demografischen Wandels steigen. Denn, wenn sich die
Lebenserwartung der Menschen erhöht, sind sie auch im Alter länger fit und
wollen länger in den eigenen vier Wänden selbstbestimmt wohnen. Dazu passen
liquide Mittel aus einer Verrentung ideal. Wir sind überzeugt, dass sich der
Trend zur Immobilienverrentung noch verstärken wird.
Welche Möglichkeiten sehen Sie für Kapitalanleger, sich möglichst
unkompliziert an Verrentungs- Modellen zu beteiligen?
Aus unserer Sicht ist der Erwerb ausgewählter
Nießbrauchobjekte, wie sie von HausplusRente vermittelt werden, der für
Investoren zuverlässigste und klarste Weg. Der Investor schließt einen
Kaufvertrag für die ausgewählte Immobilie ab und räumt dem Verkäufer im
Grundbuch an erster Rangstelle den Nießbrauch ein. Damit kommt dieses Produkt
für beide Seiten - Verkäufer und Käufer - ohne komplizierte Konstruktionen aus.
Der Nießbrauch ist im Bürgerlichen Gesetzbuch klar geregelt und hat sich schon
seit Jahrhunderten bewährt. Das macht ihn für beide Seiten verständlich und in
der Umsetzung attraktiv.
Noch im Bundestags-Wahlkampf wurde darüber diskutiert, die zehnjährige
Spekulationsfrist für Gewinne aus Immobilienverkäufen abzuschaffen. Davon ist
nicht mehr die Rede, seit die Ampel regiert. Kann man davon ausgehen, dass
diese Steuer-Regel unverändert bleibt, solange die FDP in der Regierung ist?
Die Gefahr einer Steueränderung für Immobilienbesitzer ist
deutlich geringer geworden. Derzeit gehen wir davon aus, dass die gegenwärtige
Regelung erst einmal beibehalten wird. Allerdings ist nie ganz auszuschließen,
dass Immobilienbesitzer - auch ohne lange Vorlaufzeit - zur Finanzierung
öffentlicher Haushalte herangezogen werden. Das Beispiel Österreich hat
gezeigt, dass eine Abschaffung der Spekulationsfrist für Gewinne aus
Immobilienverkäufen sehr rasch umgesetzt werden kann.
Wie wichtig ist die Steuerfreiheit von Immobilien-Verkaufsgewinnen nach zehn
Jahren Haltedauer für Ihr Geschäftsmodell?
Bei einer Immobilienverrentung mit Nießbrauch, wie sie HausplusRente anbietet, setzt sich der Verkaufspreis aus zwei Komponenten zusammen: Erstens aus dem lebenslangen Nießbrauch, dem ein entsprechender Mietwert für die Nutzung der Immobilie zugrunde gelegt wird. Zweitens einem Geldbetrag, abhängig vom Marktwert der Immobilie und dem Wert des lebenslangen Nutzungsrechts. Aktuell ist der Verkauf einer Immobilie nach zehn Jahren Haltedauer steuerfrei. Bei einer Abschaffung dieser sogenannten Spekulationsfrist und der Einführung einer Pauschalversteuerung wäre der Verkäufer zwar steuerlich schlechter gestellt, aber nur begrenzt betroffen. Das in Abzug gebrachte Nutzungsrecht würde erst im Nachhinein und lediglich pauschal versteuert werden.
Zur Person:
Otto Kiebler ist seit 1983 unternehmerisch im Segment Vermögensplanung,
Immobilienvermittlung und -finanzierung tätig. In den Jahren 2006 bis 2009
entwickelte er in Zusammenarbeit mit Experten das Verrentungskonzept
"HausplusRente".
Dieser Artikel erschien zuerst am 05.03.2022 aufboerse-online.de
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