TiAM FundResearch blickt auf die Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: das wirrste Interview des Jahres.
19.08.2024 | 07:15 Uhr
Yeah…yeah…yeah. Das ist zwar auch eine Textzeile aus einem Beatles-Song. Gleichzeitig waren das wortwörtlich 70 Prozent der Redebeiträge von Elon Musk in dem vielleicht merkwürdigsten Podcast dieses Jahres. Elons Gesprächspartner war Donald Trump. Fast zwei Stunden lang lauschte der reichste Mann der Welt den wirren Auslassungen des republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Musk unterbrach ihn nur selten mit eigenen Aussagen. Und wenn, dann nur, um Trump weiterhin zu bestätigen, wie wichtig es sei, dass dieser ein zweites Mal ins Präsidentenamt komme. Und, ach ja, Musk empfahl sich an dieser Stelle schon einmal vorsorglich als Finanzminister. Oder zumindest als Sonderbeauftragter, der die Ausgaben des Staates kontrollieren und deutlich zurückfahren wolle.
Für alle, die Trump und Musk schon immer kritisch gesehen haben, war das – auch technisch – misslungene „Interview“ für beide Protagonisten ein Reinfall. X-Eigner Musk bekam auf seiner eigenen Chat-Plattform keinen funktionierenden Live-Stream hin. Und Donald Trump erlebte seinen schlimmsten „Biden“-Moment. Der alte Mann faselte zusammenhanglos seine Wahlkampf-Slogans vor sich hin, lispelte und lallte dabei. Joe Biden war nach einem vergleichbaren Auftritt auf Drängen seiner Partei aus dem Wahlkampf ausgestiegen.
Von Donald Trump ist das jedoch nicht zu erwarten. Schon deshalb nicht, weil das Präsidentschaftsamt sein Ausweg ist, um endgültig der Justiz zu entkommen. Vier private Verfahren mit Strafandrohung sind noch anhängig. Als Präsident könnte er sie mit einem Federstrich aus der Welt schaffen – und die ihn verfolgenden Staatsanwälte gleich mit. Das ist seine Hoffnung. Die Aussicht auf präsidiale Unantastbarkeit, kombiniert mit seinem – spätestens seit dem misslungenen Attentat auf sein rechtes Ohrläppchen – manifestierten Glauben, ein allwissender Gottgesandter zu sein, ist mittlerweile leider ein Problem. Für die Republikaner sowieso, weil sie gerade ihre Felle davonschwimmen sehen.
Aber auch für die Wirtschaft. Denn sie weiß nicht, worauf sie sich einstellen soll. Kamala Harris ist wirtschaftspolitisch ein unbeschriebenes Blatt. Man kann aber davon ausgehen, dass sie den mit dem Inflation Reduction Act (IRA) beschrittenen Weg weitergehen wird. Dieses Gesetz, das im zweiten Amtsjahr von Präsident Biden verabschiedet wurde, nutzt Direktzahlungen und Steuergutschriften, um die Ökologisierung der US-Industrie in den kommenden zehn Jahren zu fördern. Viele Firmen profitieren davon. Die Republikaner wollen große Teile des Pakets kippen. Doch falls Donald Trump erneut Präsident wird, kann es so oder so kommen – je nach Tagesform. Noch hat Trump gute Chancen aufs Präsidentenamt. Das US-Wahlrecht bevorzugt die Republikanische Partei. Es ist deshalb möglich, dass Donald Trump den Kampf ums Weiße Haus gewinnt, selbst wenn er landesweit nicht die Mehrheit der Wählerstimmen bekommt. Was dann folgen würde, wäre eine Trump´sche Willkürherrschaft. Was diese konkret bedeuten könnte, lässt sich derzeit schon ahnen. Bestes Beispiel ist Trumps Angriff auf die Unabhängigkeit der US-Notenbank Federal Reserve. Trump spricht offen davon, in die Geldpolitik hineinregieren zu wollen. Er habe einen „besseren Instinkt“ als die „Leute, die bei der Federal Reserve sind“, sagte Trump im Gespräch mit Elon Musk. Trump will demnach die Zinsen senken und den US-Dollar schwächen. Das ist sein Masterplan, um die USA international und vor allem China gegenüber wettbewerbsfähiger zu machen.
Gleichzeitig üben Trump und seine Republikaner aktuell massiven Druck auf die Fed aus, damit diese die Zinsen nicht vor den Wahlen senkt. Denn die hohen Zinsen belasten die Wirtschaft und den Konsum in den USA. Die Erzählung, die regierenden US-Demokraten seien dafür verantwortlich, könnte in sich zusammenfallen, falls die US-Notenbank – wie allgemein erwartet – schon im September die Zinsen senken und womöglich verkünden würde, dass weitere Zinssenkungen folgen sollen. Allein dieses Beispiel zeigt: Trumps Haltung zur Geldpolitik folgt allein seinen persönlichen Karrierezielen. Auch seine Meinung in Hinblick auf die Förderung Erneuerbarer Energien ist wirr. Einerseits ist Trump bekennender Unterstützer der Öl- und Kohleindustrie – andererseits aber auch Tesla-Fan, der die Elektrofahrzeuge im Gespräch mit Elon Musk als „unglaubliche Produkte“ lobte, deren Herstellung es im eigenen Land zu unterstützen gelte. Der Tesla-Chef wiederum meinte daraufhin, dass man aber auch die Ölindustrie nicht dämonisieren solle. Spätestens an diesem Punkt durfte man das Gespräch der beiden Mega-Egos als „weird“ bezeichnen. Es gibt kein treffenderes deutsches Wort für diesen englischen Begriff.
Dass ein schwächelnder US-Dollar für den weltweit größten Schuldner und Warenimporteur ein Problem sein könnte, haben übrigens weder Donald Trump noch Elon Musk in ihrem Gespräch thematisiert. Dass zu niedrige Zinsen und ein schwacher Dollar die US-Inflation wieder befeuern würden, ebenfalls nicht. Aber was soll´s. Willkür bedeutet eben, dass das eigene Handeln weder einen tiefen Sinn ergeben noch für andere nachvollziehbar sein muss. Yeah.
Am Dienstag wird vormittags der Grundstein für die Chipfertigungsanlage der European Semiconductor Manufacturing Company (ESMC) in Dresden gelegt. Die Fabrik soll als Joint Venture mit Bosch, Infineon und NXP Semiconductor unter dem Namen ESMC in Flughafennähe entstehen, wo Bosch Mikrochips fertigt.
Am Mittwoch öffnet die Gamescom in Köln ihre Pforten. Die Fach- und Publikumsmesse für interaktive Unterhaltungselektronik, vor allem Video- und Computerspiele, findet vom 21. bis 25. August statt. Wer die technischen Entwicklungen der vergangenen fünf Jahre aufmerksam verfolgt hat, darf die Grundsteinlegung für die Chipfertigungsanlage in Dresden und den Start der Gamescom durchaus im Zusammenhang sehen.
Am Donnerstag findet die Abschlussveranstaltung des Parteitages der Demokraten in Chicago statt. Fünf Tage lang werden die Demokraten dann medienwirksam für ihre Anliegen und ihre Präsidentschaftskandidatin getrommelt haben. Start des Parteitages ist der heutige Montag. Fünf Tage, in denen Donald Trump zusehen muss, wie andere im Fokus der Öffentlichkeit stehen, dürften einem Narzissten wie ihm nicht schmecken. Man wird sehen, wie er damit umgeht.
Am Freitag spricht US-Notenbankchef Jerome Powell auf der Jackson-Hole-Wirtschaftskonferenz für Notenbanker und Ökonomen. Man darf gespannt sein, wie er den unverändert hohen Inflationsdruck in den USA kommentiert. Angesichts der jüngsten disinflationären Tendenzen könnte Powell geneigt sein, eine Leitzinssenkung im September zumindest nicht auszuschließen. Es wäre ein wichtiges Zeichen.
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