Die Kryptowährungen stehen heftig unter Druck. Doch es gibt auch Hoffnungszeichen, dass die Talfahrt ein Ende findet.
07.02.2022 | 07:15 Uhr von «Peter Gewalt»
Es ist gerade einmal zwölf Monate her, da sorgte JP Morgan mit einem neuen Bitcoin-Kursziel weltweit für Furore. Auf knapp 146.000 US-Dollar werde die Kryptowährung steigen, so die US-Investmentbank. Ein Jahr später notiert Bitcoin bei gerade einmal 36.100 US-Dollar, das sind knapp 50 Prozent weniger als noch Mitte November vergangenen Jahres. Allein in der vergangenen Woche rauschte der Kurs um zwölf Prozent nach unten. Bitcoin befindet sich derweil mit seinem dramatischen Preisrückgang nicht allein im Kryptoreich. Ether hat seit Jahresbeginn 34 Prozent, Cardano 21 Prozent und Ripple 28 Prozent verloren. Der Wert aller Kryptowährungen hat sich damit in elf Wochen von knapp drei Billionen US-Dollar auf 1,5 Billionen halbiert.
Auslöser des Kursrutsches war die Angst vor steigenden Zinsen und der damit einhergehende Anstieg der Anleiherenditen, die die Furcht vor risikoreichen Investments befeuert haben. Zudem haben zuletzt eine Reihe von Staaten Restriktionen gegen Bitcoin & Co angekündigt. So hat die russische Zentralbank erst vergangene Woche angekündigt, dass der Einsatz und das Mining von Kryptos im Land künftig untersagt werden.
Sehr augenfällig ist allerdings, dass die Bewertungen der Kryptos parallel zum aktuellen Kurseinbruch bei Aktien, insbesondere den Technologietiteln, verlaufen. Laut Datenanbieter Bloomberg ist die Korrelation von Bitcoin mit der US-Technologiebörse Nasdaq 100 aktuell so hoch wie nie zuvor.
Damit sind zwei Bitcoin-Mythen angekratzt. Erstens hat sich die Hoffnung nicht bewahrheitet, dass Bitcoins bei der Diversifikation des Portfolios in Abwärtsphasen helfen können. Dass sich Bitcoins inzwischen ähnlich wie traditionelle Anlagen verhalten, führt Analyst Sören Hettler von der LBBW auf bedeutende Akteure aus traditionellen Segmenten zurück, die ihre Engagements 2021 erheblich ausgeweitet haben. Und diese Investorengruppe verhalte sich nach klassischem Muster. Soll heißen: "Mit steigender Unsicherheit werden riskante Vermögenswerte - und das sind Kryptowährungen zweifelsohne - tendenziell verkauft."
Auch die Aussage vieler Kryptofans, dass Bitcoin das neue Gold sei, ist nur noch schwer zu halten. Denn das gelbe Edelmetall hat in den vergangenen Wochen anders als Bitcoin & Co trotz aller oder wegen der Turbulenzen leicht zugelegt.
Nach den schweren Verlusten macht nun schon das Schlagwort vom Krypto-Winter die Runde, der sich wie in den Jahren 2017 und 2018 lange hinziehen kann. Damals verlor Bitcoin 80 Prozent seines Werts, bevor es wieder nach oben ging. Und derzeit nähert sich Bitcoin dem nächsten wichtigen Kursbereich von 29.000 US-Dollar. Sollte diese charttechnisch wichtige Marke gerissen werden, könnte dies für weiteren Verkaufsdruck sorgen. Anleger müssten aber auch dann nicht gleich die Flinte ins Korn werfen.
Denn bisher folgten auf alle heftigen Kursstürze auch aufgrund der regelmäßig vollzogenen Verknappung der Bitcoin-Produktion ("Halving") länger anhaltende Kursrallys, die jedes Mal zu neuen Höchstständen geführt haben.
Und anders als 2018 wird derzeit weltweit stark in den Kryptosektor investiert. Vergangene Woche kündigte der Silicon-Valley-Investor Andreessen Horowitz an, 4,5 Milliarden US-Dollar für mehrere neue Kryptofonds einzusammeln. Zudem steht die lang ersehnte Zulassung eines Krypto-ETFs in den USA bevor.
Und auch in Deutschland werben mit dem F5 Crypto Fonds und dem BIT Global Crypto Leaders Capital zwei neue Fonds um Investorengeld, das direkt in Kryptowährungen und -unternehmen fließen soll. Beide Produkte sind aus rechtlichen Gründen professionellen und semiprofessionellen Investoren vorbehalten. Privatanleger setzen auf den Invesco CoinShares Global Blockchain ETF.
Dieser Artikel erschien zuerst am 05.02.2022 auf boerse-online.de
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