Ein schlecht begründetes Verbot ist die offensichtlichste Form der Hilflosigkeit.
Im Februar 2019 sah die Welt bereits anders aus. Die von
Dimon geführte Bank legte mit dem JPM Coin selbst eine digitale Währung auf,
die den US-Dollar abbilden sollte. Geplant war der Einsatz im Zahlungsverkehr.
Nur ein Jahr später erweiterte J.P. Morgan sein Kundenspektrum und bot
Bankdienstleistungen für die amerikanischen Krypto-Börsen Coinbase und Gemini
an. 2021 startet die Bank sogar ihren eigenen Bitcoin Fonds. Wie kommt es zu
diesem Wandel?
Ein Verbot von Bitcoin ist nicht mal eben so und schon gar
nicht ohne Nebenwirkungen zu realisieren. Dies ist nicht die Hoffnung einzelner
Krypto-Enthusiasten, sondern entspricht der Einsicht des US-Gesetzgebers. So
äußerte sich im Jahr 2019 der Vorsitzende des Bankenausschusses des US-Senats,
Mike Crapo, in einer Anhörung zur Regulierung von Blockchain-Technologie im
Allgemeinen und Krypto-Assets im Besonderen. Die Vereinigten Staaten seien
nicht in der Lage, ein Verbot des Bitcoin durchzusetzen.
Der Regulierer kann lediglich auf Drittanbieter Einfluss
nehmen. Diese erleichtern Interessenten den Zugang zu Bitcoin und sind somit
die Schnittstelle zwischen der Welt der Fiat-Währungen und den digitalen
Assets. Eine Regulierung dieser Marktteilnehmer ist jedoch nicht zwingend ein
Malus. Intelligent reguliert können alle Beteiligten davon profitieren, die
Unternehmen und deren Kunden von gestiegener Rechtssicherheit und der Staat von
einer mit vergleichsweise geringem Aufwand zu erreichenden Kontrolle.
Der Umgang der US-Regulierer mit Bitcoin beeinflusst die
Behörden in vielen anderen Regionen der Welt. Dennoch gibt es auch Staaten, die
die Nutzung des Bitcoin einschränken oder sogar ganz verbieten. Dazu gehören
afrikanische Länder wie Algerien, Ägypten und Marokko. Auch in Südamerika gibt
es mit Bolivien und Ecuador Vertreter der kompromisslosen Gangart.
In vielen Schwellenländern betreffen die Verbote Banken,
denen Geschäfte mit Kryptowährungen untersagt sind. Haben diese Länder Erfolg
oder sind derartige Eingriffe lediglich das Zeichen ökonomischer Schwäche? Wenn
es um die Gefahren einer raschen Geldentwertung gibt, die in der Regel durch
Korruption oder politische Unfähigkeit zumindest begünstigt wird, dürften ab
einer gewissen wirtschaftlichen Schmerzgrenze auch Verbote wenig bewirken.
Viele Menschen in allen Regionen der Erde wollen zumindest einen Teil ihres
Ersparten in Assets anlegen, die von der Geldpolitik entkoppeltet sind.
Hinzu kommen Entwicklungen wie in El Salvador. Dort hat der amtierende Präsident Bukele den Bitoin per Gesetz in den Status eines offiziellen Zahlungsmittels (legal tender) befördert. Andere Staaten aus Südamerika haben dies wohlwollend kommentiert. El Salvador ist ein kleines Land mit rund 6,5 Millionen Einwohnern und dennoch ist dieses Ereignis bedeutsam, denn als offizielles Zahlungsmittel wäre es für andere Länder und Institution kaum mehr als Rohstoff zu klassifizieren. Auf Grund der hohen Bedeutung einer solchen Entscheidung ist mit einigem Gegenwind zu rechnen, daher sind die umgehend vom IWF geäußerten Zweifel keine Überraschung.
Die simpelste Möglichkeit staatlicher Eingriffe ist die
Kontrolle und Regulierung von Börsen und bilateralen Handelsplätzen. Diese ist
einfach zu implementieren und durch bekannte Argumente wie der Verhinderung von
Geldwäsche nachvollziehbar zu argumentieren. Ein generelles Verbot solcher
Plattformen wäre hingegen kontraproduktiv. Wie beim netzbasierten Tausch von
Videos und Musikdateien haben sich jedoch auch im Segment der Krypto-Assets
schon jetzt eine Vielzahl von peer-to-peer Netzwerken etabliert, die sich auf Grund
der dezentralen Organisation nicht zerstören lassen.
Dennoch würde ein solcher Eingriff den Eintritt neuer
Anleger sowie den Kapitalzufluss von außen deutlich behindern. Dies würde dann
in den betroffenen Regionen zu einer Verlagerung des Erwerbs von Kryptoassets
über intransparentere Kanäle führen. Die Folge wäre Preisaufschläge, die die
Anleger in bestimmten Ländern aufzubringen hätten. In Argentinien, Indien oder
Venezuela ist dadurch die Prämie für Bitcoin in die Höhe geschnellt. Das von
einer solchen Vorgehensweise ausgehende Signal der ökonomischen Schwäche dürfte
spürbare Schäden an der Reputation des betreffenden Landes verursachen. Die
erwähnten Auswirkungen sind nicht theoretischer Natur. Sie lassen sich auch auf
dem Goldmarkt beobachten.
Was aber ist der beste Weg für Staaten mit einem
funktionierenden Rechtssystem? Schon um die Kontrolle nicht vollends aus der
Hand zu geben, ist eine Regulierung sinnvoll. Dabei sollte das Ziel nicht die
Verhinderung neuer Möglichkeiten sein, sondern die Schaffung eines
verlässlichen, konsistenten und dauerhaften Rechtsrahmens, innerhalb dessen die
Investoren eigenverantwortlich agieren können.
In Deutschland hat die Bundesregierung eine den Handel mit
Krypto-Assets betreffende Gesetzesnovelle beschlossen. Banken und Start-ups
erhalten fortan mehr Rechtssicherheit, wenn sie den Handel mit Kryptowährungen
anbieten. Das neue Fondsstandortgesetz ermöglicht es sogar, Kryptoassets in
einem Fonds direkt aufzunehmen. In den Vereinigten Staaten wurde Banken
zugestanden, Kryptowährungen zu verwahren. Auch die EU stellte einen entsprechenden Vorschlag zur Regulierung dieser
Assets vor. Diese Beispiele weisen den Weg und dieser Weg weist nicht in
Richtung eines Verbots.
Digitale Assets werden nicht per se verboten werden. Das
wahrscheinlichste Szenario ist eine fortschreitende Integration in das
bestehende System mit dem Ziel der Schaffung rechtlicher Klarheit für alle
Beteiligten. Emittenten, Dienstleister und Handelsplätze müssen einer
Informationspflicht nachkommen. Anleger müssen sich darauf verlassen können.
Die neu entstehende Regulierung digitaler Assets wird sich am bereits
bestehenden Rechtsrahmen der klassischen Kapitalmärkte orientieren. Einige
mögen den Verlust an Freiheit beklagen, jedoch bringt nur die Rechtssicherheit
auch die Möglichkeit mit sich, Marktmanipulationen oder Insiderhandel zukünftig
rechtlich zu ahnden.
Eine konstruktive Regulierung ist eher Ende des “Wilden
Westens” als das Ende der Welt. Für den Handel mit Kryptowährungen sollte die
wachsende Rechtssicherheit einen deutlichen Vertrauensschub auslösen und neue
Anlegerklassen erschließen.
Die Voraussetzung für eine steigende Adoption von Bitcoin
& Co ist mehr Kapital. In nennenswertem Umfang kann dies nur von
institutionellen Anlegern stammen. Damit diese sich überhaupt für das Thema
erwärmen können, ist die Schaffung regulatorischer Sicherheit die notwendige
Voraussetzung.
Von einem Verbot des Bitcoin sind wir weit entfernt. Die
größte Gefahr für Krypto-Währungen ist eine langfristig ausgerichtete,
politisch unabhängige und auf Geldwertstabilität ausgerichtete Geldpolitik.
Danach sieht es momentan auf diesem Planeten nicht aus.
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