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Peter E. Huber: Soll man nach dem Crash schon einsteigen?

Peter E. Huber
Aktienmarkt

Börsenaltmeister Peter E. Huber hat sich nach dem Crash der vergangenen Tage seine Gedanken darüber gemacht, ob es zum Verkaufen zu spät und um kaufen vielleicht noch zu früh ist.

08.04.2025 | 14:30 Uhr

Die „Magnificent 7“, die Gewinner der vergangenen Jahre, haben zuletzt massiv Federn lassen müssen, und auch europäische Highflyer wie Novo Nordisk sind weit von ihren Höchstständen entfernt. Huber merkt an, dass „zahlreiche Experten nach dem Wahlsieg von Donald Trump noch das Zeitalter des amerikanischen Exzeptionalismus ausgerufen haben und damit noch einmal massive Kapitalströme aus der ganzen Welt an die Wallstreet lockten“. Doch die neuen Höchststände waren nur von kurzer Dauer. Trumps Zollhammer hat am „Befreiungstag“ (Liberation Day) die Angst an die Börsen zurückgebracht. „Und dies mit einer Stärke, die selbst die schlimmsten Befürchtungen bei weitem übertraf. Niemand kann abschätzen, ob er damit tatsächlich eine isolationistische Politik einleitet oder nur seine Handelspartner erpressen will. Mit dieser Unsicherheit kommen die Börsen am schlechtesten zurecht“, so Huber.

Die Unsicherheit der Märkte 

Seine Skepsis gegenüber den vermeintlichen Wachstumswerten hat sich mit dem massiven Aberverkauf der Wachstumswerte wieder einmal bestätigt. „Auch an der Börse wachsen die Bäume eben nicht in den Himmel. Unser Credo lautet, dass man nicht (vermeintlich) gute Aktien kaufen, sondern Aktien gut kaufen sollte. Auf den richtigen Zeitpunkt kommt es an. Als Antizykliker investiert man am besten dann in Aktien, wenn sie keiner haben will. Solche Gelegenheiten sind natürlich rar gesät, wenn sich zahlreiche Börsen in der Nähe historischer Höchststände befinden. Vor ein paar Monaten haben wir mehrfach auf chinesische Aktien und Goldminen hingewiesen, die allgemein als „nicht investierbar“ galten. Beide Marktsegmente sind inzwischen deutlich angestiegen“, gibt Huber zu bedenken.

Antizyklisches Investieren: Warum der richtige Zeitpunkt entscheidend ist

Auch weist Huber darauf hin, dass der EuroStoxx-50-Index erst kürzlich sein Hoch aus dem Jahr 2000 bei 5.500 Punkten überwinden konnte. „25 Jahre Stagnation, außer Dividenden nichts gewesen, während sich die Unternehmensgewinne im Schnitt mehr als verdoppelt haben. Doch die Entwicklung seit Jahresanfang macht Hoffnung auf eine Trendwende. Europäische Aktien konnten trotz der Kursverluste im März im 1. Quartal 6,3% zulegen. Man fragt sich nun, ob diese positive Entwicklung fortgesetzt werden kann oder der von den USA entfachte Handelskrieg eine neue Baissephase einläutet“, so der Manager weiter.

Chancen und Risiken an den europäischen Börsen

Prinzipiell sieht es laut Huber auf mittlere Frist gar nicht so schlecht aus. Nach einer längeren wirtschaftlichen Schwächephase deuteten die konjunkturellen Frühindikatoren auf eine leichte Konjunkturbelebung in Europa hin. So konnten sich die Einkaufsmanager-Indices (PMI) für das verarbeitende Gewerbe deutlich von ihren Tiefstständen lösen. Impulse könnten laut dem Fondsmanager auch von den deutschen „Sondervermögen“ ausgehen, schließen sich die anderen europäischen Länder doch liebend gern der Schuldenorgie an. Auch Produktivitätsgewinne durch den verstärkten Einsatz von KI sind laut Huber möglich. Und nicht zuletzt wirkten die schnellen Zinssenkungen durch die EZB unterstützend.

Zwei Schlüsselbranchen in der Strukturkrise: Automobil und Chemie

In einer solchen Börsenphase schaut sich der Antizykliker zwei frühzyklische Schlüssel-Branchen stärker an, die sich aktuell in einer massiven Strukturkrise befinden und deren Aktien entsprechend niedrig bewertet sind. Dies sind die Automobil- und Chemiebranche.

Automobilindustrie: Krisensignale und Chancen durch hohes Fahrzeugalter

In der Autoindustrie und bei ihren Zulieferern kumulieren sich laut Huber die Krisensignale nicht erst seit den Exportzöllen von Trump in eklatanter Weise. „Angefangen hat es mit dem Verbrenner-Verbot ab 2035 durch die EU und drohenden Milliardenstrafen aufgrund unrealistischer Emissions-Vorgaben. Man wollte eine schnelle Umstellung auf E-Autos erzwingen, ohne zu berücksichtigen, ob die Auto-Käufer da auch mitmachen.“ Hinzu kämen die Probleme auf dem chinesischen Markt. „Zusätzlich befeuert durch die miserablen Standortfaktoren (Energiepreise, Arbeitskosten, hohe Steuern, Bürokratie, Infrastruktur) geht es für die Autoindustrie und ihre Zulieferer ans Eingemachte. Allerdings sind diese Fakten bereits allgemein bekannt und dürften deshalb weitgehend in den Aktienkursen enthalten sein.“ Positiv sieht Huber die Tatsache, dass sich das Durchschnittsalter der Autos sowohl in den USA als auch in Europa drastisch erhöht hat. „In den USA sind die PKW inzwischen durchschnittlich 14 Jahre alt und in Europa lag der Schnitt nach den neuesten Zahlen aus 2023 auch schon bei 12,5 Jahren.“

Chemieindustrie: Energiepreise und wachsende Konkurrenz

Auch die Chemieindustrie stecke in der Krise. „Ursächlich sind die steigenden Energiekosten durch den Wegfall des preiswerten Russengases. Wenn man mit Sanktionen den Ast absägt, auf dem man sitzt, kann man dies nur als Schildbürgerstreich bezeichnen. Doch auch die wachsende Weiterverarbeitung von Öl und Gas zu Basischemieprodukten durch die Ölförderländer sorgt für steigende Konkurrenz. Dennoch wird auch die Chemieindustrie von einer konjunkturellen Belebung profitieren.“

Wann sind Automobil- und Chemiewerte kaufenswert?

Die Überwindung dieser Strukturkrisen benötigt laut Huber Zeit. „Wahrscheinlich ist es deswegen für den verstärkten Positionsaufbau in den beiden Branchen noch zu früh. Doch sollte die Entwicklung aufmerksam verfolgt werden, da sich hier eine Kaufgelegenheit nach dem UUU-Prinzip auftun könnte: Die entsprechenden Aktien müssen unbeliebt, unterbewertet und in den Depots der Anleger untergewichtet sein“, so der Manager weiter.

Peter Huber wartet noch ab

Der Huber Portfolio SICAV Fonds bleibt aufgrund der Marktsituation mit einer Aktienquote von 65 Prozent weiter im neutralen Bereich investiert. Bei weiteren deutlichen Kursrückgängen will Huber die Aktienquote schrittweise erhöhen. Fünf bis zehn Prozent hält er in Gold und Silber. Als Liquiditätspolster dienen kurzlaufende Anleihen bester Bonität. Insgesamt bleibt seine Anlagestrategie unverändert. Dennoch hat er im ersten Quartal US-Aktien (3M, CISCO, PAYPAL, IBM, Ebay) mit deutlichem Gewinn verkauft. Die freiwerdenden Mittel hat er in Europa und Asien reinvestiert. Diese Regionen sind nun deutlich übergewichtet, weil Huber hier auf längere Sicht ein erhebliches Kurspotential sieht. (jk)

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