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TiAM-Round-Table: Chancen 2025 - Das sagen die Profis

Walter Liebe (li.), Philipp von Königsmarck (Mi.), Gerrit Braith (re.)
Veranstaltungen

Nach den kräftigen Kursgewinnen 2024 fragen sich viele Anleger, was sie denn in diesem Jahr erwarten wird. Beim TiAM-Round-Table diskutieren Anlageexperten, welche Trends auf Investoren 2025 zukommen werden und wie sie davon profitieren können. Teil 1: Der Ausblick für Aktien, Inflation und Gold

16.01.2025 | 10:00 Uhr von «Peter Gewalt, Jörn Kränicke»

TiAM FundResearch: 2025 hat gerade erst begonnen. Wie optimistisch können Investoren auf das Börsenjahr blicken?

Gerrit Braith: Auch 2025 wird eine Vielzahl an Themen die Börsen maßgeblich beeinflussen. Im Gegensatz zu dem eher düsteren Bild, das aktuell oft von der deutschen beziehungsweise europäischen Wirtschaft gezeichnet wird, können Investoren auf Sicht positiv gestimmt sein. Wir sind es jedenfalls. Diese optimistische Einschätzung basiert insbesondere auf unserem Fokus auf Nebenwerte. Hier gibt es unzählige Unternehmen, die durch solide wirtschaftliche Kennzahlen, prall gefüllte Auftragsbücher und exzellentes Know-how sowie Wettbewerbsfähigkeit überzeugen. Solche Qualitätsmerkmale ermöglichen es ihnen, sich vom breiten Markt abzusetzen. Für selektiv agierende Stockpicker, und das sind wir, sind das in Verbindung mit Schnäppchenpreisen sehr gute Nachrichten.

Philipp von Königsmarck: Das gilt global – auch wenn man es vermutlich am Small-Cap-Markt in den USA am besten beobachten kann. Der ist in den letzten drei Jahren deutlich schlechter gelaufen als die großen Unternehmen im S & P 500. Historisch aber kann man beobachten, dass sich Small Caps eineinhalb bis drei Jahre nach einer Zinssenkung besonders gut entwickelt haben. Ich denke, das könnte sich auch dieses Mal wiederholen, und daher erwarten auch wir von dem Segment eine gute Performance.

Glauben Sie denn, dass es mit den Zinssenkungen weitergeht?

Walter Liebe: Wir gehen in unserem Gesamtbild von der Annahme aus, dass die Märkte wieder zu normalen Zyklen zurückkehren – zu ökonomischen Zyklen, Zinszyklen oder Inflationszyklen, die seit der Finanzkrise 2008, 2009 von den Notenbanken wegmanipuliert wurden. Jetzt bewegen wir uns wieder auf den Bereich zu, der eigentlich die schönere Seite in unserem Geschäft ist. Und ja, ich denke, die Inflation wurde erfolgreich bekämpft und die Zentralbanken sind bei aller gebotenen Wachsamkeit in der Lage, die Zinsen zu senken. Das ist der große Unterschied: Sie sind nicht gezwungen, die Zinsen zu senken, weil sonst die Wirtschaft abschmiert. Das erlaubt es, die Investitionstätigkeit wieder hochzufahren, die Wirtschaft kann sich in einem zyklischen Auf und Ab entwickeln.

Dann bleiben wir bei Aktien. Wieso sollten Investoren in dieser Lage trotzdem auf Nebenwerte setzten, obwohl der so genannte Small-Cap-Effekt tot ist?

Liebe: Tot war. Einer der Gründe, warum der Effekt phasenweise völlig in den Hintergrund trat, war, dass kleine Unternehmen später an die Börse kamen als früher, weil Private-Equity-Gesellschaften länger an ihnen festhielten. Das hat die Auswahl an innovativen, stark wachsenden Small Caps deutlich verringert, und es war zudem nicht zwingend, in sie zu investieren. Das hat sich 2024 gedreht. Private-Equity-Firmen und Fonds sind unter Druck. Sie können kein frisches Kapital einsammeln und sind gezwungen, den Exit zu suchen. Wir sehen eine Reihe von IPOs, und das sollte den Small-Cap-Effekt wiederbeleben – nicht zuletzt, weil das Interesse wieder da und die schiere Unterbewertung so groß ist.

Heißt das, dass Large Caps, allen voran Techwerte, zu teuer sind?

Braith: Large Caps sind schon lange auf dem Radar der Investoren und in vielen Depots zu finden. Ob sie zu teuer sind, lässt sich nur von Einzeltitel zu Einzeltitel beurteilen, die Bewertungsunterschiede zu Nebenwerten jedoch sind historisch hoch.

von Königsmarck: Wenn man sich die Vergangenheit anschaut, stellt man fest, dass gerade im US-Markt immer wieder einzelne Sektoren das Geschehen dominiert haben. Im Moment sind das eben große Techwerte, insbesondere KI-nahe Unternehmen. Zudem konnte man in der Vergangenheit beobachten, dass sich diese dominierenden Sektoren in den Folgejahren nicht mehr so stark entwickelten. Wenn sich dieses Phänomen wiederholt, würde das bedeuten, dass sich Large-Cap-Tech mittelfristig schwächer entwickeln wird als kleinere Unternehmen.

Womit müssen Investoren an ­verschiedenen Märkten rechnen?

Liebe: Im Gegensatz zu anderen erwarten wir keine Rezession in den USA, nur eine wirtschaftliche Schwächephase. Für Europa sehen wir im Lauf des nächsten Jahres eine konjunkturelle Besserung. Und weil die Börsen bekanntermaßen über die aktuelle Lage hinausschauen, ist es für uns ein Signal, dass es 2025 positiv werden könnte. Zudem sehen wir kein strukturelles Anziehen der Inflation, was auch für die Anleihemärkte gut sein sollte. Alles in allem sehen wir einen durchaus planmäßigen Rückgang der Renditen.

Braith: Ich möchte zu bedenken geben, dass strukturelle Inflation gekommen ist, um zu bleiben. Das Thema Inflation ist nicht für immer eingedämmt und wird uns zu einem späteren Zeitpunkt wieder beschäftigen. Fakt ist, dass für den Verbraucher die Liquidität merklich kleiner geworden ist und oft der nötige Spielraum gerade für Konsum und Altersvorsorge fehlt.

Liebe: Das Preisniveau ist nicht zwingend dasselbe wie die Inflationsentwicklung. Wir sind auf einem völlig anderen Niveau des Preisgefüges angekommen. Der Inflationsschock war in Wirklichkeit viel stärker, als es die fast zweistelligen Inflationsraten andeuten, aber die Preise pendeln sich auf dem aktuellen Niveau aus und werden nicht mehr zurückgehen. Aber es ist auch nicht so, dass sie sich weiter beschleunigen. Für die Investitionstätigkeit ist das aktuelle Zinsniveau entscheidend, nicht so sehr das aktuelle Preisniveau. Und wenn das Zinsniveau nach unten geht, führt das tendenziell zu mehr Spielraum für Investitionen und Konsum.

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Angeregte Diskussion: Walter Liebe, Philipp von Königsmarck und Gerrit Braith (v.l.) sehen Chancen in 2025

Wie sieht es 2025 in den Schwellen­ländern aus?

von Königsmarck: Emerging Markets sind mit der Dollarentwicklung negativ korreliert. Mit dem Wahlgewinn von Trump können wir davon ausgehen, dass der US-Dollar eher fester notiert, was sich negativ auf die Wertentwicklung der Schwellenländer auswirken wird. Aus taktischen Überlegungen sollte daher das Exposure nicht weiter ausgebaut werden. Im Rahmen einer strategischen Allokation sollten sie sowohl auf der Aktien- als auch auf der Anleiheseite eine Rolle spielen. Und es bietet sich an, diese eher breit und in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Aus Diversifikationsüberlegungen sind auch Rohstoffe interessant, die in vielen Portfolios nicht allokiert sind. Breite Rohstoffe, die 24 aus dem BCOM-Universum, gehören aber meiner Meinung nach in eine Portfolio­allokation – auch als Inflationsschutz, falls das Thema wieder aufkeimt.

Welche Rolle spielt in diesem Zu­sammenhang der Kurs des US-Dollar?

Liebe: Sinkende US-Renditen und ein tendenziell schwächerer Dollar sind normalerweise gut für Emerging-Markets-­Investments. Das nimmt den Druck aus den Finanzierungskosten dieser Länder und weckt erneut das Interesse der Investoren. Und die Kapitalströme tun der Anlageklasse gut. Allerdings hat sich die Situation seit der (Wieder-)Wahl von Donald Trump etwas geändert. Seine Zollpolitik kann kurzfristig den US-Dollar stärken, aus unserer Sicht aber nur vorübergehend.

Wie lautet Ihre Meinung zu Gold, das in letzter Zeit einen Höchststand nach dem anderen erklommen hat?

von Königsmarck: Gold hat 2024 wohl jeden überrascht, vor allem deshalb, weil sein Preis parallel zu den Aktienmärkten stieg und Gold sogar auf Kurs blieb, als Anfang August die Aktienmärkte teils stark korrigierten. Trotzdem würde ich in der Gesamtallokation eines Portfolios keine eigene Goldwette eingehen, denn auch seine Nachteile liegen klar auf der Hand. So bietet Gold, ebenso wie Währungen, keine Rendite in Form von Zinsen oder Dividenden. Die Wertsteigerung findet ausschließlich über eine Erhöhung des Goldpreises statt. Wer trotzdem in Gold investieren möchte, sollte es als Teil der Rohstoffallokation tun.

Braith: Bemerkenswert ist, dass die Nachfrage nach Gold vor allem von Privat­anlegern ausgeht. Die aktuelle Erbengeneration verfügt über erhebliche finanzielle Mittel, die investiert werden wollen, und bei den Banken zeigt sich eine deutliche Nachfrage nach physischem Gold. Inwieweit das dann in die eigene Allokation passt, muss jeder für sich selbst beantworten.


Welche Fonds die drei Experten fürs Börsenjahr 2025 empfehlen, lesen Sie im zweiten Teil des Round Tables heute ab 14:30 Uhr bei TiAM Fundresearch.

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