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Lebensversicherungen

Lebensversicherungen: Kein schneller Zinsanstieg erwartet

Kunden klassischer Lebensversicherungen können nach Einschätzung von Branchenexperten trotz der Zinswende am Kapitalmarkt vorerst nicht mit höheren Zinsen im großen Stil rechnen.

29.06.2022 | 06:36 Uhr

Eine schnelle Erhöhung der Überschussbeteiligung sei nicht zu erwarten, sagte Lars Heermann, Experte der Ratingagentur Assekurata. Die Überschussbeteiligung, die Assekuranzen je nach Wirtschaftslage und Erfolg ihrer Anlagestrategie jedes Jahr neu festsetzen, ist ein wichtiger Teil der laufenden Verzinsung des Altersvorsorgeklassikers.

Zwar werden Lebensversicherer durch die steigenden Zinsen beim Aufbau eines Kapitalpuffers, der sogenannten Zinszusatzreserve (ZZR), entlastet. Die frei werdenden Gelder dürften nach Einschätzung von Assekurata aber zunächst zum Abbau stiller Lasten in der Bilanz genutzt werden. Wegen der jahrelangen Zinsflaute müssen Lebensversicherer seit 2011 Geld zur Absicherung der hohen Zinsgarantien aus Altpolicen zurückstellen.

Kapitalpuffer

«Die zuletzt abrupt gestiegenen Zinsen führen zu einer völlig neuen Situation, da der branchenweite Referenzzins für ZZR-Zuführungen nicht weiter sinkt», erläuterte Heermann. «Dies hat zur Folge, dass viele Lebensversicherer den Höchstwert an ZZR nun bereits erreicht haben.» Im vergangenen Jahr führte die Branche den Angaben zufolge noch 10 Milliarden Euro dem Kapitalpuffer zu, der damit auf insgesamt rund 97 Milliarden Euro Ende 2021 wuchs. In diesem Geschäftsjahr dürfte die Branche erste Rückflüsse aus dem Kapitalpuffer erhalten, erwarten die Experten.

Ähnlich argumentierte jüngst auch die Deutsche Aktuarvereinigung. Die Versicherungsmathematiker gehen ebenfalls nicht davon aus, dass Kundinnen und Kunden von Lebensversicherungen kurzfristig mit steigenden Überschussbeteiligungen rechnen können.

Assekurata zufolge haben die Lebensversicherer etwa 77 Prozent ihrer Kapitalanlagen in festverzinslichen Anlagen investiert, deren Zinsen zuletzt deutlich gestiegen sind. Als Gründe für den Anstieg gelten die straffere Geldpolitik der US-Notenbank Fed, aber auch die Aussicht auf Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank.

Gedämpfte Nachfrage

Die Inflation und die eingetrübten Konjunkturaussichten dämpfen nach Einschätzung von Assekurata zugleich die Nachfrage nach Lebensversicherungsprodukten. «Die hohe Inflation schränkt die Sparmöglichkeiten vieler Bürger ein und zehrt an der Realverzinsung der Policen», erläuterte Geschäftsführer Reiner Will. Zugleich könnten Bankprodukte bei steigenden Zinsen wieder attraktiver werden, wobei sich der Effekt normalerweise erst zeitversetzt einstelle, wenn die Institute höhere Zinsen an ihre Kunden weitergäben. Für dieses Jahr rechnet Assekurata mit einem Rückgang des Prämienbestandes in der Lebensversicherung von einem Prozent.

Quelle: dpa-AFX

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