Heute treffen sich Spitzenpolitiker und Vertreter der Wirtschaft beim jährlichen Weltwirtschaftsforum in Davos. Auch das Thema soziale Ungleichheit dürfte auf der Agenda stehen. Und dort gibt es Neuigkeiten.
17.01.2017 | 07:52 Uhr
Schon seit dem Mittelalter geht die Klage: „Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer.“ Dies scheint besonders für das vergangene Jahr zu gelten. Denn besaßen im Januar 2016 noch 62 Menschen genauso viel wie die ärmere Hälfte der Menschheit, hat sich die Zahl 2017 drastisch verkürzt: Nun besitzen die acht reichsten Menschen – alle davon Männer - so viel wie rund 3,6 Milliarden Menschen zusammen. Diese Zahlen gehen aus einem aktuellen Bericht („An Economy for the 99 Percent“) der Nichtregierungsorganisation Oxfam hervor. Die neuen Erkenntnisse beruhen aber vor allem auf einer besseren Datengrundlage, so die Organisation. „Demnach ist das Vermögen der Ärmeren niedriger als bislang angenommen; gleichzeitig liegt ihre Verschuldung höher als gedacht.“ Hätten diese Zahlen im vergangenen Jahr bereits vorgelegen, hätte es lediglich das Vermögen der neun reichsten Personen gebraucht, um das Vermögen der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung aufzuwiegen. Insgesamt zeige sich demnach, dass das Ausmaß sozialer Ungleichheit seit längerem wesentlich größer sei, als angenommen.
So besitzen heute Bill Gates, Amancio Ortega, Warren Buffett, Carlos Slim Helu, Jeff Bezos, Mark Zuckerberg, Larry Ellison und Michael Bloomberg zusammen 426,2 Milliarden US-Dollar. Die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung teilt sich dagegen 409,1 Milliarden US-Dollar. Und es kommt noch härter: Dem reichsten Prozent der Weltbevölkerung gehöre 50,8 Prozent des weltweiten Vermögens. „Mehr als die restlichen 99 Prozent zusammen.“ Auch Einkommenszuwächse seien extrem ungleich verteilt: „Das Jahreseinkommen der ärmsten zehn Prozent der Weltbevölkerung ist zwischen 1988 und 2011 um insgesamt 65 US-Dollar pro Person gestiegen.“ Das oberste Prozent habe in dieser Zeitspanne dagegen eine Einkommenssteigerung von 11.800 US-Dollar für sich verbuchen können.
Auch in Deutschland gehe die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander: Mittlerweile besäßen 36 Milliardäre genauso viel wie die ärmere Hälfte der deutschen Bevölkerung. Insgesamt würden die reichsten zehn Prozent gemeinsam über fast zwei Drittel (65 Prozent) des Gesamtvermögens verfügen.
Hauptgrund für den Anstieg sozialer Ungleichheit: aggressive Steuervermeidungs-Techniken. „Durch Steuervermeidung fehlen armen Ländern derzeit mindestens 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr“, so Oxfam. Vielen Regierungen fehle daher das Geld für Bildung, Gesundheit und soziale Sicherheit. Es gelte daher Steueroasen trocken zu legen. Zwar seien Unternehmen ein zentraler Baustein der Wirtschaft. „Wenn sie jedoch vor allem das Ziel verfolgen, eine möglichst hohe Rendite im Auftrag ihrer Anteilseigner/-innen zu erwirtschaften, erhöhen sie damit unmittelbar auch die soziale Ungleichheit.“ Denn besonders Verdiener/-innen hoher Einkommen würden sich an Firmen beteiligen. Und diese konnten in den vergangenen Jahren immer mehr Gewinne einfahren: „In Großbritannien beispielsweise wurden 1970 gerade einmal zehn Prozent der Gewinne an Anteilseigner ausgeschüttet, heute sind es rund 70 Prozent.“ Dieses Geld fehle dann vor allem bei Löhnen und Investitionen – außer die Reichen selbst schaffen gutbezahlte Arbeitsplätze.
(TL)
Diesen Beitrag teilen: