Der chinesische Renminbi - die neue Weltwährung? | |
02/13 | |
Stefan Scheurer | |
Allianz Global Investors (Website) |
Die neue Führung in China plant eine grundlegende Reform des Finanzsystems. Löst die chinesische Währung den US-Dollar als Weltreservewährung ab?
13.02.2013 | 16:53 Uhr
„Das heutige China erinnert stark an die Vereinigten Staaten von Amerika zu Zeiten von Bretton-Woods, als der US-Dollar zur Weltreservewährung aufstieg“, vergleicht Stefan Schaurer, Vice President des Global Capital Markets & Thematic Research Teams bei Allianz Global Investors. „Einem Leistungsbilanzüberschuss stand ein geringes Haushaltsdefizit zur Seite, das Land entwickelte sich zum Exportweltmeister und hatte eine im Vergleich zu anderen Staaten relativ geringe Verschuldung.“ In der Studie „Der chinesische Renminbi – die neue Weltwährung?“ zeigt Scheurer auf, dass der Weg dorthin zumindest schon geebnet zu sein scheint.
Ende 2012 verfügte das Reich der Mitte mit 3,3 Billionen US-Dollar über die weltweit größten Devisenreserven. Davon wurden fast drei Billionen US-Dollar allein in den vergangenen zehn Jahren angehäuft. „Auch wenn sich der Zuwachs der Währungsreserven im Zuge gesunkener Exporte zuletzt verringert hat, wachsen die Devisenreserven Chinas pro Sekunde immer noch um mehr als 10.000 US-Dollar“, sagt Scheurer. Dies bedeute jedoch zugleich, dass Chinas Abhängigkeit vom US-Dollar stärker werde, je höher das Land eigene Devisenreserven durch Exportüberschüsse auftürmt.
Chinas hohe Devisenreserven
Im aktuellen Fünfjahresplan der neuen Regierung erkennt Scheurer, dass der Weg hin zu einer Neuausrichtung geebnet worden sei: weg von einem stark exportlastigen Wirtschaftswachstum hin zur Stärkung des inländischen Konsums. Dies spiegle sich bereits in einem gesunkenen Leistungsbilanzüberschuss wider. „Sollte der chinesischen Regierung die Rebalancierung des Wirtschaftswachstums gelingen, dürfte das Land wirtschaftlich gesehen weiter auf dem Vormarsch sein“, prophezeit der Autor. Davon sollte insbesondere der Renminbi profitieren und gegenüber anderen Währungen aufwerten. Um weniger vom Export abhängig zu sein und das Wachstum auf nachhaltige, konsumgetriebene Beine zu stellen, lasse die chinesische Zentralbank (People’s Bank of China) eine leichte Aufwertung ihrer Währung zu. „Es ist eine Politik der kleinen Schritte in Form einer langsamen Öffnung gegenüber dem internationalen Kapitalmarkt“, meint Scheurer, „mit dem Ziel, den Renminbi am Ende frei konvertierbar zu machen.“
Von der regionalen zur globalen Handelswährung
Für den Allianz-Experten hat sich die chinesische Währung schon längst zu einer regionalen Handelswährung entwickelt. Das zeige das in ihr denominierte grenzüberschreitende Handelsvolumen: „Lag dieses 2011 noch bei etwa 1,9 Billionen Renminbi, stieg es 2012 auf über 2,6 Billionen Renminbi – ein Wachstum von gut 30 Prozent, wenngleich es sich größtenteils um Handelstransaktionen innerhalb der Region handelte“, so Scheurer. Um die Nutzung des Renminbi zur globalen Handelswährung voranzutreiben, wurde in Hongkong ein Offshore-Renminbi-Intrabankenmarkt eingerichtet. Das Volumen der dortigen Renminbi-Einlagen sei parallel zum Handelsvolumen in die Höhe geschnellt und hat bis November 2012 die Marke von knapp 600 Milliarden Renminbi erreicht.
Volumen von Renminbi-Einlagen in Hongkong
Eine schlagartige Aufwertung der Währung wäre negativ für die lokale Industrie. Um sie davor zu schützen, ermögliche die Regierung ausländischen Investoren einen kontrollierten Zugang zur chinesischen Währung, unter anderem auch über die Auflegung von in Renminbi denominierten Anleihen – sogenannte „Dim-Sum-Anleinen“. „Der Markt für Dim-Sum-Anleihen scheint zunehmend anzusteigen“, erkennt Scheurer. „2012 wurden 230 Milliarden Renminbi solcher Anleihen begeben, ein Anstieg von 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr.“ Neben staatlicher Unterstützung in Form umfangreicher Anleiheemissionen sei das Wachstum auch auf Anleihen internationaler Unternehmen zurückzuführen. Dass Dim-Sum-Anleihen inzwischen nicht nur in Hongkong, sondern auch in London begeben werden, sei ein weiteres Indiz für die Internationalisierung der chinesischen Währung.
Der einstige chinesische Führer Deng Xiaoping prägte den Satz: „Den Fluss überqueren, indem man nach den Steinen tastet.“ Gemäß diesem Leitspruch erwartet Scheurer, dass die Internationalisierung des Renminbi mehrere Jahre in Anspruch nehmen dürfte: „Als ein Zeichen für dieses Herantasten kann gewertet werden, dass einige internationale Zentralbanken – darunter neben Indonesien, Singapur und Thailand mittlerweile auch die Zentralbanken Japans und Südkoreas – einen direkten Handel ihrer Währung mit dem Renminbi mit China eingehen, ohne Umweg über den US-Dollar.“ Außer Russland, Indien und Südafrika gelinge es zudem mittlerweile auch Brasilien, durch den Verkauf von in Renminbi denominierten Anleihen brasilianischen Unternehmen Zugang zum chinesischen Kapitalmarkt zu ermöglichen.
„Die chinesische Währung ist auf dem besten Weg, zur neuen Weltwährung zu werden“, analysiert Scheurer. „Wann es dazu kommt, hängt davon ab, wie schnell die chinesische Regierung den Handel des Renminbi liberalisiert.“ Für langfristige Investoren, insbesondere aus den Industriestaaten, eröffne sich die Möglichkeit, frühzeitig durch die zunehmend freie Konvertierbarkeit der Währung an ihrem weiteren Aufwertungspotenzial teilzuhaben. Dies könne über Renminbi-Anleihen geschehen oder direkt über die Währung, um der finanziellen Repression der „eigenen“ Heimatmärkte zu entgehen.
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