Asset-Allokation 2018: Zocken ohne Renditerisiko

Digitalisierung und neue Technologien schreiten in rasendem Tempo voran. In der Serie Asset-Allokation #2018 zeigt FundResearch gegenwärtige Wachstumsbranchen und Entwicklungen, die zukünftig wichtig werden. Den Auftakt macht Boombranche eSports.

16.01.2018 | 09:50 Uhr

Ticket-Preise von 100 US-Dollar für Vorlauf-Spiele und bis zu 200 US-Dollar für die Finalrunde, eine mit mehreren zehntausend Zuschauern gefüllte Arena, Preispool von mehr als 24 Mio. US-Dollar, davon knapp 10 Mio. US-Dollar für den Sieger, internationale Live-Übertragung in zehn Länder mit insgesamt mehr als 40 Mio. Zuschauern – die Rede ist nicht von einem der großen Tennis- oder Fußball-Turniere, sondern von einem Computerspiel-Event: Dota 2 - The International 2017. 

Dota 2 ist ein Spiel des US-amerikanischen Software-Herstellers Valve. Es gehört zur Kategorie Multiplayer Online Battle Arena, bei dem zwei Mannschaften in einem virtuellen, räumlich begrenzten Spielfeld gegeneinander antreten. Ziel des Spiels ist es, die eigene Festung oder Home-Base zu erhalten und die des Gegners zu zerstören. Das PC-Spiel wurde 2012 gratis zum Download herausgegeben. Auf der Spiele-Plattform Steam – die Valve gehört und betreibt – listet es seitdem ganz oben. Pro Tag zocken im Schnitt 650.000 Spieler Dota 2  – eine solide Fan- und Konsumentenbasis für die Events und ihre Übertragung.

eSports zieht: Ausverkaufte Arenen

Bild: Patrick Strack/ESL

Dota 2 ist ein Beispiel, um das aufstrebende E-Sport-Business vorzustellen. Einen anderen Weg geht Softwareproduzent Riot Games mit League of Legends. Das Spiel zählt mit einer Nutzerzahl von mehr als 70 Millionen Spielern zu den weltweit erfolgreichsten PC-Spielen. Erlös generiert Riot Games bereits durch In-Game-Verkäufe - Spieler können virtuelle Spielgegenstände mit realem Geld einkaufen - und den Verkauf von Lizenzschlüsseln. Parallel wird League of Legends als Event vermarktet. Jährliches findet ein Turnier unter gleichem Namen statt. Es wird u.a. auf youtube sowie der von Amazon 2014 für knapp 1 Mrd. US-Dollar akquirierten Streaming-Plattform Twitch ausgestrahlt. Mit einem Zuschaueraufkommen von mehr als 15 Mio. stellte die League of Legends Weltmeisterschaft 2017 das Dota2-Turnier locker in den Schatten. 

Daneben haben sich in den USA, Europa und Asien die League of Legends Championship Series, eSports-Profiligen, etabliert. Auch diese werden regelmäßig live ins Web übertragen. Die Zuschauerzahlen rangieren um die 500.000er Marke, tendieren für Top-Events aber immer stärker in den zweistelligen Millionen-Bereich.

 
Die größten Kanäle des Game-Streaming-Portals Twitch  2017

Quelle: socialblade

Ein Vergleich mit den etablierten Sportarten zeigt Potential und Status Quo der Branche: die heimische Basketball-Bundesliga kommt auf gut 70.000 Zuschauer pro Spiel, Profi-Eishockey auf etwas mehr als das Doppelte, Handballspiele der höchsten Klasse schauen sich gut 250.000 Menschen an. 


Space Invaders machen den Anfang 

Die großen Events um Dota2 und League of Legends bilden nur einen kleinen Teil des sich rasant ausbreitenden E-Sports Universums ab. Als Anfangspunkt der Bewegung wird oft die Nintendo World Championsship genannt. Ein Turnier, bei dem sich knapp 10.000 Teilnehmer auf dem Atari 2600 im Spiel Space Invaders maßen. 

In der Folge wuchsen Preisgelder, Wettbewerber und Organisationsgrad. Im Mai 1997 rief Microsoft einen Ferrari für den Gewinner des Red Annihilation Turniers aus, kurze Zeit später gründete sich die erste professionelle Gaming-Liga in den USA, die Cyberathlete Professionals League. Fünf Jahre darauf trat einer der auch heute noch größten eSport-Organisationen in den Ring, die Major League Gaming. 2005 veranstalteten sie das erste Turnier mit einem Preisgeld von 1. Mio. US-Dollar. Ein weiterer Meilenstein für die eSports-Gemeinde war 2013 die Anerkennung durch die US-Behörden: Gaming wurde als professionelle Sportart offiziell anerkannt.  

Zu Beginn Pixel groß wie Legosteine: Space Invaders

Bild: fotolia

Besonders stark entwickelte sich eSport in Südkorea. Bereits im Jahr 2000 wurde dort mit der Korean eSports Association ein nationaler Dachverband gegründet, der seine Spiele im nationalen Kabelfernsehen unterbringen konnte. 

Bei den Asiatischen Spielen 2022 wird eSports erstmals als olympische Disziplin vertreten sein. Medaillen sollen voraussichtlich für Fußball, Strategiespiele sowie die Multi Player Online Battle Spiele (wie Dota2) vergeben werden.

Ganz gleich ob Spiel oder Sport: Am eSport geht kein Weg vorbei

Eine andere Haltung zum eSport vertritt bislang der Deutsche Olympische Sportbund. Seiner Auffassung nach trägt eSport den Sportbegriff zu unrecht: „Die Ausübung der Sportart muss eine eigene, sportartbestimmende motorische Aktivität eines jeden zum Ziel haben, der sie betreibt“, heißt es in der offiziellen Stellungnahme. Das sei für E-Sports ebensowenig gegeben wie für Denkspiele wie Schach. Die Bewältigung technischen Gerätes ohne Einbeziehung der Bewegung des Menschen reiche nicht aus. Zudem verletzten E-Spiele ethische Kodizes, die Sport zugrunde lägen, weil sie auf „tatsächliche oder simulierte Körperverletzung bei Einhaltung der gesetzten Regeln beinhalten“. Battle Games wie Dota2 wären damit ausgeschlossen. Die Aufnahme von eFussball als olympische Disziplin kann sich der Präsident des Internationalen olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, nach eigener Aussage dagegen gut vorstellen

Befürworter wie der Kulturwissenschaftler Dr. Jörg Müller-Litzkow von der Universität Paderborn argumentieren ohnehin, „eSport versteht sich entsprechend des klassischen Spielbegriffs und erfordert sowohl Spielkönnen (Hand-Augen-Koordination, Reaktionsschnelligkeit), als auch strategisches und taktisches Verständnis (Spielübersicht, Spielverständnis)“. Es sei daher ein Sport. Ein Standpunkt, der in der deutschen Politik durchaus Anerkennung findet. Die Staatssekretärin im Verkehrsministerium und Netzpolitikerin Dorothee Bär (CSU) positionierte sich in der Rheinischen Post eindeutig pro eSport: sie mache sich stark für die Einordnung als Olympiadisziplin, so Bär.

Auf dem Weg in die Mitte der Gesellschaft

Ob Olympia stärker vom eSport profitiert oder eSport von Olympia, bleibt abzuwarten. Für Lars Klingbeil (SPD), Mitglied im Ausschuss Digitale Agenda, steht fest, „dass Olympia E-Sport in Zukunft stärker braucht als umgekehrt“. Wer junge Menschen erreichen und die soziale und gesellschaftliche Funktion des Sports verbreitern wolle, komme am eSport nicht vorbei, schrieb er in einem Gastbeitrag der ZEIT. „Dass es sich bei der aktuellen Entwicklung des eSports um keinen Hype handelt, zeigt die sehr aktive Community an Hobby-Spielern: In vielen Städten und an Universitäten bilden sich derzeit lokale Vereine, um gemeinsam eSports-Titel zu spielen“, erläutert Gregory Wintgens, eSports-Experte beim Verband der deutschen Games-Branche auf Anfrage der Beratungsagentur Deloitte.

ESports sind auf dem Weg in die Mitte der Gesellschaft. Einer Bitcom Umfrage zufolge wissen mehr als die Hälfte der Deutschen mit dem Begriff etwas anzufangen. Besonders populär ist eSports bei den heute 14- bis 19-jährigen. In den USA bieten mittlerweile viele Universitäten Stipendien für die begabtesten Spieler an. Und die großen Fernsehsender wie ESPN bereichern ihr Programm mit eSports Angeboten, um nicht noch mehr Marktanteile abzugeben.

Kein Weg führt an eSports vorbei - das sehen auch immer mehr CEOs in Deutschland so. Im August vergangenen Jahres ging die ProSiebenSat.1 Gruppe eine Kooperation mit der ESL, der Electronic Sports League, ein. Heraus kam eine eigene eSportsendung auf ProSieben MAXX. Zeljko Karajica, CEO von 7Sports, der Sportbusiness-Unit der ProSiebenSat.1 Group, sieht darin großes Potential. „Wir glauben an eSport als eines der großen Wachstumsfelder im Sport. Bis 2020 schätzen wir das Fan-Potential hierzulande auf vier bis fünf Millionen“, sagte der CEO im Interview mit Quotenmeter. 

Das Sportfachmagazin Kicker hat bereits seit geraumer Zeit ein eigenes Webportal für eSports eingerichtet und berichtet auch auf der eigenen Homepage in einer eigenen Sektion. Hintergrund ist auch, dass mittlerweile einige etablierte Unternehmen der Fußballbundesliga mit eigenen Teams in den e-Ligen an den Start gehen. In Deutschland verfügen der FC Bayern München, Schalke 04, der VFB Stuttgart sowie Werksclub Wolfsburg bereits über Teams.

Wachstum im zweistelligen Bereich

Sie alle folgen einem eindeutigen Trend. Die Unternehmensberatung Deloitte prognostiziert in ihrer Studie zum deutschen eSport-Markt bis 2020 ein Marktvolumen von 130 Mio. Euro - das entspricht einem Wachstum von 25 % pro Jahr. 

Kein Wunder, dass immer mehr etablierte Unternehmen eSport als Werbeplattform nutzen. Die Informationsplattform Newzoo erwartet, dass das Sponsorship von Global Playern wie Audi, Budweiser, Intel, Gilette, Samsung, Coca Cola etc. bis 2020 auf 655 Mio. US-Dollar ansteigen wird. Der globale eSports-Umsatz - Verkauf von Medienrechten, Werbung, Sponsoring, Merchandising und Ticketverkauf inklusive - ist laut Newzoo 2017 um 41% auf 696 Millionen US-Dollar gewachsen. Bis 2020 soll er auf 1,49 Milliarden US-Dollar ansteigen. Die weltweite eSports-Zielgruppe schätzen sie auf 385 Millionen Menschen. 

Wachstumsprognose: 19 bis 53 %

Quelle: Newzoo

Diese Entwicklung zieht auch globale Big Player an. So lässt Medienkonzern Disney in Florida ein eigens für eSport-Events ausgelegtes Stadion entstehen.

Die milliardenschweren Wettanbieter reagieren ebenfalls auf die Entwicklung, denn wo ein Spiel ist, kann auf einen Sieger gewettet werden. Seit 2016 bietet bspw. der Online-Buchmacher betway auf einem eigenen Portal Wetten auf eGames der ESL an. Auch bei Wettbewerber bet365 können Risikofreudige auf verschiedene eSport-Spiele setzen. Branchenkenner sind sich einig: es ist noch viel Luft nach oben.


 


(DW)











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