BVR fordert Wirtschaftspolitik aus einem Guss

Deutschland steht vor gewaltigen Herausforderungen: Der Sachverständigenrat, auch bekannt als die „Wirtschaftsweisen,“ fordert in seinem Jahresgutachten eine umfassende Modernisierung der deutschen Volkswirtschaft, um den Wirtschaftsstandort zukunftssicher zu machen. Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) unterstützt diese Forderungen

13.11.2024 | 15:00 Uhr

Die Notwendigkeit einer umfassenden Modernisierung der deutschen Volkswirtschaft steht zu Recht im Mittelpunkt des Jahresgutachtens des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der sogenannten Wirtschaftsweisen. Nach Auffassung des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) erfordert der enorme Modernisierungsstau eine Wirtschaftspolitik, die auf eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland abzielt. „Deutschland braucht eine Wirtschaftspolitik aus einem Guss, die das Wachstum erhöht und die Wettbewerbsfähigkeit stärkt“, so BVR-Präsidentin Marija Kolak. Eine stärkere Priorisierung von zukunftsgerichteten Ausgaben sei hierbei unverzichtbar. Die von den Wirtschaftsweisen vorgeschlagenen Mindestquoten für zukunftsgerichtete Ausgaben etwa für Verteidigung sowie ein Verkehrsinfrastrukturfonds mit eigenen Einnahmen, beispielsweise aus einer Maut, könnten hierzu einen Beitrag leisten.

Wohnungsmangel ein Problem

Erfreulicherweise hat der Sachverständigenrat dem wichtigen Thema Wohnen ein Sonderkapitel gewidmet. Vielerorts kann der Wohnungsbedarf bei Weitem nicht gedeckt werden. „Der Wohnungsmangel ist aktuell eines der größten sozialpolitischen Probleme. Die Wirtschaftsweisen stellen richtigerweise die Ausweitung des Wohnungsangebots in den Mittelpunkt ihrer Forderung. Die von den Sachverständigen vorgeschlagene Erhöhung der Verfügbarkeit von Bauland, die Senkung der Baukosten und eine Senkung der Grunderwerbssteuer sind geeignete Instrumente zur Erhöhung des Wohnraumangebots. Darüber hinaus können zusätzliche Impulse beispielsweise durch eine Stärkung der Attraktivität der Förderprogramme erreicht werden“, so Kolak.

Digitaler Euro geplant

Digitaler Euro muss sich in funktionierenden privaten Markt einfügen Positiv hervorzuheben sei auch, dass sich die Wirtschaftsweisen erstmals mit dem geplanten digitalen Euro beschäftigen. Die Erwartung, dass der digitale Euro aus volkswirtschaftlicher Sicht eine kostengünstige Alternative zu den bisherigen Zahlverfahren darstellen werde, sei bei den aktuellen Planungen zur Ausgestaltung allerdings zweifelhaft. Auch seien die Hoffnungen, dass die aktuell diskutierten Haltelimite für den digitalen Euro von bis zu 3.000 Euro pro Bürger nur zu geringen Auswirkungen auf das Kreditangebot und die Finanzstabilität führen werden, von den Sachverständigen nicht ausreichend empirisch unterlegt. Hohe Haltelimite dürften in Zeiten angespannter Finanzmärkte krisenverstärkend wirken.

Digitaler Euro als Gegenpol zu US-Zahlungsverkehrsanbietern

Richtigerweise heben die Wirtschaftsweisen allerdings hervor, dass es Aufgabe der Wettbewerbspolitik sei, Maßnahmen gegen einen von wenigen dominierenden Wettbewerbern geprägten Markt, wie etwa durch die hohe Bedeutung internationaler Anbieter im gesamteuropäischen Zahlungsverkehr, zu ergreifen. Den Weg wettbewerbspolitischer Instrumente hat die Politik aber nicht gewählt. Stattdessen plant die Europäische Zentralbank (EZB) die Einführung eines digitalen Euro als staatliches Zahlverfahren. Dies lasse sich in einem bislang funktionierenden privaten Markt wettbewerbspolitisch nicht begründen.

Folgen der US-Wahl nicht absehbar

Der BVR teilt das Konjunkturbild des Sachverständigenrats. Die Absenkung der Prognosewerte für das preisbereinigte Wirtschaftswachstum auf -0,1 Prozent für 2024 und 0,4 Prozent für 2025 erscheint nicht zuletzt aufgrund der neuen wirtschaftspolitischen Unsicherheiten angemessen. Es ist unklar, welche Maßnahmen die derzeit amtierende Minderheitsregierung in Deutschland noch ergreifen kann und welchen Kurs die nächste Bundesregierung einschlagen wird. Auch welche Folgen der bevorstehende Regierungswechsel in den USA haben wird, lässt sich noch nicht genau abschätzen. Die angekündigten US-Importzölle dürften den Außenhandel der deutschen Wirtschaft spürbar belasten. Aber auch die Investitionen und der private Konsum dürften angesichts der enormen Unsicherheiten geringer ausfallen als noch im Frühjahr für möglich gehalten. (jk)

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