„Corporate Hybrids bieten hohe Renditen bei geringem Risiko“
Während viele Staatsanleiheindizes auch 2024 im Minus notieren, konnten sich Corporate-Hybrids gut behaupten. Entsprechende Fonds liegen gut drei Prozent im Plus. Michael Hess, Lead-Fondsmanager des Bantleon Select Corporate Hybrids, erklärt die Vorteile dieser speziellen Anleiheform.24.07.2024 | 13:00 Uhr von «Jörn Kränicke»
2023 schockte der Ausfall von AT1-Anleihen der Credit Suisse die Anleger. Wie hat dieses Ereignis den Markt für Hybridanleihen beeinflusst?
Der Totalausfall von AT1-Anleihen der Credit Suisse hat Anleger auf die Unterschiede zwischen Financial und Corporate Hybrids aufmerksam gemacht. Während beide aufgrund ihrer Nachrangigkeit hohe Renditen bieten (aktuell mehr als 5% bei Corporate Hybrids von Investment-Grade-Emittenten), können Aufsichtsbehörden bei Financial Hybrids anordnen, dass das Anleihekapital zur Rettung der Finanzinstitute verwendet wird, besonders bei Unterschreitung einer bestimmten Kernkapitalquote. Bei Corporate Hybrids ist der Nominalwert nur im Insolvenzfall gefährdet. Zudem liegt das Durchschnittsrating von Financial Hybrids mit »BB+« im Bereich der Hochzinsanleihen, während Corporate Hybrids mit »BBB« besser bewertet sind.
Welche Unterschiede gibt es bei der Performance?
Insbesondere in Stressphasen gibt es deutliche Unterschiede. Während Financial Hybrids während der Coronavirus-Krise -27,8% verloren, erlitten Corporate Hybrids nur einen Verlust von -15,1%. Im Jahr 2023 betrug der maximale Drawdown bei Financial Hybrids -20,27%, bei Corporate Hybrids nur -3,65%. Die Erträge 2023 waren für Financial Hybrids 4%, für Corporate Hybrids 10,5%. Corporate Hybrids sind somit risikoärmer und in bestimmten Marktphasen ertragreicher.
Wie sieht Risiko-Ertrags-Verhältnis gegenüber High-Yield-Anleihen aus?
Corporate Hybrids bieten mit einer Rendite von mehr als fünf Prozent ähnlich viel wie High-Yield-Anleihen, jedoch mit deutlich geringeren Ausfallraten und kürzeren Erholungsphasen nach Kurseinbrüchen. Sie sind daher eine attraktive Alternative zu High-Yield-Anleihen, da sie von Emittenten mit Investment-Grade-Rating stammen.
Sind auch Papiere von Immobilienunternehmen interessant?
Corporate Hybrids aus dem Immobiliensektor sind übergeordnet mit Blick auf das Risiko-Ertrags-Verhältnis attraktiv bewertet, aber nicht ohne Risiken. Entsprechend muss bei der Selektion zwischen soliden und weniger soliden Unternehmen differenziert werden, um in diesem Sektor erfolgreich zu investieren. Steigende Zinsen haben die Refinanzierungskosten erhöht, und Unternehmen versuchen, diese durch höhere Mieteinnahmen oder Kostensenkungen auszugleichen – nicht alle erfolgreich. In den Jahren 2022/2023 haben diese Anleihen wegen der erhöhten Zinsvolatilität insgesamt schlechter abgeschnitten. Zinssenkungsfantasien haben ihre Performance zuletzt jedoch verbessert. Konjunkturelle Gegenwinde könnten allerdings insbesondere Gewerbeimmobilien weiterhin belasten. Die Performance dieser Anleihen hängt zudem stark von der Zinsentwicklung und den Risikoprämien der Senior- Anleihen ab, die seit 2023 gesunken sind. Eine stabilere Zinsentwicklung und tiefere Risikoprämien der Senior-Anleihen sollten die Erholung der Corporate Hybrids von soliden Unternehmen aus dem Immobiliensektor unterstützen. Wir achten beispielsweile besonders darauf, ob die jeweiligen Unternehmen sich durch Immobilienverkäufe nahe der Bewertungspreise entschulden und zu ordentlichen Renditen am Senior-Markt refinanzieren können, um nicht in Liquiditätsschwierigkeiten zu geraten.
Welche Bedeutung haben Corporate Hybrids im Markt für Unternehmensanleihen?
Corporate Hybrids sind von einer Nische zu einer etablierten Assetklasse gewachsen, die attraktive Renditen und ausreichende Liquidität bietet. Zum Start 2012 war der Markt wenig diversifiziert und konzentrierte sich stark auf Versorger- und Energieunternehmen. Bis 2019 erreichten diese Anleihen Marktreife und bieten nun eine professionelle Diversifikation über alle Sektoren hinweg. Ihre Rendite von mehr als fünf Prozent ist deutlich höher als die von erstrangigen Unternehmensanleihen mit Investment-Grade Rating, die auf 3,7 Prozent kommen – bei gleichem Bonitätsrisiko des Emittenten. Aufgrund der Nachrangigkeit befindet sich das Rating der Anleihen selbst jedoch meist zwei Stufen unterhalb des Emittenten
Warum zahlen Emittenten für diese Anleiheklasse höhere Zinsen als für ihre erstrangigen Anleihen?
Die hohe Rendite von Corporate Hybrids resultiert aus ihrem hybriden Charakter zwischen Eigen- und Fremdkapital, was die Bilanzstruktur optimiert und keine Verwässerung der Aktionärsstruktur verursacht. Diese Nachranganleihen haben lange Laufzeiten, oft mit vorzeitigen Kündigungsterminen nach fünf bis fünfzehn Jahren. Die meisten werden vorzeitig gekündigt, um die Eigenkapitalanrechnung beizubehalten. Bei S&P gilt das "Call-and-replace"-Prinzip, das die vorzeitige Kündigung und Refinanzierung gekündigter Anleihen vorschreibt, um die Eigenkapitalanrechnung zu sichern.
Was ist bei der Auswahl von Corporate Hybrids zu beachten?
Bei Corporate Hybrids ist die Wahl eines soliden Emittenten entscheidend, da diese Anleihen im Insolvenzfall erst nach den vorrangigen Gläubigern bedient werden. Trotz der geringen Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz bei starken Industrieunternehmen sollten Investoren das Risiko eines Totalausfalls beachten. Zudem sind die Verträge der Hybrids komplex, und das Risikomanagement erfordert eine Analyse der vielen Kündigungsrechte. Emittenten zahlen hohe Zinsen für die Übernahme dieser Risiken. Aufgrund der aktuellen Marktlage sollten viele Emittenten ihre fälligen Hybrids kündigen und refinanzieren, wobei im Immobiliensektor das Risiko einer Nichtkündigung aufgrund von Refinanzierungsschwierigkeiten bei einigen Unternehmen besteht. Die Verträge erlauben bei Liquiditätsengpässen das Aufschieben von Couponzahlungen, was potenzielle Schieflagen signalisieren kann.
Was passiert im Fall eines Couponaufschubs?
Das Risiko eines Couponaufschubs bei Corporate Hybrids ist gering, da bisher keine Zahlung eines Investment-Grade-Unternehmens verschoben wurde. Anders als bei Financial Hybrids entscheidet der Emittent über den Aufschub, ohne regulatorische Eingriffe. Ausgesetzte Zahlungen müssen später nachgezahlt werden, meist bei Dividendenzahlungen oder Aktienrückkäufen. Die hohe Liquidität von Investment-Grade-Emittenten minimiert das Risiko eines Couponausfalls. Ein Aufschub wäre ein fatales Signal an Senior-Gläubiger und würde die Refinanzierungskosten erhöhen. Zudem würden Dividendenzahler ihren Ruf verlieren, da sie keine Zahlungen mehr an Aktionäre leisten dürften. Der Schaden für das Unternehmen wäre groß, und somit nicht lohnenswert, da die Zahlungen später ohnehin erfolgen müssen.
Wie sollten Anleger in den Markt investieren?
Ein aktiver Managementansatz ist notwendig, um Ausfallrisiken bei Corporate Hybrids zu minimieren. Zudem unterliegen diese Anleihen in Zeiten steigender Zinsen und konjunktureller Risiken erhöhten Kurs- und Liquiditätsrisiken, die aktiv gemanagt werden müssen. Deshalb sollten Anleger ETFs meiden und stattdessen auf aktiv gemanagte Publikumsfonds setzen. Unser Fonds bietet derzeit etwa eine Rendite von gut sechs Prozent und schließt Nachranganleihen von Finanzunternehmen aus. Die Duration liegt bei knapp 3,7 Prozent,
Zur Person
Michael Hess, Leiter Portfoliomanagement Unternehmensanleihen bei Bantleon in Zürich, wechselte 2019 von Swiss Life Asset Managers zu Bantleon. Nach dem Studium der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre an der London School of Economics und am Babson College in den USA startete Hess als Portfoliomanager und Credit Analyst bei DWS Investments in Frankfurt.