Die Weissagungen vom Tegernsee
TiAM FundResearch blickt auf die vergangene Woche zurück und gibt einen Ausblick auf die kommenden Tage. Diesmal im Fokus: die FondsConsult Investment-Konferenz am Tegernsee.27.09.2021 | 07:30 Uhr
Rückblick auf die vergangene Woche
Sonntagabend, 26. September 2021, kurz nach 18 Uhr – die ersten Hochrechnungen zur Bundestagswahl werden bekanntgegeben. Im Fernsehen werden Politikern aller Couleur Mikrofone unter die Nase gehalten. Die Erkenntnis: Es gibt fast nur Gewinner. So haben also fast Alle alles richtig gemacht. Niemand weiß allerdings nun, wie es weitergehen soll.
Kurze Rückblende: Freitag, der 24. September 2021, zwischen 9 und 10 Uhr. Dr. Ulrich Kaffarnik, Vorstand der DJE Kapital AG, sagt auf der FondsConsult Investmentkonferenz am Tegernsee während seines Vortrags den Ausgang der Wahl voraus: „Am Sonntag wird es nur Gewinner geben. Was danach folgt, ist allerdings nicht voraussehbar.“ Die Erkenntnis: Die Teilnehmer der Investmentkonferenz wussten schon am Freitagvormittag, was am Sonntagabend passieren würde. Wer am Tegernsee dabei war, musste also zum Wochenendausklang nicht mit fragendem Blick vor dem Fernseher hocken, sondern konnte sich den Abend entspannter gestalten.
Lerne: Teilnehmer der FondsConsult Investmentkonferenzen wissen mehr. Und früher als alle anderen.
Das trifft natürlich nicht nur auf den Ausgang von Bundestagswahlen zu, sondern – das sollte nicht unerwähnt bleiben – vor allem auf die Einordnung und Wirkung wirtschaftlicher Zusammenhänge.
Am vergangenen Donnerstag und Freitag riefen die Veranstalter €uro Advisor Services und FondsConsult gleich eine ganze Reihe interessanter Themen auf, die von ausgewiesenen Experten einem handverlesenen Publikum präsentiert und analysiert wurden.
So eröffnete Wolfgang Fickus von der Comgest Deutschland GmbH die Konferenz mit einem Vortrag zur Bedeutung der Integration von ESG-Kriterien in den Investmentprozess. Fickus zeigte zum einen auf, wie man chancenreiche Unternehmen ausfindig macht, die nachhaltig wirtschaften und wie Comgest auf Unternehmensentscheidungen in dieser Richtung positiven Einfluss nehmen kann. Zum anderen wies er aber auf die Gefahren der sogenannten Green Bubble hin. So gebe es etwa einige Wasserstoff-Unternehmen, die frühestens in zehn Jahren profitabel arbeiten würden, jetzt aber bereits sehr, sehr hoch bewertet seien. Deshalb sei es umso wichtiger, grüne Unternehmen mit solidem Geschäftsmodell ausfindig zu machen, die auch heute schon Geld verdienen.
Auch Manfred Wiegel, Gründer und Vorstand der Fondsboutique green benefit AG, gab auf der Konferenz einen tiefen Einblick in die Kunst, die Welt zu verbessern und damit Geld zu verdienen. Sein Credo: Vertraue nicht nur auf grüne Labels, sondern nutze eigenes Research. Denn die Rating-Agenturen böten zum Teil auch fragwürdige Ansätze bei ihren Bewertungen an. Best-in-Class zum Beispiel sei solch ein Fall. Schließlich sei ein Umweltsünder immer noch ein Umweltsünder – auch wenn er in seiner Vergleichsgruppe am wenigsten schädliche Emissionen verursache. Schwierig sei auch die Bewertung von Mischkonzernen. Deshalb, so Wiegel, fokussiere sich seine Fondsboutique bei der Auswahl der Titel auf Pure-Player. Dort würden sich Kompromiss-Fragen in der Bewertung nicht stellen. „Als Franken kennen wir das Reinheitsgebot beim Bier. Die Zutaten stehen fest. Fertig. Dieses Prinzip wenden wir auch auf unsere Asset-Auswahl an“, so Wiegel. Abseits der ausgetretenen Pfade könne man zudem sehr interessante Unternehmen finden.
Heiko Hartwig, Managing Director bei der KanAm Grund Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH, machte in seinem lebhaften und abwechslungsreichen Vortrag transparent, vor welchen Herausforderungen der Markt für Gewerbeimmobilien steht und welche Chancen er derzeit bietet. So überraschte Hartwig sein Publikum zum Beispiel mit der These, dass Homeoffice kein Modell sei, dass den Büroimmobilienmarkt in Zukunft stark verändern werde. Sicher würden auch neue Raumkonzepte für die Arbeitswelt entworfen, doch eine gute Adresse sei für Firmen immer noch wichtig. Das Büro als Hort für gute Kommunikation und Kreativität sei nicht aus der Arbeitswelt wegzudenken. Entscheidende Faktoren für der Wert eine Büroimmobilie blieben deshalb nach wie vor eine gute Ausstattung in attraktiver Lage mit guter Infrastruktur – und Mieter mit langfristigen Verträgen. Schließlich müsse man als Immobilieninvestor auch volatile Zeiten gut aussitzen können. Das sei einer der wesentlichen Vorteile von Investitionen in Büroobjekte.
Alexander Chamier, Fondsmanager der Rentenfonds von Apo Asset Management, analysierte in seinem Vortrag die Entwicklung der Anleihe- und Aktienmärkte und verwies dabei auf wesentliche Treiber, nämlich die doppelte Unterstützung durch die Geld- und Fiskalpolitik. Seine Erwartung: Die Notenbanken würden mit der Geldpolitik nun etwas auf die Bremse treten. Es werde deshalb in den kommenden Monaten weniger Unterstützung für den Kapitalmarkt geben. Das könnte für den Aktienmarkt gefährlich werden. Denn die aktuelle Hausse sei vor allem von der globalen Liquiditätsflut getrieben. Die Mittelzuflüsse in Aktienfonds seien in den vergangenen 18 Monaten größer gewesen als die in den letzten 20 Jahren zusammengenommen. Als attraktiven Lichtblick in diesem Szenario macht Chamier insbesondere Aktien aus dem Gesundheitssektor aus. Sie wiesen stärkeres Gewinnwachstum bei geringerer Konjunkturabhängigkeit auf – ein Alleinstellungsmerkmal dieses Marktsegments. Unter anderem durch den starken Gewinnanstieg seien Aktien aus dem Gesundheitsmarkt günstig gegenüber dem Gesamtmarkt bewertet. Hier bestehe also noch Luft nach oben.
Am Freitagmorgen um neun Uhr schlug Ulrich Kaffarnik von DJE Kapital sein Rad durch die Weltkonjunktur. Der Kapitalmarktexperte diagnostizierte nicht weniger als die größte Marktmanipulation aller Zeiten durch die Notenbanken und die Regierungen und stellte die entscheidende Frage: Wie bekommt man so etwas jemals wieder eingefangen? Vielleicht gar nicht. Vielleicht erledigten sich manche Risiken aber auch von selbst. Die derzeit höhere Inflation zum Beispiel. Es gebe eine Verkürzung bei den Lieferketten, Industriestaaten würden ihre Produktion wieder zurückholen, aber die Globalisierung sei nicht tot. Dass sich die Inflation in den kommenden Jahren vielleicht bei etwas über zwei Prozent einpendeln würde, sei kein Problem. Einen positiven Ausblick lieferte Kaffarnik für europäische Aktien: „Die Mutter aller Europa-Charts“, der Stoxx Europe 600, habe eine 20 Jahre alte Schallmauer übersprungen. „Es gibt kein stärkeres Kaufsignal als die Überwindung eines Allzeithochs“, so Kaffarnik. Auf eine Frage aus dem Publikum, welchen Wahlausgang er erwarte, gab Ulrich Kaffarnik schließlich die Mutter aller Antworten: Alle werden Sieger sein. Siehe oben.
Matthew Murphy, Portfolio Manager bei Eaton Vance, wandte sich anschließend dem Thema Schwellenländer-Anleihen zu. Murphy wies auf die strukturellen Schwächen klassischer Emerging-Markets-Indizes hin: Sehe man sich die Risikofaktoren von Schwellenländer-Anleihen an, nämlich Währungen, Zinsen und Creditspreads zwischen Staats- und Unternehmensanleihen, würden diese in den meisten Indizes und damit auch den entsprechenden Portfolios nicht adäquat bewertet. Das Anleiheuniversum biete viel mehr, als die wichtigsten Indizes dieser Assetklasse erkennen ließen. Deshalb verlasse Eaton Vance beim Research und der Portfolio-Allokation bewusst ausgetretene Pfade und beziehe sehr gezielt die Betrachtung politischer Entwicklungen in den einzelnen Schwellenländern in die Bewertung mit ein. Interessant seien insbesondere Staatsanleihen aus Staaten, die aktuell noch nicht im Fokus von internationalen Investoren stünden, aber auf einem guten Weg seien, stabile politische Verhältnisse und liquide, transparente Anleihemärkte zu schaffen.
Abgerundet wurden die beiden Konferenztage durch interessante und spannende Gastbeiträge von Dr. Karin Kneissl, ehemalige Bundesministerin für Europa, Integration und Äußeres der Republik Österreich, sowie Folker Hellmeyer, Volkswirt und ehemaliger Chefanalyst der Bremer Landesbank.
Zum guten Schluss wurden Teilnehmer und Referenten mit leckerem Essen bei wundervollem Wetter verwöhnt. Merke: Die Teilnahme an FondsConsult Investmentkonferenzen lohnt sich nicht nur wegen des gebotenen enormen Wissensvorsprungs.
Ausblick auf die wichtigsten Termine in dieser Woche
Am Montag werden viele Teilnehmer von Wahlpartys die Nachwehen der Nacht auskurieren müssen. Getränk des Tages: Tomatensaft mit Pfeffer. Die Wähler indessen rätseln über das, was sie am Sonntag angerichtet haben.
Am Dienstag gibt es erste öffentliche Statements der Parteien zu möglichen Koalitionen im Bund. Wenig überraschende Gemeinsamkeit in den Aussagen aller Interviewten: „Wir werden uns mit allen demokratischen Parteien unterhalten.“
Am Mittwoch macht der EU-Sonderzug „Connecting Europe Express“ unter anderem in Berlin halt. Dabei handelt es sich um eine Initiative zum Europäischen Jahr der Schiene 2021. Die Reise geht quer durch Europa. Bis zum 7. Oktober wird der Zug in über einhundert europäischen Städten halten, darunter München, Stuttgart, Ulm, Karlsruhe, Frankfurt am Main, Leipzig, Halle, Hamburg, Bremen und Bad Bentheim – und eben auch in Berlin. (Falls nicht irgendetwas wieder schief geht. In Berlin kann das schon mal passieren.) Ach ja, Europa – ein Thema, das im bundesdeutschen Wahlkampf so gar keine Rolle spielte. Dabei werden in Brüssel mittlerweile wichtigere Entscheidungen als in Berlin gefällt. Aber das wollte man so kurz vor der Bundestagswahl vielleicht nicht so offen aussprechen.
Apropos Europa: Am Donnerstag wird die europäische Statistikbehörde Eurostat aller Voraussicht nach einen weiteren beachtlichen Anstieg des Verbraucherpreisindex auf drei Prozent bekanntgeben. Interessant in diesem Zusammenhang: der fortschreitende dynamische Rückgang der Arbeitslosigkeit in Europa. Am Donnerstag werden auch hierzu aktuelle Zahlen veröffentlicht. Man wird sehen, wie sich diese Entwicklung auf die Löhne und in der Folge auf die Inflation auswirken wird.
Am Freitag bleiben Banken und Geschäfte in Indien geschlossen. Die Inder feiern Mahatma Ghandis Geburtstag. Seine wichtigste Lehre: Man kann seine Ziele gewaltlos erreichen. Daran sollten wir uns öfter erinnern.