Geschäftsberichte: Digital vor Print
Entscheidungshilfe für Investitionen auf der einen, mangelnde Vergleiche und irrelevante Informationen auf der anderen Seite – Geschäftsberichte werden kontrovers gesehen, bleiben aber wichtig.03.08.2017 | 14:32 Uhr
Börsennotierte Kapitalgesellschaften unterliegen der Publizitätspflicht. Sie müssen ihre Jahresabschlüsse veröffentlichen. In die repräsentativen Hochglanzprospekte stecken die Unternehmen viel Mühe und Zeit – und Geld. Und es lohnt sich. Für die große Mehrzahl an Investoren, bleiben Geschäftsberichte eine wichtige Entscheidungshilfe bei der Geldanlage.
Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Erhebung der Marketing-Agentur wirDesign aus Berlin. Die Kommunikationsberater führten unter knapp 330 Wirtschaftsjournalisten, Institutionellen Investoren, Analysten und Privataktionären eine Umfrage zur Relevanz von Geschäftsberichten durch.
Demzufolge nutzen 75% der Befragten den Geschäftsbericht, um Informationen über das potentielle Anlageobjekt einzuholen. Lediglich 3% gaben an, der Geschäftsbericht spiele für sie keine Rolle. Knapp ein Fünftel zieht die Informationen manchmal zur Rate.
Nutzen Sie Geschäftsberichte als Entscheidungsgrundlage?
Quelle: wirDesign
Den präsentierten Informationen wird überwiegend Gewicht beigemessen. Über 70% bestätigten, dass sie auf Grundlage der Geschäftsberichte Investitionen tätigen.
Journalisten besonders kritisch
Dabei gibt es große Unterschiede innerhalb der befragten Gruppen. Während für Analysten (75%), Instis (87%) und Privataktionäre (80%) der Geschäftsbericht eine hohe Relevanz besitzt, sinkt ihr Einfluss auf die Investitionsentscheidungen von Wirtschaftsjournalisten signifikant. Weniger als die Hälfte (48%) nutzen die Berichte als Investitionsbasis.
Zu den beliebtesten Ergänzungsquellen zählen nach Angaben der Berliner Fachzeitschriften, die fast drei Viertel der Befragten zur Information nutzen, sowie die klassischen Tageszeitungen (72%). Spezialisierte Online-Portale werden von der Hälfte der Befragten zum Wissenserwerb angesteuert. Über einen Newsletter lassen sich 44% informieren. Völlig abgehängte Quellen scheinen Fernsehen (12%) und Freunde und Bekannte (8%) zu sein.
Welche Medien nutzen Sie ergänzend zu Geschäftsberichten, um Informationen über Unternehmen einzuholen?
Quelle: wirDesign
Digital vor PrintBeliebt sind bei den Investoren vor allem digitalisierte Formen der Geschäftsberichte. Mehr als die Hälfte gab an, die Informationen per PDF zu studieren. Die schnelle Verfügbarkeit sowie die Möglichkeit, gezielt im Dokument suchen zu können, gaben jeweils acht von zehn Befragten als größten Vorteil der PDFs an.
Nur vier von zehn Nutzern bevorzugen den gedruckten Bericht. Die Vorzüge der Print-Version sehen die Investoren in der Möglichkeit sich Informationen zu markieren (70%) sowie in einer guten Übersichtlichkeit (64%).
Nur zehn Prozent sehen sich den Geschäftsbericht direkt im Internet an.
Einmal pro Jahr ist ausreichend aktuell
Obwohl die Daten lediglich einmal pro Jahr veröffentlicht werden und sich auf einen bereits vergangenen Zeitraum beziehen, bewertet die überwiegende Mehrheit der Anleger die Aktualität von Geschäftsberichten als ausreichend. Knapp 72% zeigten sich hier zufrieden, nur 21% bemängelten diesen Aspekt.
Entsprechend zeigt das Nutzungsverhalten überwiegend eine über das Jahr verteilte mehrfache Nutzung der Berichte. Fast sechs von zehn Befragten sehen sich Geschäftsberichte mehr als sechs Mal pro Jahr an. Lediglich 13% blickten nur 1-2-mal in die Publikation.
GuV werden gesucht, Aufsichtsratsberichte gemieden
Besonders wertvoll erachten die Investoren die Gewinn-und-Verlust-Rechnung (78%), die Bilanz (72%), sowie den Prognose-, Chancen- und Risikobericht (67%). Auch Informationen über die Unternehmensgrundlagen (65%) und die Jahresabschlussinformationen aufgegliedert nach wirtschaftlichen Tätigkeitsbereichen (54%) werden gruppenübergreifend gern gelesen.
Auffällig ist hier die unterschiedliche Bewertung der Wirtschaftsberichte von Instis und Privatanlegern. Während mehr als Dreiviertel der Privataktionäre dem Wirtschaftsbericht große Bedeutung beimessen, halten lediglich 44% der Institutionellen Anleger dieses Segment für bedeutungsvoll. Auch Analysten (55%) und Journalisten (56%), messen diesen Informationen vergleichsweise wenig Relevanz bei.
Welche Berichtsteile sind für Sie grundsätzlich von Interesse?
Quelle: wirDesign
Einig sind sich die Befragten hingegen bei der Einschätzung von Berichten des Aufsichtsrates. Abgesehen von Quellennachweisen und Informationsübersichten findet diese Textsorte das geringste Interesse.
(DW)